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Der Gesang von Liebe und Hass

Titel: Der Gesang von Liebe und Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordes Alexandra + Horbach Michael
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anfangen? Die Republik hat mich enttäuscht, Franco ist für mich ein verächtlicher, kleiner, grausamer Spießer, das Schlimmste also, was ein Mensch sein kann. Und etwas Drittes gibt es jetzt nicht mehr. Man muß sich bekennen – zu diesem oder zu jenem.«
    »Quatsch«, sagte Brenski, »du bist verrückt. Muß man sich denn immer für die eine oder die andere Seite irgendeiner politischen Auseinandersetzung entscheiden?«
    El Corazón sah ihn verblüfft an, seine Hände knetend, als könnte er aus seinen Fingern pressen, was Brenski meinte.
    »Ich bin in diesen Krieg gekommen«, sagte Brenski, »weil ich sah, daß die Freiheit eines Volkes zerstört werden sollte. Ja, ich bin Sozialdemokrat, Sozialist, schon von zu Hause her, aber ich bin auch älter und erfahrener geworden. Nicht alle menschlichen Lagen sind durch die Programme des Sozialismus oder meinetwegen des Liberalismus zu lösen. Für jedes Problem in jedem Land gibt es eine andere Lösung, weil die Völker verschieden sind, so wie sich die Menschen voneinander unterscheiden.«
    El Corazón kniff die Augen zu. »Das ist Häresie«, sagte er. »Das ist die Konterrevolution, die aus deinem Mund spricht. Alle Völker sind gleich, alle Menschen sind gleich.«
    Brenski lachte kurz auf. »Ein australischer Buschneger ist so gleich, daß er gleich ist mit Einstein? Oder mit Picasso oder Thomas Mann oder Ernest Hemingway?«
    »Alle Völker sind gleich, alle Menschen sind gleich. Sie alle haben das gleiche Geburtsrecht ins Leben mitgebracht. Das Recht auf ein erfülltes Leben.«
    »Gleiche Chancen für alle wird es nie geben. Das hat mir euer Bruderkrieg gezeigt.«
    »Wenn du damit sagen willst, daß die Menschen sich voneinander durch den Geist unterscheiden und der eine dem anderen gegenüber höhergestellt ist, dann sprichst du wie ein Nazi, der von sich selbst behauptet, er gehöre zu den arischen Übermenschen, und von den Juden zum Beispiel sagt, sie seien Untermenschen. Auszurottendes Ungeziefer.«
    »Die Nazis begehen die gleiche Verrücktheit wie die Kommunisten, nur mit umgekehrten Vorzeichen. Der wahre Kommunist glaubt von vorneherein, daß der Mensch gut sei. Ist er nicht gut, wie er sich das vorstellt, wird er eliminiert, liquidiert. Die Faschisten glauben grundsätzlich zuerst einmal, daß die Menschen schlecht sind, und wer sich ihrem Programm, wie der Mensch gut zu sein habe, nicht unterwirft, der wird auch liquidiert. Aber es gibt noch andere Länder, ganze oder halbe Kontinente, die weder vom Faschismus noch vom Kommunismus je etwas gehört haben. Afrika, Asien, die einfachen Völker und Stämme, die dort leben, die einfachen Menschen. Sie sind noch unverdorben, und erst dann, wenn wir ihnen unsere Segnungen der Zivilisation gebracht haben und mit diesen unsere politischen Weisheiten, erst dann werden auch sie korrumpiert, stehen gegeneinander auf und bringen sich gegenseitig um.«
    El Corazón stieß Brenski an. »Und was würdest du raten, woran wir uns halten, großer Prediger?«
    »Ich weiß es nicht. Wenn ich es wüßte, säße ich wahrscheinlich nicht hier und wartete mit dir zusammen darauf, erschossen zu werden.«
    El Corazón legte den Kopf in den Nacken und blickte zur niedrigen Decke der einst weiß getünchten, jetzt fleckig kalkblättrigen Zelle hoch. »Hast du Angst?«
    »Natürlich hat die Kreatur in mir Angst. Aber in meinem Kopf habe ich keine Angst.«
    »Tut es dir nicht leid, daß du nun kein Leben mit Maria Christina führen kannst?«
    »Doch. Aber das ist vorbei. Das habe ich schon aus meinem Kopf ausradiert.«
    »Wenn du nun durch eine, sagen wir, Begnadigung hier rauskämst, würdest du dann nach Córdoba gehen?«
    »Was soll ich dort? Weiß ich, ob sie überhaupt noch lebt?«
    »Habt ihr denn gar nichts ausgemacht für den Fall, daß ihr davonkommt, getrennt werdet, für den Fall, daß sie nicht mehr zu ihren Eltern zurück kann oder zurück will – denn vergiß nicht, sie hat all das Entsetzen im Grunde ihren Eltern zu verdanken –, habt ihr euch gar nicht abgesprochen?«
    Brenski hob die Schultern. »Wir haben einmal davon gesprochen. Aber es ist doch aussichtslos.«
    »Was habt ihr verabredet?« El Corazón schob seinen Kopf vor. »Sag es schon, ich will es wissen!«
    »Um es mitzunehmen in das Paradies der Arbeiter auf der anderen Seite?«
    »Spotte nicht. Über das Jenseits macht man sich nicht lustig.«
    »Du bist immer noch ein kleiner Meßdiener.«
    »Was habt ihr ausgemacht?«
    »Daß wir versuchen werden,

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