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Der Gesang des Satyrn

Der Gesang des Satyrn

Titel: Der Gesang des Satyrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Fiolka
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Blicke, die ihr folgten, neugierige und bewundernde der Männer, neidische der herausgeputzten Frauen. „Die schönsten Hetären verblassen neben dir“, flüsterte Simos stolz, als er sie zu ihrem Platz führte.
    „Was sind Hetären?“ Neaira erinnerte sich, dass Lysias einmal vorgeworfen worden war Metaneira wie eine Hetäre zu behandeln, und sie hatte sich bereits damals gefragt, was es wohl damit auf sich hätte.
    Simos schien überrascht über ihre Unwissenheit, wies jedoch auf eine kostbar herausgeputzte Frau mit rabenschwarzem Haar, deren weiß geschminktes Gesicht zur Haartracht sehr reizvoll aussah. „Siehst du sie? Das ist Lais. Sie ist sehr begehrt in Korinth, über ihre Schönheit wird im Odeion gesprochen, und sie führt ein Haus und empfängt nur die reichsten und berühmtesten Männer.
    Man sagt, sie habe bereits in ihrer Anfangszeit zehntausend Mina für einen einzigen Abend in ihrer Gesellschaft verlangt, was ich allerdings für ein Gerücht halte.“
    Neaira hätte Lais als bildschön bezeichnet, mit ihrem langen Haar, das so schwarz wie Rabenschwingen ihr blasses Gesicht rahmte. Ihre Aufmerksamkeit erregte jedoch ein ganz anderer Umstand. „Sie führt ein eigenes Haus?“
    „Sie ist reich, man sagt reicher als viele Herren. Man beschenkt sie großzügig für ihre Gunst.“
    Neaira starrte Lais an. Die Hetäre schien es zu bemerken, denn sie wandte Neaira ihr Gesicht zu.
    Tatsächlich sah sie aus wie ein junges Mädchen, doch die Verletzlichkeit ihres Äußeren straften die berechnenden Blicke Lügen, die Neaira musterten. Aber das, was Neaira in diesem Augenblick erkannte war, die Tatsache, dass es doch etwas zu geben schien zwischen den eingesperrten Gattinnen und den Sklavinnen in Häusern wie dem von Nikarete – Hetären! Man konnte tatsächlich Freiheit erlangen als Frau! Doch wer war sie schon - eine Sklavin Nikaretes, egal wie bewundernd man sie auch anstarrte.
    Dann wurde Neaira klar, dass niemand hier wusste, dass sie eine Sklavin war. Sie war lediglich ein neues Gesicht in Korinth - Konkurrenz, die es einzuschätzen galt oder begehrte Beute. Bedeutete das nicht auch, dass auch sie mit etwas Geschick eine berühmte Hetäre werden konnte ...
    und Freiheit erlangen zu gehen, wohin und mit wem sie wollte? Neaira verbarg ihre Aufregung, konnte sich jedoch kaum noch auf die Vorführung konzentrieren. Eine Welt voller neuer Möglichkeiten hatte sich für sie aufgetan.
    Neaira nahm all ihren Mut zusammen und erwiderte selbstbewusst den Blick der Hetäre Lais. Sie war die Wichtigste in Korinth, die Berühmteste. Nur mit ihren Blicken würde sie sich messen, und alle sollten es sehen.
    Die Blicke der beiden Frauen trafen sich, maßen ihre Gewänder, ihren Schmuck. Es war ein Spiel, eine Herausforderung, ein Spiel um Freiheit und Macht unter Frauen. Nach der Vorstellung legte Neaira Simos in einer vertraulichen Geste eine Hand auf die Schulter. „Bitte stelle mich ihr vor.“
    Simos, gefangen im Bann seiner jungen Geliebten, gefallsüchtig und einem Spiel nie abgeneigt, führte sie zu Lais, die neben ihrem Begleiter stand. Sie waren im Begriff gewesen das Theater zu verlassen, doch Neaira stellte sich ihnen in den Weg und lächelte freundlich. „Ich grüße dich, Lais. Wie ich hörte, bist du die berühmteste Hetäre Korinths. Doch jetzt bin ich da, und du tust gut daran dir meinen Namen zu merken, denn ich bin Neaira, die Tochter der Aphrodite.“
    Lais ebenmäßiges Gesicht zeigte keinerlei Ärger, nur ihre Augen verrieten ihren Zorn. Gekonnt verzog sie ihren geschwungenen Mund zu einem scheinbar freundlichen Lächeln. „Mädchen kommen und gehen. Ich werde mir deinen Namen erst merken, wenn er Bedeutung hat.“ Sie wollte sich abwenden, doch ihr Begleiter, ein gut aussehender Mann mit breitem Brustkorb und dem Lächeln des Gewinners auf den Lippen, grinste Neaira amüsiert an. „Du solltest nicht zu leichtfertig urteilen, meine liebe Lais. Dieses Mädchen hat Mut. Wo ist dein Verstand, den ich stets bewundert habe?“ An Neaira gewandt sagte er: „Ich werde mir deinen Namen merken, Neaira ... und merke dir auch meinen – Chabrias aus Athen. Wie es scheint, sind wir beide Krieger, nur auf unterschiedlichen Schlachtfeldern.“
    Neaira schenkte ihm ein strahlendes Lächeln, wobei sie darauf achtete, Simos nicht zu verärgern. Doch ein wenig Konkurrenz würde auch sein Interesse an ihr vertiefen und konnte deshalb nicht schaden. Lais warf ihr schwarzes Haar in einer geschmeidigen Bewegung

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