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Der Gesang des Satyrn

Der Gesang des Satyrn

Titel: Der Gesang des Satyrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Fiolka
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zurückkehrte.
    Thratta schüttelte den Kopf. „Nein, Herrin – Phano fragt nach nichts anderem außer ihrer Weinschale.“
    „Sie muss längst wissen, dass Stephanos nach Athen zurückgekehrt ist.“
    „Warum gehst du nicht zu ihr, Herrin?“
    Der sanftmütige und flehende Blick in Thrattas Augen erzürnte Neaira, und sie schickte die Sklavin mit einer Aufgabe fort, die ihr gerade in den Sinn kam. Hatten sich denn alle gegen sie verschworen? Zuerst Kokkaline, und nun versuchte auch noch das sonst so zurückhaltende Hündchen auf sie einzureden.
    „Ich muss mit Stephanos sprechen – so geht es nicht weiter mit Phano“, gab sie jedoch erneut zu, sobald sie mit Kokkaline alleine war.
    „Du solltest es bald tun“, entgegnete Kokkaline leise, woraufhin Neaira nickte. Dann wies sie Kokkaline an, ihr beim Entkleiden zu helfen und ging zu Bett. Morgen werde ich mit ihm sprechen , versprach sie sich selbst, bevor sie einschlief.
    Neaira verschob das Versprechen zuerst einen Mondumlauf, dann einen weiteren. Immer wieder schwor sie sich morgens mit Stephanos zu sprechen und tat es dann nicht, wenn er abends zurückkehrte. Die Furcht, den brüchigen Frieden der Familie zu gefährden, hielt sie davon ab.
    Eines Abends, als Stephanos von der Agora kam, beobachtete Neaira, wie er schnellen Schrittes den Garten durchmaß, das Gesicht düster und von Zorn gerötet. Er wirkte aufgebracht und hatte kaum einen Blick für sie übrig, als er das Andron betrat. Stattdessen scheuchte er die Sklaven fort, ließ sich auf eine Kline fallen und starrte eine Weile vor sich hin. Neaira, die zwar seine Grübeleien kannte, jedoch nicht jene unruhige Verschlossenheit, setzte sich zu ihm und wartete, bis er zu sprechen begann.
    „Es ist wieder einmal Apollodoros“, bekannte er mit knappen Worten und bat Neaira ihm Wein zu bringen, bevor er weitersprach. „Dieses Mal ist er zu weit gegangen!
    Ich werde mir etwas einfallen lassen, um ihn ein für alle Mal zu vernichten!“
    Neaira rutschte unruhig auf ihrer Kline herum, ihre eigene Weinschale zwischen den Händen drehend. Ihr wäre es lieber gewesen Stephanos hätte endlich seine Fehde mit Apollodoros beendet, auch wenn er derjenige war, der dafür nachgeben musste. So würde dieser Streit niemals enden, und die beiden würden sich noch bekämpfen, wenn sie sabbernde Greise waren. „Kannst du nicht endlich Frieden mit ihm schließen, Stephanos? Euer Streit währt nun schon so lange. Er hat sowohl ihm als auch dir nichts als Ärger und Mühen eingebracht. Warum müsst ihr Männer immer Krieg gegeneinander führen?“
    Stephanos atmete er tief durch und sah ihr offen in die Augen. „So einfach ist es nicht, Neaira. Dieses Mal greift Apollodoros mich von einer Seite aus an, die schwerwiegende Folgen haben kann.“
    „Aber was soll er dir schon vorwerfen können? Du bist erfolgreich aus Makedonien zurückgekehrt. Athen liebt und verehrt dich!“
    Er gab ein verächtliches Geräusch von sich. Die Leichtigkeit der vergangenen Wochen war verschwunden, und die scharfen Konturen seines Gesichts, das von Falten durchzogen wurde, traten wieder deutlich hervor. „Dich, Neaira! Dich wirft er mir vor, und meine Liebe zu dir.
    Apollodoros hat Klage vor Gericht erhoben, dass ich verbotenerweise in einer Ehe mit einer berüchtigten Hetäre lebe; und er behauptet, dass nicht nur Phano deine Tochter ist, sondern auch Proxenos und Ariston deine Söhne seien und ich sie hinterhältig als freie Bürger Athens ausgewiesen habe. Apollodoros, dieser elende Hund, fordert, dass man mir die Bürgerrechte aberkennt und sowohl dich als auch alle meine Kinder zu Sklaven erklärt. Du siehst also, Neaira ... ich werde all meine Kunstfertigkeit aufbringen müssen, um dieses Schicksal von meiner Familie abzuwenden.“
    Neaira entglitt die Weinschale. Es war bedrückend still im Andron, als die Schale zu Boden fiel. Der rote Wein breitete sich auf den weißen Marmorplatten aus. Blut!
    dachte Neaira, während sie die rote Spur des Weines mit den Augen verfolgte. Apollodoros wollte ihrer aller Blut, und er hatte Stephanos Schwachstelle erkannt. Durch mich kann er Stephanos endlich zerstören.
    „Neaira, ich werde das nicht zulassen – ich verspreche es dir!“
    Wie von weit her drang Stephanos Stimme an ihr Ohr.
    Neaira zwang sich, ihn anzusehen. Proxenos und Ariston würden sie umbringen wollen, wenn sie davon erfuhren, und Phano würde noch verbissener versuchen sich selbst zu zerstören.
    „Morgen wird Apollodoros

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