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Der Gesang der Maori

Der Gesang der Maori

Titel: Der Gesang der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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Knöchel …«
    Â»Und ich fürchte, Ihnen wird nicht gefallen, was Sie auf diesem
Röntgenbild sehen!«, lächelte die Frau, während sie mit befehlsgewohnter Miene
zwei Männer aus der Wandergruppe zu sich winkte. »Ihr seid die Jüngsten – könnt
ihr diesen Mann zum Parkplatz begleiten? Dann könnt ihr uns wieder folgen, wir
treffen uns spätestens in der Hütte oben am Pass!«
    Die beiden sahen sich an, zuckten mit den Achseln und nahmen
Katharina als Erstes die Rucksäcke ab. Einer von beiden musterte Katharinas
reichlich mitgenommenes Aussehen. »Habt ihr da draußen übernachtet?«
    Wie Marionetten an einem gemeinsamen Faden nickten Matiu und
Katharina. »Wir waren zu spät dran«, erklärte Matiu. »Und es war nicht sicher genug,
diese Hopserei auf einem Bein in der Nacht zu versuchen«, ergänzte Katharina.
»Außerdem hätten wir uns im Dunkeln heillos verlaufen.«
    Â»Na, dann mal los …« Damit griff der Größere von bei-den Matiu
kräftig unter die Arme und machte sich auf den Weg. Katharina drehte sich noch
einmal um. Der Ruapehu lag still und sehr groß im Sonnenlicht. »Blöde Kuh«,
murmelte Katharina. »Wenn man seine große Liebe gefunden hat, dann sollte man
nun wirklich nicht mit einem anderen ins Bett steigen. Da hilft es auch nicht,
wenn man danach ständig der großen Liebe hinterherschmachtet. Oder raucht.«
    Damit drehte sie sich um und folgte dem Trio, das inzwischen schon
einige Meter entfernt in Richtung Parkplatz humpelte.

AUCKLAND, NOVEMBER 1957

    14.
    Â»Kannst du dich künftig um
diese Dinger kümmern? Sind höllisch empfindlich, schmecken aber unglaublich
gut. Ich könnte mir vorstellen, dass wir da was draus machen können!« Jason
Turner streckte seinem Vorarbeiter eine kleine, braune, pelzige Frucht
entgegen.
    John Erhardt nahm sie ihm mit einem
Stirnrunzeln ab. »Egal, wie sie schmeckt, ich finde, sie sieht wie etwas aus,
das ich nicht einmal mit Handschuhen anfassen will!« Sein Ton verriet, dass er
mit seinem jungen Chef einen sehr vertrauten Umgang hatte. Der lachte über die
Unverschämtheit.
    Â»Du bist und bleibst ein Landei, John. Man muss auch mal Mut zu
neuen Dingen haben, glaube mir!« Er nahm sein Taschenmesser aus der Hose, klappte
es auf und schnitt die Frucht in zwei Hälften.
    John betrachtete das Innere neugierig. Leuchtend grün mit vielen
schwarzen Kernchen, die um ein weißes Zentrum angeordnet waren. »Sieht nett
aus«, gab er widerwillig zu.
    Jason streckte ihm einen kleinen Löffel entgegen. »Warte erst einmal
ab, bis du es probierst … außerdem sind die Dinger total gesund, jede Menge
Vitamine drin und so.«
    Vorsichtig probierte John den ersten Löffel. Frisch, nicht zu süß –
ein völlig neuer Geschmack. Er löffelte bedächtig seine Hälfte leer und genoss
jeden einzelnen Bissen. Schließlich nickte er. »Wenn du die Leute dazu bringst,
das Zeug zu probieren, dann könnte das wirklich etwas werden. Wie heißt es
denn?«
    Â»Yang Tao.« Jason wirkte nicht glücklich, als er das sagte.
    Und genauso reagierte auch John. »Eine kommunistische Frucht? Wer
will denn so etwas? Wenn ich zu viele davon esse, verwandle ich mich vielleicht
in einen von diesen suspekten Chinesen, weiß man ja nie! Gibt es dafür keinen
besseren Namen?«
    Â»Nein. Manche nennen sie ›Chinesische Stachelbeere‹ – aber das finde
ich noch schlimmer. Ich nenne sie lieber weiterhin Yang Tao. Der Geschmack muss
für sich sprechen. Und deine Aufgabe ist es sowieso nur, dass die Ware ohne
Druckstellen in den USA und Europa ankommt.
Bring den Arbeitern bei, dass man damit nicht so grob umgehen darf wie mit
Äpfeln oder Lammhälften!«
    Â»Das kann ich schon machen«, erklärte John nachdenklich. »Aber ich
meine, wir brauchen auch ganz besondere Kisten für diese Dinger. Sonst können
wir niemals mehrere Kisten übereinanderstapeln. Vielleicht flache Kisten, die
wir mit Stroh auskleiden? Ich mache mal ein paar Tests …«
    Â»Genau deswegen habe ich dich für diese Aufgabe ausgesucht«,
lächelte Jason zufrieden und stand auf.
    John blieb zurück und sah seinem jungen Chef lächelnd hinterher.
Seit fast drei Jahren arbeitete er bei Jason in dem Handelsunternehmen, das
dessen Vater aufgebaut hatte und in dem Jason bereits

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