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Der Gesang der Maori

Der Gesang der Maori

Titel: Der Gesang der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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Reisekostenvorschuss?«
    Katharina schüttelte, ohne weiter nachzudenken, den Kopf. »Nein, das
können wir alles danach klären … danke.«
    Damit verschwand sie wieder aus der Chefredaktion. Wie in Trance
lief sie zurück zu ihrem Schreibtisch. Eine Reportage in Neuseeland. Wenn das
nicht der ultimative Traum war! Sie musste unbedingt Sina anrufen! Vor drei
Jahren waren sie gemeinsam durch Neuseeland gereist. Sina, die Medizin
studierte, hatte sich damals Hals über Kopf in Brandon verliebt, dem Erbe einer
großen Reederei und jüngsten Kapitän eines Supertankers im gesamten Pazifik.
Vor allem aber unverschämt nett, gut aussehend und sehr verliebt in Sina.
Brandons Großvater war damals gegen die Verbindung gewesen – aber irgendwie
hatten die beiden es geschafft, ihn doch zu überzeugen. Hing mit einer alten Geschichte
zwischen Sinas Großmutter und Brandons Großvater zusammen, die irgendwie
unschön war und für viel Drama in der Gegenwart gesorgt hatte. Katharina hatte
das nur am Rande mitgekriegt. Zu der Zeit, in der Sina schon längst in Neuseeland
gearbeitet hatte, hatte Katharina ihre erste Stelle bei einer Zeitung
angetreten und sich ganz auf ihr neues Leben als Journalistin eingestellt. Von
Sina hatte sie in den letzten Jahren nur Weihnachtsgrüße, eine Einladung zur
Hochzeit und schließlich die Geburtsanzeige der kleinen Ava Ruiha erhalten.
Aber das machte nichts – ganz sicher freute sie sich über einen Besuch aus
Deutschland!
    Nur eine halbe Stunde später legte Katharina den Telefonhörer wieder
auf die Gabel: Wie sie es sich schon gedacht hatte, konnte Sina es kaum
erwarten, endlich ihre alte Freundin aus Studientagen wieder in die Arme zu
schließen. »Wir haben uns ja so viel zu erzählen!«, hatte sie immer wieder
erklärt. »Und wenn du Glück hast, dann ist in zwei Wochen sogar Brandon zu
Hause, er sollte in den nächsten Tagen wieder in den Hafen einlaufen.« Das
hatte bei ihr fröhlich geklungen, auch wenn Katharina sich das Leben als
Seefahrerbraut alles andere als romantisch vorstellte. Aber was wusste sie
schon – sie konnte eine Beziehung ja nicht einmal über einen Karrieresprung
hinwegretten …
    Die nächsten beiden Wochen vergingen wie im Flug. Sie musste sich
noch von Freunden verabschieden, ihre Sachen packen, ihre Vertretung in der
Redaktion organisieren – so kam sie auch nicht dazu, Tom weiter nachzutrauern.
Der war mit seinem Rucksack nach Mexiko aufgebrochen, und sie wünschte sich
nicht einen einzigen Moment lang, dass sie bei ihm wäre. Stattdessen freute sie
sich auf das Wiedersehen mit Neuseeland. Erinnerungen an Wanderungen unter
Farnbäumen und einsame Strände mit heißen Quellen wurden wieder wach – und
Katharina hatte das Gefühl, dass sie schon viel zu lange nicht mehr am anderen
Ende der Welt gewesen war. Voller Optimismus packte sie in ihren Koffer nicht
nur leichte Businesskostümchen, sondern auch derbe Wanderschuhe, Shorts,
Badeanzug und einen leichten Neoprenanzug, sollte sich doch noch die Möglichkeit
zum Windsurfen oder Wellenreiten ergeben. Man musste ja auf alles vorbereitet
sein als Reporterin. Zu guter Letzt landete noch die teure Kamera in ihrem
Handgepäck, und dann saß sie im Taxi in Richtung Flughafen. Hier kam Reporterin
Krug!
    Als sie sechsunddreißig Stunden später aus der Tür des gewaltigen
Jumbos der Singapore Airlines stieg, fühlte sie sich deutlich weniger frisch.
Warum nur lag das Paradies so elend weit weg? Allerdings kamen ihr die
Auswanderer vergangener Zeiten in den Sinn. Drei Monate auf gut Glück über die
Meere segeln und immer darauf hoffen, dass kein Sturm die Fahrt unerträglich
machte – das musste doch die reine Hölle gewesen sein. Auch später noch, als
Dampfschiffe die Strecke dann in wenigen Wochen bewältigten – dagegen waren
zwei Nächte und ein Tag im Flugzeug wirklich der reine Luxus. Auch wenn
Katharinas Rücken und ihre brennenden Augen eine ganz andere Geschichte
erzählten. Sie hatte sich vor der Landung extra noch ein bisschen frisch gemacht,
damit Sina sie überhaupt wiedererkannte – aber die hatte sie auch schon nach
ihrem missglückten Camping im Flussbett gesehen oder auch mit einem schlimmen
Kater, die konnte also wahrscheinlich nichts wirklich erschrecken. Ganz sicher
nicht der Anblick einer Freundin, die etwas übernächtigt

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