Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Geschmack der Gewalt

Der Geschmack der Gewalt

Titel: Der Geschmack der Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Bill
Vom Netzwerk:
gesoffen haben. Einen Scheiß sagt der. Genauso wenig wie alle anderen Stammgäste. Wieso, hast du sie gesehen oder mit ihnen gesprochen in letzter Zeit?«
    Neds Gliedmaßen fühlten sich an, als würde an ihnen herumgemeißelt. Er schüttelte den Kopf, brauchte dringend etwas, das ihm ausgegangen war, einen Krümel Crank, um diesen Schmerz, der von tief innen kam, abklingen zu lassen. Er würde Poe einen Besuch abstatten, dachte er. »Ist sechs Monate her oder noch länger«, sagte er zu Whalen.
    Whalen nickte. Wusste, dass er belogen wurde. Wechselte das Thema, bevor er die Beherrschung verlor. »Kämpfst du noch? Oder trainierst du jetzt bloß noch andere Kämpfer?«
    Neds Gesicht erhellte sich zu einem Fünf-Zahn-Grinsen. »Will nicht lügen, Ross. Kämpfe hier und da immer noch, um mich zu finanzieren.«
    Deine Sucht zu finanzieren, dachte Whalen.
    Ned war ein Provinzschläger, seit er einen Fuß vor den anderen setzen konnte. Die Geschichte ging so: Das erste Mal, als sein Daddy ihm mit einem Lederriemen eine offene Wunde auf dem Hinterteil beibrachte, weil er Widerworte gegeben hatte, hatte Ned es ihm doppelt heimgezahlt. Hatte ihm den Gürtel abgenommen und ihn vermöbelt, bis er rot spuckte. Hatte ihm den Kiefer gebrochen. Die Augen und Lippen zu Brei geschlagen. Hatte noch immer auf seinen Vater eingedroschen, als sein Onkel ihn von ihm herunterzog. Hinterher überzeugte dieser Onkel den Bruder davon, Ned zweimal die Woche in einen Boxclub rund dreißig Minuten den Fluss runter nach Portland, Kentucky, zu fahren.
    Whalen winkte ab, bevor er sich zum Gehen wandte. »Du warst schon immer ein übler Hurensohn. Selbst mit der Marke bin ich froh, dass sich unsere Weg nie gekreuzt haben.« Am liebsten würde ich dir Handschellen anlegen, dachte er. Dich hinaus auf ein Feld mit hohem Gras bringen. Dir eine Kugel zwischen die Gucklöcher verpassen. Dich den Bussarden und Opossums zum Abnagen überlassen.
    Whalen öffnete die quietschende Tür des Streifenwagens, sagte: »Wenn du irgendwas hörst, du weißt, wo ich bin.«
    *
    Blut tropfte vom zertrümmerten Knorpelgewebe seiner Nase. Kleckste hinunter und verkrustete auf geschwollenen Lippen. Rann sein Arschritzenkinn hinab. Düngte das Feld gekräuselten Brusthaars. Ein paar Zähne klebten an seinem rosafarbenen Izod-T-Shirt. Als er die geschwollenen Augenschlitze blinzelnd wieder öffnete, war von Eldons kernigen Sprüchen nichts mehr übrig.
    Die Hände waren mit einem Lampenkabel hinter seinem Rücken zusammengebunden und an den Beinen des Holzstuhls befestigt, auf den er gesetzt worden war. Schemenhaft bewegten sich ihre Hüften vor ihm hin und her. Er versuchte, scharf zu stellen. Ein Händepaar streckte ihm gänsefederweiche Hügel weiblichen Fleisches entgegen. Aus dem Radio auf der Küchentheke hinter ihr plärrte Hank Williams »My Bucket’s Got A Hole In It«.
    Angus saß neben dem Radio und wischte sich mit einem weißen Geschirrtuch das Blut von den Knöcheln. Er hatte Eldon ganz schön zugerichtet, dachte er. Legte das Tuch neben die drei großen Flaschen Allegra-D. Schüttelte den Kopf. »Fünf-Zentimeter-Bärchen«, sagte er, »hat dein Vater dir nie beigebracht, nicht mit dem Pimmel zu denken? Bei all deiner Bildung bist du immer noch dumm wie Scheiße.« Angus deutete auf die drei Flaschen. »Musste sichergehen, dass du die auch wirklich vorrätig hast.«
    Eldons Blick schnellte von Angus zu Liz, die mit einer Hand an der Vorderseite ihrer Hose hinabfuhr. Sich die Lippen leckte. Psychotisch kicherte.
    Eldon sah wieder zu Angus. »Das könnt ihr nicht machen!«, geiferte er.
    Angus starrte ihn an wie Charles Manson. Warf beide Hände in die Luft, Innenseiten nach oben. »Wer hält mich davon ab? Du?« Sein Gelächter prallte gegen die hohe, weiß verputzte Decke. Liz begann, den Reißverschluss ihrer Jeans zu öffnen, die wie aufgemalt aussah. Offenbarte kein Höschen, bloß kadaverweißes Fleisch.
    Eldon schloss die Augen. Versuchte, gegen den Blutstrom anzukämpfen. Dagegen, steif zu werden. Schüttelte den schmerzenden Kopf und merkte, dass er keine Hose anhatte. Mit blankem Arsch und Eiern auf dem Holzstuhl saß. Er öffnete die Augen. Sah an Liz vorbei zu Angus, schrie: »Bind mich los, verdammt! Wir sind Partner!«
    »Fünf-Zentimeter«, spöttelte Angus, »du hättest dich mehr wie ein Partner verhalten sollen, als du die Gelegenheit dazu hattest, die Pillen rüberwachsen lassen. Alles, was dir jetzt noch bleibt, siehst du vor dir.«
    Roter

Weitere Kostenlose Bücher