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Der Geschmack der Gewalt

Der Geschmack der Gewalt

Titel: Der Geschmack der Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Bill
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einer Schachtel Patronen in die Küche. Alonzo schlug die Tür zu. Schüsse ließen die hölzernen Wände des Farmhauses erschüttern. Fensterscheiben explodierten. Durch das Zielfernrohr beäugte Alonzo die Bullen, die über die Dächer ihrer Autos hingen wie Teichschildkröten über ein Stück Holz. Gewehre und Revolver auf das Haus richteten. Blitzende Salven abfeuerten.
    Keines der Fenster im Haus hatte ein Fliegengitter. Einfache Holzrahmen fassten das Glas ein. Tig hatte das Fenster über der Spüle hochgeschoben. Setzte sein Gewehr an. Brüllte über die Schüsse hinweg Alonzo zu: »Wie viele hast du gezählt?«
    »Sieht aus wie neun«, brüllte Alonzo zurück. »Nummer zehn liegt auf der Veranda verstreut und macht sich seine letzten Gedanken. Wo zum Henker ist Jarhead?«
    Gipskartonpartikel wurden aus den Küchenwänden gerissen, und Tig brüllte: »Dachte, der wär hinter mir.«
    Alonzo guckte, als hätte er gerade ein verdorbenes Stück Fleisch zerkaut und hinuntergeschluckt. »Die feige Sau, hat sich vermutlich in den Wald verpisst! Er wird seine Abreibung kriegen! Genau wie diese Bullenschweine!«
    Am Ende des Flurs angelangt, betrat Jarhead ein Schlafzimmer. Schloss die Tür hinter sich. Starrte auf die zerknüllten Laken auf der nackten Matratze. Boxershorts, Jeans und T-Shirts bedeckten den Dielenboden. Leere Zigarettenschachteln lagen auf einer abgenutzten Kommode und einem Nachtschränkchen zwischen Asche und ausgedrückten Kippen. »Was für ein beschissenes Drecksloch«, sagte Jarhead zu sich.
    Er stieg über die Kleider und trat durch eine holzgefasste Fliegentür am hinteren Ende des Raums hinaus auf eine kleine Veranda aus Beton. Sah über einen Friedhof verrosteter Motoren und Autoreifen, mit Flecken von Gras, Erde und Felsen dazwischen, auf einen Wald, der sich kilometerweit zu erstrecken schien.
    Die Worte rochen nach abgestandenem Kaffee und kamen hinter dem Revolver hervor, der sich ihm in die Schläfe bohrte. »Keine verdammte Bewegung!«
    Die Schießerei hatte aufgehört. Ein Officer mit zimtfarbenem Gesicht stand in der Zufahrt hinter der offenen Tür seines Streifenwagens, hielt die Hand hoch und schrie: »Feuer einstellen, Scheiße noch mal!«
    Die Polizisten luden ihre Waffen nach. Der, der die Hand erhoben hatte, ließ sie sinken und zog das Mikrofon seines Funkgeräts aus dem Wagen. Drückte den Knopf. Seine Worte dröhnten durch das Megaphon auf seinem Autodach. »Alonzo Conway, hier spricht Deputy Sheriff Burnham. Gegen Sie und ihren Cousin liegt ein Haftbefehl vor wegen Handels mit Minderjährigen zu Zwecken der Prostitution, dem Verkauf von gestohlenem Benzin …«
    Alonzo ließ Burnham nicht ausreden. Betätigte den Abzug. Beobachtete durch das Fernrohr der Hochleistungsflinte, wie Burnhams Schulter zerlegt wurde.
    Tig sah dem Blutbad zu, brüllte: »Verdammt, dem Bullenschwein hast du’s gezeigt.«
    Die Polizisten pumpten jetzt ihrerseits Blei in Richtung Farmhaus.
    Tig riss den Zylinderverschluss zurück. Ließ eine leere Hülseherausfallen. Beförderte eine neue Patrone in die Kammer. Schaute durch das Zielfernrohr. Wiederholte das Ganze ein paarmal. Arbeitete sich nach links vor, durchschlug Glas, Stahl und Haut.
    Alonzos rechter Oberschenkel platzte rot auf. Er fiel auf den Rücken. Schrie: »Fuck!« Hielt die 30-30er in der linken Hand. Presste die rechte auf seinen Oberschenkel. Rot rann ihm zwischen den Fingern hindurch. Er ließ das Gewehr fallen, drehte sich, griff über sich, tastete den Tresen ab. Versuchte, einen Lappen oder ein Handtuch zu finden. Etwas, um damit den Blutfluss zu stoppen.
    Tig wandte sich um, ihm schrillten die Ohren, er sah das Blut aus Alonzos Bein laufen. Und wie dessen dreckige Hand den Tresen abtastete. Während die sich stetig wiederholenden Schusssalven, die wie ein Auto mit Fehlzündung klangen, die Küche nach und nach aushöhlten.
    Er sank zu Boden. Drückte den Rücken gegen die Schränke. Fummelte Patronen aus der Munitionsschachtel in die Flinte. Schmeckte Gipskarton und Holzsplitter, die durch die Luft flogen. Sah zu Alonzo. »Was jetzt?«
    Alonzos Gesicht war nass wie ein beschlagener kalter Wasserhahn. Lautlos formte er mit den Lippen: »Benzintanks. Ziel auf die Benzintanks der Streifenwagen.«
    Hinter dem Haus befahl der County Cop Jarhead: »Nimm die Hände hoch, damit ich sie sehen kann.« Jarhead hob langsam die Hände. Drehte dabei die rechte Handfläche nach oben und verpasste dem Cop einen schnellen Hieb von unten gegen

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