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Der Gesang des Satyrn

Der Gesang des Satyrn

Titel: Der Gesang des Satyrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Fiolka
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Philostratos und seine steife Zurückhaltung. Er war freundlich aber den Freuden des Lebens abgeneigt. In Neaira breitete sich ein warmes Gefühl der Zufriedenheit aus. Dieser Sieg gehört mir! Dann endlich erhob sich auch Simos von seiner Kline und legte besitzergreifend die Arme um Neaira. „Ihr edlen Herren – da seht ihr, dass sie die Tochter der Aphrodite ist! Seht sie an und erfreut euch an ihrem Anblick und ihrer Klugheit. In der Nacht aber werde allein ich sie in den Armen halten.“ Seine Blicke glühten vor Bewunderung und Stolz. Neaira erkannte, dass aus ihrer kleinen Vergeltung viel mehr entstanden war, als sie beabsichtigt hatte.
    Die Geschichte um Neaira aus Korinth, die mit ihrer klugen Rede der Göttin Athene die Stirn geboten hatte, sprach sich schnell herum. Wohin sie auch mit Simos ging, hoben die Männer ihre Weinschalen und boten lachend an, ihre neuen Gewänder zu bezahlen. Nicht selten erntete Neaira von den angesehensten Hetären Athens auf den Symposien verärgerte oder neidische Blicke. Sie hatte Athen an nur einem Abend erobert. Um sich einen Spaß zu gönnen, erschien Neaira am Tag der Einkleidung Athenes an der Seite Simos in einem auffälligen Gewand und zog damit die ganze Aufmerksamkeit auf sich. Das Standbild der Göttin wurde wenig beachtet. Stattdessen hörte sie, wie die Menschen und selbst die unscheinbaren Gattinnen hinter vorgehaltener Hand ihren Namen flüsterten und zu ihr herüber starrten.
    Natürlich entging auch Nikarete der zunehmende Ruhm ihrer Sklavin nicht, und sie erfuhr von Neairas Berühmtheit in Athen. Mürrisch presste sie die rot geschminkten Lippen zusammen und hielt die gierigen Hände auf, da sie zwischen ihrer Geldgier und ihrem Hass auf Neaira gefangen war. Neaira bedachte Nikarete mit gleichgültigen Blicken. Was konnte ihr, die berühmt war, die Harpyie jetzt noch antun? Manchmal dachte sie an Metaneira und ihren frühen Tod. Wäre sie damals schon berühmt gewesen – vielleicht hätte sie die Freundin retten können. Sie verachtete Nikarete dafür, dass sie sogar ihren Hass für einen prall gefüllten Geldbeutel vergessen konnte.
    Neaira vermochte das nicht.
    Als Nikarete mit Neaira nach Korinth zurückkehrte, war Simos seiner berühmten und begehrten Geliebten so verfallen, dass er Nikarete fünf Talente anbot, um ihr Neaira abzukaufen. Neaira beglückwünschte sich selbst. Sie wusste, dass ihre gierige Herrin dieses Angebot kaum würde ausschlagen können. Wieder habe ich eine Schlacht für mich entscheiden können , dachte sie mit Genugtuung. Sie hatte jedoch nicht damit gerechnet, dass Nikaretes Hass doch größer sein könnte als ihre Geldgier. Nikarete verweigerte Simos den Verkauf ihrer Sklavin und ließ ihn stattdessen weiter für Neaira tief in seinen Geldbeutel greifen. Es kostete Neaira ihre ganzen Künste, Simos Interesse nicht erlahmen zu lassen. Nach weiteren zwei Jahresumläufen hatte sie ihn soweit umschmeichelt, dass er bereit war, Nikarete sechs Talente zu bieten, um Neaira von ihr zu kaufen.

8. Kapitel
Verkauft an zwei Herren
    „Ich habe dich verkauft – du wirst zu alt, Neaira.“ Nikarete wählte ihre Worte mit Bedacht. Neaira war vierundzwanzig Jahresumläufe alt und hätte längst uninteressant für Nikaretes Haus sein sollen. Trotzdem hatte sie die Hoffnung aufgegeben, dass Nikarete sie verkaufen würde.
    Neaira saß auf ihrem Bett und sah Nikarete an. Mürrische Falten zogen sich von ihrer Nase in die Mundwinkel, ihr einst dunkles Haar war von grauen Strähnen durchzogen, und ihr Körper war in den letzten Jahren beinahe so füllig geworden, wie der von Idras es gewesen war. Alt war nicht sie, sondern Nikarete!
    Simos war noch immer Neairas ständiger Begleiter, doch die anfängliche Leidenschaft war beinahe zu einem Aschehäufchen geschrumpft. Die Tatsache, dass Nikarete nicht bereit war, sie zu verkaufen, hatte ihn seines Sieges beraubt. Als Simos erkannte, dass kein Geld der Welt ausreichte, die Harpyie umzustimmen, begann er nach anderen Herausforderungen zu suchen. Nichtsdestotrotz war es Neaira gelungen, Simos Zuneigung aufrechtzuerhalten. Es war anstrengender geworden, mühseliger ... sie hatte ihm ständig etwas Neues bieten müssen. Jetzt, wo sie meinte, Simos Interesse würde bald vollkommen schwinden ... jetzt endlich hatte Nikarete sich entschlossen, ihm Neaira zu verkaufen. Nikarete ahnte, dass der Wert des Kaufpreises fallen würde, wenn sie Simos weiter vertröstete. Er war es müde, um Neaira zu

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