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Der Gesang des Satyrn

Der Gesang des Satyrn

Titel: Der Gesang des Satyrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Fiolka
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welche er im nächsten Jahr zu bepflanzen gedachte. Neaira nahm diesen Anlass zu Grund dafür zu sorgen, dass Epainetos bei seiner Rückkehr auf Phano treffen würde. Sie wies Thratta an ihre Tochter dazu zu überreden, den Tag anstatt in ihren Gemächern im Sonnenschatten des Gartens zu verbringen, da ihr die frische Luft gut tun würde. Überraschenderweise benötigte Thratta keinerlei Überredungskunst, um Phano zu überzeugen. Folgsam wie ein junger Hund trottete Phano hinter Thratta her, ließ sich von ihr wie ein hübsches Schmuckstück auf einen bequemen Stuhl drapieren und eine Spindel in die Hand drücken. Neaira wartete verborgen an der Fensteröffnung auf die Rückkehr Epainetos, während Phano nichtsahnend unter dem Sonnenschatten saß und sich von Thratta immer wieder neue Wolle aus dem Korb reichen ließ. Sie fürchtete bereits, dass Phano die Lust verlieren und ins Haus gehen würde, da es bereits früher Abend wurde. Dann endlich vernahm sie Epainetos und Stephanos Stimmen und sah beide den Garten betreten. Sieh sie an, Epainetos , flehte Neaira innerlich. Tatsächlich entdeckte er Phano und hielt seine Augen einen Augenblick zu lange auf sie gerichtet, als dass sie ihm egal hätte sein können. Neaira jubelte innerlich und beschloss, später am Abend, wenn sie allein waren, Stephanos zu bitten vorsichtig und geschickt mit den Vermittlungen einer Ehestiftung zu beginnen.
    Der Abend schien nicht vergehen zu wollen, während Neaira neben Stephanos im Andron saß. Die Männer überlegten, welche Feldfrüchte auf Stephanos Feldern den besten Gewinn erzielen könnten. „Versuch es mit Weizen“, meinte Epainetos, während Stephanos überlegte, Rettiche und Kürbisse zu pflanzen.
    „Brot brauchen sie alle, Rettiche und Kürbisse nicht“, erklärte Epainetos mit Nachdruck. Stephanos gab zu, dass diese Überlegung nicht unklug war. Sie unterhielten sich weiter angeregt über die verschiedenen Möglichkeiten der Bepflanzung.
    Ein wenig Glück für meine Tochter , betete Neaira indes, während sie ihre Datteln kaute. Stephanos entschied sich schließlich für den Weizen und schien entspannt und ausgelassen wie schon lange nicht mehr. Dies schien Neaira ein gutes Zeichen zu sein. Hier, in diesem friedlichen Haus, erreichte der Rachedurst Athenes sie nicht – endlich schien das Glück zu ihnen zurückzukehren. Zu späterer Stunde ergriff Stephanos sogar ihre Hand, wie es früher gewesen war, als sie noch Leidenschaft verbunden hatte, und holte sie aus ihren Grübeleien. Neaira glaubte das erste Mal seit langer Zeit wieder in eine hoffnungsvolle Zukunft blicken zu können und ahnte, dass sie diese Nacht nicht allein verbringen würde. Selbst Epainetos schien die neu erwachte Leidenschaft zwischen Stephanos und Neaira zu spüren und gähnte herzhaft. „Ich werde schlafen gehen, denn es war ein langer Tag.“
    Neaira war es recht, und sie verabschiedete Epainetos freundlich. Ohne dass sie Stephanos hätte fragen müssen, folgte er ihr kurz darauf in ihre Gemächer. Als Kokkaline und Thratta die Tür hinter ihnen schlossen, streifte Stephanos Neaira den Peplos von den Schultern.
    „Ich bin alt geworden“, sagte sie verunsichert, als sie vor ihm stand, und wunderte sich über ihre Schamhaftigkeit. So viele Männer hatten ihr Lager geteilt, und doch waren sie und Stephanos in den letzten Jahren nicht mehr als Vertraute füreinander gewesen. Er nahm ihre Hand und führte sie zur Kline. „Ich finde dich schöner als damals in Megara“, bekannte er beinahe feierlich. „Auch ich bin nicht mehr jung. Was macht das schon?“
    Sie ließen sich lachend auf die Kline fallen und liebten sich ausgiebig und ohne Hast. Dies ist endlich einmal ein schöner Traum , dachte Neaira und dankte Aphrodite dafür, dass sie ihr noch einmal das Gefühl der Jugend und der Liebe schenkte. Vergessen waren die Sorgen und die Kränkungen der Vergangenheit. In ihrer Umarmung waren sie wieder wie einst in Megara – mutig und voller Zuversicht. Als sie später atemlos nebeneinanderlagen, die Hände ineinander verschlungen, bat Neaira Stephanos darum in dieser Nacht bei ihr zu bleiben. Er seufzte genüsslich. „Es wäre besser, wenn ich in meinen Räumen schlafe. Immerhin haben wir einen Gast.“
    „Vertraust du Epainetos nicht? Ich dachte, du nennst ihn deinen Freund.“
    „Ja“, brummte Stephanos schon halb schlafend, da er sich ebenso wenig aus Neairas Umarmung lösen mochte.
    „Wahrscheinlich hast du recht.“
    Neaira erwachte, als

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