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Der Gesang des Satyrn

Der Gesang des Satyrn

Titel: Der Gesang des Satyrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Fiolka
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beruhigen zu können, dass es ihr scheinbar nichts auszumachen schien, zwischen Phrynions und seinem Lager zu wechseln.
    Nur Thratta und Kokkaline wussten um die wahren Gefühle ihrer Herrin, und sie ahnten auch, weshalb Neaira nicht darauf bestand, dass zumindest eine von ihnen sie begleitete, wenn sie in Phrynions Haus zurückkehrte.

16. Kapitel
    Die Jägerin
    „Ich habe eine Überraschung für dich“, rief Phrynion an einem Abend gut gelaunt, als er angetrunken auf seiner Speisekline im Andron lag. Neaira, die seit einem Jahresumlauf abwechselnd in Phrynions und Stephanos Haus lebte, horchte auf. Sie hatte gelernt, ihren Verstand zu benutzen. Das Leben an Phrynions Seite war wie das Spiel eines Raubtiers mit seinem Opfer. Sie konnten einen angenehmen Tag verbracht haben, ohne dass etwas geschah, und doch brach irgendwann aus einem Winkel seines ränkeschmiedenden Verstandes Phrynions Arglist über sie herein. Aus diesem Grund blieb Neaira wachsam und angespannt. Phrynions Überraschungen waren mit Vorsicht zu genießen.
    Phrynion fuhr sich mit der Zunge genüsslich über die Lippen und beobachtete ihr Gesicht, als hoffe er, Angst und Verunsicherung darin zu finden. Das würde dir gut gefallen, nicht wahr? , dachte Neaira verärgert und schenkte ihm einem gelangweilten Blick.
    „Heute Abend besuchen wir das Odeion. Ich habe gehört, dass das neue Stück von Philetairos ganz außergewöhnlich sein soll.“
    Neaira hatte von diesem neuen Redner gehört, der gerade sehr beliebt in Athen war. Seine Vorträge waren, wie herumerzählt wurde, recht zotig und boshaft und trafen damit Phrynions Geschmack. Trotzdem sagte sie nichts. Wenn Phrynion entschieden hatte, dass sie das Odeion besuchten, dann stand sein Entschluss fest.
    Außerdem, so überlegte Neaira, wäre der Besuch des Odeions eine willkommene Abwechslung. Sie liebte die Komödie und die musikalischen Wettstreite, denn das Leben selbst bot ihr wenig zum Lachen. Stephanos interessierte sich nicht für die Aufführungen, und Phrynion gab sich lieber dem Weinrausch hin.
    „Wie heißt denn das neue Stück von Philetairos?“, fragte Neaira vorsichtig, um vielleicht etwas mehr zu erfahren.
    „Es heißt Die Jägerin und ist eine Komödie. Du wirst es lieben.“ Phrynions Mundwinkel umspielte das undurchschaubare Lächeln, welches sie stets zu noch mehr Achtsamkeit mahnte. „Schmück dich und trage den roten Chiton mit den edelsteinbesetzten Paspeln, den ich dir geschenkt habe.“
    Hatte er eine Gemeinheit im Sinn oder zeigte er gerade echte Freundlichkeit ? Insgeheim überlegte Neaira, welcher Art seine Demütigung dieses Mal sein konnte. Doch wie immer blieb Phrynions Gesichtsausdruck verschlossen.
    Phrynion selbst achtete darauf, dass sie sich schmückte wie Aphrodite, die Göttin der Liebe, bevor sie das Haus verließen. Obwohl Neaira sich bei ihrer Rückkehr nach Athen geschworen hatte nie mehr derart auffällig durch die Straßen der Polis zu laufen, war es ihr schon längst wieder zur Gewohnheit geworden. Lediglich die Bleipaste für eine helle Haut verweigerte sie, doch Phrynion schien es recht zu sein, denn er zwang sie nicht dazu, sie zu benutzen. Er selbst hatte jedoch ansonsten alles dafür getan, sie in das Gedächtnis der Menschen zurückzurufen - was kümmerte es da noch, ob sie mit Gold angetan durch die Straßen Athens lief. Es waren nicht der kostbare Schmuck und die schönen Gewänder, die Hetären zu dem machten was sie waren, sondern diejenigen, die ihnen diese Dinge kauften.
    Neaira hatte sich entschlossen ihren Kopf hochzutragen, anstatt den Boden anzustarren. Sie sah jedem, der sie anstarrte, herausfordernd in die Augen. Besonders gerne lächelte sie jene Herren an, die ihre Gattin in den Tempel begleiteten, um Athene ein Opfer zu bringen. Neaira war gerne bereit gegen diese Frauen zu kämpfen, denn sie hatten ihr einst auf den Stufen von Athenes Tempel Wunden geschlagen – nun schlug Neaira zurück. Phrynion, der an allerlei Listen und Ränken Gefallen hatte, ermunterte sie sogar dazu. Neaira war sich jedoch sicher, dass seine Eifersucht groß gewesen wäre, hätte sie tatsächlich versucht einen der ihr nachschielenden Herren ernsthaft zu umgarnen.
    Heute brauchte sie sich jedoch um solcherlei Dinge keine Gedanken zu machen, denn kein Mann hätte seine Gemahlin zu einer Vorführung ins Odeion mitgenommen -
    diese ehrbaren dummen Puten, die nicht viel mehr wissen durften als wie man einen Haushalt führte, Kinder aufzog und Wolle spann!

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