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Der Gesang des Satyrn

Der Gesang des Satyrn

Titel: Der Gesang des Satyrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Fiolka
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Simos stand und wie großzügig er sie aushielt, begannen auch sie Neaira begehrlich anzusehen. Viele von ihnen kamen zu Nikarete und verlangten ihre Gesellschaft und ihre Begleitung, wobei sie sich in ihren Bemühungen übertrafen, Neairas Gunst zu gewinnen. Dies war eine neue Herausforderung für den siegesgewohnten Simos. Er begann eifersüchtig über seine begehrte Geliebte zu wachen. An einem Morgen erschien er bei Nikarete und zahlte ihr viel Geld, damit Neaira fortan nur ihm zur Verfügung stand. In ihrem Zimmer mit den blauen Wänden dankte Neaira Aphrodite dafür, dass Nikarete eine Sklavin ihrer Geldgier war, und genoss fortan ihr Leben als Geliebte eines einzigen Mannes. Die rote Tür von Nikaretes Haus öffnete und schloss sich beinahe wie es ihr beliebte – Neaira genoss die nie gekannte Freiheit wie eine süße Frucht, von der sie nicht genug bekommen konnte.
    An Männer wie Xenokleides und Hipparchos verlor sie kaum noch einen Gedanken. Vor allem die missmutigen Blicke Timanoridas, für den sie jetzt unerreichbar war, taten ihrem Herzen gut. Gerne hätten sie ihm ins Gesicht gespuckt, doch sie lächelte stets unverbindlich und entzog sich seinen Annäherungsversuchen geschickt. Wenn Simos sie nicht ausführte, verlangte Nikarete zwar von ihr auf den Gelagen anwesend zu sein, da ihre aufkommende Berühmtheit viele neue Gäste lockte. Doch sie wagte es nicht, Neaira einem von ihnen auf die Schlafkline zu legen.
    Neaira wusste, dass sie beinahe am Ziel ihrer Wünsche angelangt war.
    Simos Verliebtheit gipfelte darin, dass er ihr eines Tages eröffnete, sie zu den großen Panathenäen, den vierjährig stattfindenden Hauptfestlichkeiten zu Ehren der Göttin Athene, nach Athen mitzunehmen. Dies ließ Neaira, die Athen nie vergessen hatte, vor Freude fast ihren zur Schau getragenen Gleichmut vergessen. Sie schwebte mit federnden Schritten durch das Haus, tanzte mit Aristokleia ausgelassen im Hof, obwohl auch sie ihr mittlerweile neidische Blicke zuwarf. Einmal versuchte sie sogar Phila aufzumuntern, die betrunken in ihrer Unterkunft lag, obwohl es erst früher Nachmittag war. Neaira schenkte ihr eine Haarspange, die sie von Simos erhalten hatte. Phila nahm das Schmuckstück und bedankte sich mit schwerer Zunge. „Du hast wirklich Glück, Neaira. Ich ertrage dieses Leben nicht, also betrinke ich mich.“ Neaira setzte sich kurz zu ihr und nahm ihre Hand. Sie hätte ihr gerne versprochen, dass sie ihr helfen würde, wenn sie selbst erst einmal frei wäre. Aber wie alle anderen Frauen wussten auch Neaira und Phila, dass jede für sich allein kämpfte.
    Das war schwer genug. Die einen waren stark und ehrgeizig, die anderen verloren sich selbst irgendwo auf dem langen Weg. Phila hatte sich verloren – und sie wusste es. „Ich wünsche dir viel Glück, Phila“, sagte Neaira deshalb und ging. Es war ein hartes und mitleidloses Leben. Neaira erinnerte sich an Chabrias Worte. Wir sind beide Krieger, nur auf unterschiedlichen Schlachtfeldern.
    Nikarete packte wieder einmal ihre Truhen, um mit Neaira nach Athen zu reisen. Weniger denn je wagte sie es, ihre gewinnbringendste Sklavin aus den Augen zu lassen.
    Dies stimmte sie missmutiger und unfreundlicher als sie ohnehin schon war. Ihr Haus in den Händen der alten Leda lassen zu müssen, kostete sie schlaflose Nächte.
    Als der alte Xenokleides und vor allem Timanoridas von Neairas Reise hörten, schwiegen sie mit düsteren Mienen. „Du bist dir wohl zu gut für uns geworden, seit dein reicher Gönner dich aushält“, war der einzige Satz, den Timanoridas an Neaira richtete. Obwohl er wohlhabend war, hätte er niemals mit dem Reichtum eines Simos mithalten können. Neaira kümmerte es nicht.
    Timanoridas beflissenes Werben ignorierte sie mit tiefer Genugtuung und richtete ihren Ehrgeiz weiter darauf, Simos zu gefallen.
    Bald verbreitete sich ein neues Gerücht in Korinth. Auf der Agora erzählten sich die Männer, dass es im Haus der Nikarete ein Mädchen namens Neaira gäbe, dessen Schönheit so groß wäre, dass Simos aus Thessalien sie gleich einer Hetäre aushielt; Aphrodite selbst hätte dem Mädchen einen Zauber geschenkt, mit dem sie den edlen Simos den Kopf verdrehte, denn wie sonst sollte man sich sein Verhalten erklären. Neaira hatte es geschafft – sie war berühmt in Korinth. Nikarete konnte sich in der Folgezeit über neue Gäste freuen, die vor allem aus Neugierde auf Neaira kamen. Oft wurde sie allein durch ihre Anwesenheit zum Mittelpunkt des

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