Der Geschmack der Gewalt
dahinter Bare-Knuckle-Kämpfe veranstaltete. Seitenwetten laufen hatte und Eintritt nahm. Und jeden August dirigierte er, zusammen mit seinem Cousin Poe, neue Kämpfer und Schaulustige durch Harrison und Orange County zu Bellmont McGills Donnybrook.
Um Pete herum saßen überall Männer und Frauen an Tischen aus großen Holzspulen, auf denen einst Erdkabel aufgerollt gewesen waren. Einweckgläser mit goldenem Gebräu und braune Schnäpse vor sich. Münder sonderten übles Geschwätz ab. Petes älterer Bruder Lang lehnte Pete gegenüber auf der anderen Seite der Theke, beobachtete die Männer und Frauen, die das Cur’s betraten. »Hast du sie schon angerufen?«, flüsterte er.
»Sie warten wie Truthahnjäger auf dem Hochsitz.«
»Pass bloß auf«, warnte Lang. »Schwieriger Typ, dieser Hurensohn.«
Pete nickte. Formte »Hab’s kapiert« mit den Lippen.
Lang ging ans andere Ende der Theke. Auf Petes Schulter landete eine Hand. Er wandte sein pfirsichflaumiges Kinn und sah in Neds Gesicht. »Da schau einer an, was die kommunale Abwasserentsorgung von Orange County aus der Scheiße gezogen hat«, sagte er.
»Wenn hier jemand der Wichsfleck auf dem Laken einer plattgebumsten Fettkuh ist, dann ja wohl du«, hielt Ned dagegen.
Pete ignorierte Liz’ Haarschopf, arbeitete sich gleich über ihre Brust nach unten vor, kehrte dann zu ihrem Gesicht zurück. »Bei Gott, wenn du mal nicht das Süßeste gleich nach Erdbeeren mit Zucker bist«, sagte er. Wischte seine Hand an der zerrissenen Jeans ab und streckte sie ihr hin. »Ich heiße Peter, aber alle nennen mich Pete.«
Liz ergriff die Hand, schickte ein Lächeln zurück, dreckig wieein ungeputzter Lokus, und sagte: »Hab gehört, du steckst mehr ein, als du selbst wegsteckst.«
Petes narbiges Gesicht glühte wie ein kandierter Apfel, und er lachte künstlich. Das war das schärfste Gerät, mit dem er Ned je hatte herumziehen sehen.
Ned verpasste Liz einen Klaps an den Hinterkopf. »Schluss mit der Augenfickerei«, sagte er. Er sah sich im Raum um. »Wo sind die Typen, denen wir Crank verkaufen sollen?«, fragte er.
Pete zog ein zerknittertes Stück Papier aus der Hosentasche. Hielt es ihm mit Zeige- und Mittelfinger hin. »Hier ist die Wegbeschreibung. Sie warten auf euch ein paar Kilometer die Straße runter.«
Ned runzelte seine von Narbengewebe überzogenen Brauen. »Du kommst nicht mit?«
Pete griff nach seinem Miller High Life auf der Theke, nahm einen Zug, schluckte. »Nee, muss Lang helfen. Aber fahrt ruhig. Die wissen, dass ihr kommt.«
*
Elbow hörte das Klopfen an der Tür. »Nicht so schüchtern, bewegt eure Ärsche hier rein«, brüllte er. Die Tür ging auf, und Liz und Ned betraten das Haus. Feuchtkalter Geruch stach ihnen in die Nase. Am liebsten hätten sie die Burger, die sie vor nicht allzu langer Zeit heruntergespült hatten, wieder hochgewürgt.
Ihnen gegenüber stand Elbow barfuß auf einem Flokatiteppich, dessen einstiger Vanilleton der Farbe des von ihm und seinem Bruder Dodge verschütteten Biers gewichen war. Ein alter Fernsehschrank mit Schwarz-Weiß-Gerät stand an einer der Wände. Dodge saß ein Stück hinter Elbow in einem Elektrorollstuhl. In der einen Hand ein Pabst Blue Ribbon, mit der anderen kniff er sich in den Schritt. Seine Augen zwei aufgebohrte Gewehrläufe, die auf Liz’ Brust zielten.
Ned wollte den Deal schnell über die Bühne bringen. Wollte aus dem Haus raus, das stärker nach Verwesung stank als sein eigenes. »Der Preis ist hundert Dollar pro Gramm«, ließ er die beiden wissen. »Also, wie viel wollt ihr haben?«
Elbow rieb sich die Brust seines Lucky-Charms-T-Shirts. Schürzte die Lippen, die wie Tabakschwärmer-Raupen aussahen und von weißem Donut-Puderzucker bedeckt waren. Schob sich eine Hand vorne in die kurze grüne Nylon-Trainingshose und fuhr mit dem Daumen an der Saumnaht hin und her. Seine Fingerspitzen kraulten die Beule, die sich unter dem Stoff abzeichnete wie eine riesige Spinne unter einem Geschirrtuch. Über die rechte Schulter hinweg sah er den behinderten Kriegsveteranen an. »Wie viel willst du ausgeben, Bruder Dodge?«, fragte er mit gespielt schüchterner Stimme.
Dodge hob die PBR-Dose an die Lippen, machte ein schlürfendes Geräusch, bei dem sich sein dornenartiger Adamsapfel mitbewegte, ließ die Dose sinken und rülpste. Wandte den Blick von Liz ab und Ned zu und fragte: »Wie viel habt ihr denn?«
Dodges durchdringender Todesblick ließ Neds Nerven flattern. »Viel mehr, als du
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