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Der Gesang des Satyrn

Der Gesang des Satyrn

Titel: Der Gesang des Satyrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Fiolka
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Haus wie du, und ich kann dich nicht heiraten, da du Metökin bist.
    Aber ich kann dich achten wie ein Gatte und dich auch so behandeln. Das alles verspreche ich dir, wenn du mit mir kommst.“
    Es war nicht Liebe, die ihn antrieb. Auch wenn sie seine tote Gattin hatte verblassen lassen – Neaira wusste, dass sie ein Kompromiss war, mit dem Stephanos leben konnte. Es bedrückte sie nicht, da es ihr ebenso ging. Sie würden sich eben beide bescheiden müssen. Es ist die bessere Art von Liebe , tröstete Neaira sich und bat Stephanos mit ihr in Megara zu bleiben, bis ihr gemeinsames Kind geboren würde. Sie wusste, dass diese Bitte gefährlich war. Wenn sie ihm in Megara ein totes Kind zur Welt brachte, könnte Stephanos sich anders entscheiden und sie ihrem Schicksal überlassen. Sein Pflichtgefühl galt dem Kind und der Mutter, nicht der Frau. Aber Neaira war schlauer geworden – wenn sie dieses Mal nach Athen zurückehrte, wollte sie sich absichern. Das bedeutete für sie, dass es besser wäre, als Familie zurückzukehren, auch wenn sie nicht verheiratet waren. Stephanos willigte ein, auch wenn das bedeutete, dass er fast ein Jahr aus Athen würde fortbleiben müssen und keinem Broterwerb nachging. Nur zweimal reiste er während dieser Zeit nach Athen, und beim zweiten Mal brachte er seine beiden Söhne Proxenos und Ariston mit, da er es nicht länger mit seinem Gewissen vereinbaren konnte, sie in der Obhut einer Sklavin zu lassen.
    Die Knaben waren schlimmer als alle Harpyien, Satyrn und Mänaden zusammen! Stephanos brachte sie an einem kühlen Herbsttag in Neairas Haus, wo sie steif im Andron standen und Neaira misstrauisch beäugten. Ariston, ein zehnjähriger Knabe, der ständig zu seinem großen Bruder schielte, begrüßte Neaira; doch Proxenos, der zwei Jahre älter war als sein Bruder, verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich bleibe nicht hier!“
    Als ob er nur darauf gewartet hätte, nickte Ariston und wollte nun auch nicht mehr bleiben. Neaira erkannte in Proxenos einen rebellischen und aufrührerischen Geist, während sein Bruder sich an jenen orientierte, die stärker waren als er. Proxenos war ihm dabei das größte Vorbild.
    Proxenos hielt sich die Nase zu und betrachtete ihr Andron. „Hier stinkt es wie in einem Hurenhaus.“
    Am Abend hielt Neaira Stephanos am Arm fest, als er in seine Räume gehen wollte – das erste Mal ohne sie, als ob es ihm vor seinen Söhnen peinlich war, mit ihr Umgang zu pflegen. „Hast du deinen Söhnen erzählt, womit ich mein Geld verdient habe?“
    Stephanos gab ihr einen Kuss und lächelte entschuldigend. „Ich kann sie nicht anlügen, Neaira. Sie werden sich an dich gewöhnen. Du bist doch jetzt ihre Mutter.“
    Neaira hob die Brauen, widersprach ihm aber nicht.
    Trotzdem war ihr klar, dass man nicht einfach über Nacht die Mutter eines zehn-und zwölfjährigen Knaben wurde, und die Knaben würden ebenso wenig das Gesicht ihrer Mutter gegen das einer Fremden austauschen wollen. Wie dachte Stephanos sich das ... hatte er überhaupt nachgedacht? Neaira kam in den Sinn, dass Stephanos sich zu viele Gedanken über unwichtige Dinge, aber zu wenig über wirklich wichtige Dinge machte.
    Neaira nutzte die Zeit, in der sich ihr Bauch rundete, sich Stephanos Söhnen anzunähern. Sie zeigte sich großzügig den Knaben gegenüber, obwohl Proxenos keine Gelegenheit ausließ, ihr seine Verachtung zu zeigen. Er schikanierte Thratta und Kokkaline, stieß absichtlich Vasen und Amphoren um und zerriss heimlich einige Chitone, die Kokkaline zum Waschen aus Neairas Räumen geholt hatte.
    Seine Abneigung gegen Neaira gipfelte darin, dass er seinen Vater anschrie und sich weigerte, in Athen mit einer Hure unter einem Dach zu leben. Stephanos teilte Proxenos mit, dass ihm nichts anderes übrig bleiben würde, da er sich dazu entschlossen habe Neaira mitzunehmen. Allerdings bestrafte er Proxenos nicht für seine Unverschämtheiten.
    „Sie kennen keine Scham und keine Skrupel, ihre Kindermädchen in Athen haben sie verzogen und ihnen alles erlaubt“, meinte Neaira als Proxenos wieder einmal eine ihrer Vasen umgestoßen und es grinsend geleugnet hatte.
    Stephanos ließ sich jedoch nicht belehren. „Ihre Kindermädchen waren Sklavinnen. Wie hätten sie ihnen etwas verbieten können ... das darf nur ihr Vater, und ich war zu lange fort. Es ist neu für sie, Neaira. Lass ihnen doch Zeit.“
    Neaira ignorierte Proxenos fortan. Sie konnten auf ihren Kindermädchen herumtrampeln, aber

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