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Der Gesang der Maori

Der Gesang der Maori

Titel: Der Gesang der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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dass wir das sichtbare Zeugnis ihrer Liebe
waren. Und sie haben uns mit Liebe überschüttet. Mein Vater hat sich so sehr bemüht,
uns ein warmherziger Vater zu sein. Er hat bis heute immer ein offenes Ohr für
alle unsere Probleme …«
    Â»Und deine Mutter?«
    Â»Sie musste ihr ganzes Leben damit fertigwerden, dass ihre Eltern
meinen Vater abgelehnt haben. Sie haben bis zum Schluss immer nur von dem
›Pakeha‹ gesprochen – so als ob sie sich weigern würden, seinen Namen
auszusprechen. Sie waren gegen die Verbindung mit einem Weißen im Allgemeinen
und mit ihm im ganz Besonderen … Sie starben, ohne ihren Frieden mit ihm
gemacht zu haben. Ich denke, meine Mutter leidet bis heute darunter. Dabei ist
sie eine wirklich starke Frau!«
    Stirnrunzelnd fragte Katharina nach: »War es denn in den
Sechzigerjahren wirklich so schlimm? Ich dachte immer, Neuseeland sei eines der
wenigen Länder, in denen die Sache mit der Gleichberechtigung nie ein großes
Ding gewesen ist?«
    Matiu schnaubte verächtlich durch die Nase. »Ja, das Gefühl will
unsere Regierung auch allen unseren Besuchern vermitteln. Aber kannst du dir vorstellen,
dass 1960
die All Blacks eine Tour nach Südafrika unternommen haben – und wegen der
südafrikanischen Apartheidgesetze mussten die Maori in der Mannschaft einfach
zu Hause bleiben? Immerhin haben fast hundertfünfzigtausend Neuseeländer damals
unterschrieben, dass man diese Tour absagen sollte. Die Mitglieder einer Mannschaft
sollten nicht nach ihrer Rasse ausgewählt werden … Aber allein die Tatsache,
dass es Leute gab, die so eine Mannschaft für denkbar hielten, spricht doch
Bände! Außerdem haben die Maori bis heute den Ruf, faul und behäbig zu sein.
Wenn es darum geht, echte Karrieren zu machen, dann sind wir nicht gerade die
erste Wahl!«
    Â»Und ich habe fast nicht bemerkt, dass du Maori bist …« Katharina
musste lachen.
    Â»Wie du jetzt weißt, bin ich ja auch nur ein halber Maori.« Matiu
stimmte in ihr Gelächter ein. »Noch dazu einer, der sich eher um Fragen nach
perfekten Kettenhemden in Mittelerde oder dem präzisen Erscheinungsbild von
Hobbingen kümmert …«
    Wie selbstverständlich legte er einen Arm um Katharina. Sie genoss
seine Nähe und seine Wärme und rückte näher an ihn heran. »Es wird ziemlich
kühl«, stellte sie dabei entschuldigend fest.
    Â»Mein Glück, mein Glück«, grinste Matiu. Er spürte, wie Katharina
sich allmählich entspannte und regelmäßiger atmete. Zufrieden blinzelte er in
den Nachthimmel, ignorierte den leise klopfenden Schmerz in seinem Knöchel und
fing an zu singen. Ein altes Lied von Wellen, Meer, Pazifik und einem großen
Tier, das sich seinen Weg durch die Weiten des Meeres bahnte. Über der zauberhaften
Melodie schlief er schließlich selbst ein. Nur Katharina sah weiter die Sterne
an. Die Frage nach dem Glück, das ihre Karriere in ihrem Leben bedeutete, beschäftigte
sie noch lange. Die erste Dämmerung im Osten ließ bereits die Sterne
verblassen, als sie endlich ihre Augen schloss und einschlief – ohne eine
Lösung gefunden zu haben. Die perfekte Balance zwischen Job und Privatleben zu
finden, das war wohl eine der schwierigen Aufgaben des Lebens.
    Als Matiu aufwachte, spürte er die Kälte mit aller Gewalt. Es kam
ihm vor, als ob seine Arme und Beine fast taub wären – nur der verletzte
Knöchel pochte und schmerzte. Katharina lag eng an ihn geschmiegt und schlief
noch fest. Er sah sie nachdenklich an. Die hohen Wangenknochen, die leicht
gebogene Nase, auf die sich ein paar Sommersprossen verirrt hatten, und der
Mund, den sie meistens energisch zusammengepresst hatte. Erst jetzt, als sie
schlief, fiel ihm der weiche Schwung ihrer Oberlippe auf. Vorsichtig strich er
ihr eine Strähne ihres halblangen, dunkelbraunen Haares hinter das Ohr – und
ermahnte sich gleichzeitig, dass es sich wirklich nicht lohnte, sich in eine
deutsche Journalistin zu verlieben. Sie hatte mit der Geschichte von ihrem
Exfreund klargemacht, dass sie ihre Karriere vor ihr privates Glück stellte.
Wahrscheinlich verbrachte sie ihre Zeit nur deswegen mit ihm, weil sie von ihm
möglichst viele Informationen über diesen Film haben wollte.
    Mit einem kleinen Seufzer drängte Katharina sich noch enger an ihn
heran. Matiu streichelte ihr sanft die Schulter und sah der

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