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Der Gesang der Maori

Der Gesang der Maori

Titel: Der Gesang der Maori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Temple
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aufgehenden Sonne zu.
Nicht mehr lange, und es würde wieder warm werden – höchste Zeit, dass sie sich
langsam auf den Weg zurück zum Hauptweg machten und dort endlich Hilfe bekamen.
Er schüttelte Katharina leicht, und sie schlug langsam die Augen auf. Sie sah
ihn einen Augenblick lang verwirrt an, dann wurde ihr wohl klar, wo sie war.
Sie lächelte verschlafen. »Wie geht es deinem Knöchel?«
    Â»Genauso schlecht wie gestern – nur die Farben sind beeindruckender
geworden. Schau dir das an!« Er deutete auf seinen Knöchel, der lila, blau und
dunkelrot schillerte. An der Seite zeigte sich ein fast schwarzer Strich.
    Â»Autsch!« Katharina legte ihm mitfühlend die Hand auf die Schulter.
»Wenn sich das nur halb so schlimm anfühlt, wie es aussieht, dann wird der
Heimweg kein Spaziergang.« Energisch stand sie auf, schüttelte ein paar
trockene Ästchen und Blätter aus ihrem Pullover und bot ihm ihre Hand. »Komm,
du wirst dich auf mich stützen müssen!«
    Mühselig kam er auf die Beine. Beide Rucksäcke wanderten auf
Katharinas Rücken, er legte ihr seinen Arm um die Schulter und hüpfte auf einem
Bein los. Dabei biss er die Zähne zusammen, damit er nicht bei jedem Schritt
vor Schmerzen aufstöhnte. Mitfühlend sah Katharina ihn an und drückte ihm
aufmunternd die Schulter. »Ich hoffe, wir schaffen es möglichst schnell!«
    Ihre Hoffnung erwies sich als trügerisch. Die Sonne stand schon fast
senkrecht über ihnen, als sie endlich mit vielen Pausen und noch mehr Flüchen
den Hauptweg erreicht hatten.
    Sie ließen sich auf den Weg fallen und klatschten sich ab. »Geschafft!«
Mit gerunzelter Stirn sah Katharina den schmalen Pfad entlang. Dann fing sie an
zu lächeln. »Da vorn kommt schon eine ganze Gruppe – mindestens die Hälfte sind
Männer, die können dich sicher besser stützen als ich. «
    Mit einem halben Lächeln versuchte Matiu einen Scherz: »Aber
vielleicht werde ich dann doch lieber von dir als von irgendeinem schwitzenden
Mann gestützt. Die Jungs da sehen nicht ganz taufrisch aus!«
    Katharina machte eine abwehrende Handbewegung, wirkte für einen
Augenblick fast verlegen. »Habe ich gerne gemacht, das ist doch
selbstverständlich!« Für einen Augenblick sah sie noch einmal zu der nahenden
Gruppe der Wanderer. Dann beugte sie sich vor und drückte ihm einen flüchtigen
Kuss auf die Wange. »Und es war trotz allem eine schöne Nacht!«
    Â»Das letzte Mal, als das eine Frau zu mir gesagt hat, musste ich
mehr tun, als mich nur gegen einen Felsen zu lehnen und eine alte Sage zu
erzählen«, lachte Matiu – bis er sah, dass es Katharina wohl ernst mit dem
gewesen war, was sie gesagt hatte. Mit einem Schlag verschwand das Lächeln
wieder aus seinem Gesicht. Er packte sie an beiden Schultern und sah ihr in die
Augen. »Entschuldige, Katharina, ich wollte keine geschmacklosen Scherze auf
deine Kosten machen! Und ich gebe dir recht: Die letzte Nacht war eine ganz
besondere …« Damit beugte er sich vor und drückte ihr einen Kuss auf die
Lippen. Erst sanft und freundschaftlich, dann weniger sanft – aber sehr viel
fordernder.
    Katharina hob ihre Arme und schlang sie um seinen Hals. »Wenn es von
dieser Nacht mal eine Neuauflage unter anderen Vorzeichen gibt, bin ich mit von
der Partie!«, flüsterte sie ihm dabei ins Ohr.
    Â»Das wird passieren! Versprochen!« Matiu wunderte sich selbst über
den belegten Klang seiner Stimme.
    In dieser Sekunde ertönte die Stimme einer munteren Endvierzigerin.
»Muss Liebe schön sein! Da kann man sogar mit nur einem Schuh und einem Socken
auf einem neuseeländischen Vulkan herumstehen …«
    Matiu und Katharina schossen auseinander. Er zog eine Grimasse. »Ich
habe mich gerade nur bei meiner bezaubernden Retterin bedankt …«
    Â»Ich habe von Nasereiben als Begrüßung gehört – aber wenn diese Art
Küsse das Dankeschön nach einer Rettung sind, dann möchte ich sofort in Not
geraten«, erklärte die Frau trocken. Dann zeigte sie auf den Knöchel. »Das
sieht nicht gut aus. Brauchen Sie Hilfe?«
    Â»Ja«, nickte Matiu. »Wir müssen runter zum Parkplatz, damit meine
Freundin mich zurück in die Zivilisation und damit auch zu einem Arzt fahren
kann. Ich fürchte, ich brauche ein Röntgenbild von diesem

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