Der Gesang des Satyrn
über die Schultern und lachte gekünstelt. „Du warst schon immer ein Spieler, nicht wahr Chabrias? Willst du eine Wette abschließen? Ich wette dreißig Mina, dass du ihren Namen bald vergessen haben wirst.“ Siegessicher wandte sie sich an Neaira. „Was ist mit dir? Wie viel Wetteinsatz ist dir dein Ruf wert?“
Neaira spürte, dass sie in eine Falle gelaufen war. Lais war nicht dumm. Ihren Ruf und ihre Berühmtheit hatte sie sicherlich nicht allein durch ihre Schönheit erlangt.
Schönheiten gab es viele, und doch hockten die meisten von ihnen wie Neaira selbst in Häusern wie Nikaretes.
Neaira besaß nichts, was sie verwetten konnte. Alles was sie hatte gehörte Simos. Sie konnte schlecht seine Geschenke als Wetteinsatz einbringen. Während sie sich innerlich für ihre Naivität verfluchte und überlegte, wie sie sich unbeschadet aus dieser Wette ziehen konnte, antwortete Simos für sie. „Ich setze für Neaira mit fünfzig Mina dagegen.“
Er war ein Spieler – wie hatte sie das vergessen können?
Chabrias lachte – seine Mundwinkel umspielte noch immer der Zug des Gewinners. „Und ich setze ein ganzes Talent darauf, dass man Neairas Namen noch hören wird!
Es scheint, als stündest du allein mit deiner Meinung, Lais!“
Die Hetäre ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
Innerlich musste sie jedoch vor Zorn brodeln, da ihr Begleiter ihr in den Rücken fiel. Besitzergreifend nahm sie Chabrias Arm. „So gilt die Wette also – wir werden dir morgen den Vertrag schicken und unsere Zeugen.“ Mit einem letzten Blick auf Neaira gab Lais geringschätzend zu: „Du wirst viel dafür tun müssen, um deine Wette zu gewinnen, Simos. Aphrodite stehe dir bei!“ Dann wandten sie sich ab und schlenderten davon.
Neaira atmete unmerklich aus. Ihr Herz hatte begonnen laut zu schlagen. War sie zu weit gegangen?
Simos flüsterte ihr zu, dass sie ebenfalls gehen sollten. Es hatte genügend Umstehende gegeben, die das Gespräch mitbekommen hatten. Neaira hoffte inständig, dass er ihr nicht zürnte und sie seine Gunst verspielt hatte. War sie zu unverschämt gewesen? Erst als Simos sie an diesem Abend in Nikaretes Haus brachte, sprach Simos das Thema wieder an. „Ich will diese Wette gewinnen, Neaira. Ich verliere nicht gegen eine Frau, auch wenn sie eine berühmte Hetäre ist.“ Er kniff ihr ein Auge.
Neaira lachte, und ihr Herz hüpfte vor Erleichterung.
Ja, er war ein Spieler, und sie hatte ihm gerade zu einem neuen Abenteuer verholfen. Simos würde alles dafür tun, dass sie berühmt wurde ... vielleicht berühmter als Lais es je sein würde!
Bald sprach ganz Korinth über die große Gunst, die Simos seiner Geliebten schenkte. Neaira wurden von den Mädchen in Nikaretes Haus neidische Blicke zugeworfen.
Simos tat alles, um die Bekanntheit seiner Geliebten zu fördern, kaufte ihr immer wieder neuen Schmuck und Gewänder, führte sie aus, und brachte sie zu verschiedenen Festen der angesehenen Herren in Korinth. Hier lernte Neaira andere Gelage kennen als die im Haus von Nikarete - Symposien, auf denen geredet und getrunken wurde, auf denen Hetären bei den Männern saßen; und sie erfuhr auch, dass diese Männer erst nach den Symposien damit begannen, umherzuziehen und in Häuser wie die von Nikarete einzukehren, um den Abend dort ausklingen zu lassen. Die Hetären für die gehobene Unterhaltung und feine Sinnlichkeit, Mädchen wie die von Nikarete für alles Weitere. Einmal mehr bekräftigte dies Neaira in ihrem Vorhaben eine von jenen zu werden, die auf Symposien umworben wurden, anstatt zum Ausklang des Abends auf eine Kline geworfen.
Die Wette, die Simos abgeschlossen hatte, würde ihn geradezu dazu zu zwingen sie von Nikarete freizukaufen.
Für Simos war es nur eine Wette und sie ein Symbol seines Ansehens – für Neaira bedeutete jeder kleine Schritt einen Schritt weiter in Richtung Freiheit. Bald verkehrte Neaira mit Simos auf den Symposien, auf denen nur die berühmtesten Hetären erschienen, und einige Male traf sie dort auch Lais und Chabrias wieder. Chabrias grinste sie oft an als beobachte er ihre Fortschritte, was Simos eifersüchtig zu machen schien. Neaira war es recht, denn so wurde sie nicht langweilig für ihren anspruchsvollen Geliebten. Sie wollte ihre Freiheit erlangen ... und sie wollte gewinnen!
Immer wieder traf Neaira bei ihren Besuchen in Korinth auch auf die Männer, die in Nikaretes Haus kamen. Als diese sahen wie hoch Neaira in der Gunst eines so berühmten Mannes wie
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