schiefes Herz geformt war.
Ihr fiel eine Mail ein, die er erst vor ein paar Wochen geschrieben hatte. Sie hatten über Grundschulerinnerungen geredet, und er hatte ihr verraten, dass es ihm als Kind immer schwergefallen war, Valentinskarten zu basteln, vor allem die, bei denen man ein Stück Tonpapier knicken und ein halbes Herz ausschneiden musste.
Bei mir sahen sie immer aus wie rosa Kleckse , hatte er geschrieben.
Aber mehr ist ein Herz doch auch nicht , hatte Ellie geantwortet.
Jetzt holte sie tief Luft und versuchte, ihr Gleichgewicht zu finden. Er drehte sich halb um, und ihr fiel auf, dass er hier am Strand anders aussah, weniger umwerfend, vertrauter. Bestimmt nicht so, wie sie sich GDL824 vorgestellt hatte, aber auch nicht ganz wie die Filmstarversion von Graham Larkin.
Im Augenblick war er einfach Graham.
Sie dachte daran, wie man seinen Namen in Russland aussprechen würde – Graham! –, und merkte, wie der rosa Klecks in ihrer Brust schneller zu schlagen begann. Es war ein Ausruf der Überraschung und zugleich der Freude, das Echteste, was es auf der Welt gab, und ohne noch einen Augenblick zu zögern, trat sie aus dem Schatten der Bäume, um ihn tatsächlich anzusprechen.
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Von:
[email protected]Gesendet: Montag, 10. Juni 2013 16:24
An:
[email protected]Betreff: Gefieder
Den Felsen, von dem du erzählt hast, habe ich leider nicht gefunden, aber ich glaube, ich bin trotzdem an der richtigen Stelle. Hier sind eigentlich bloß Möwen und ich, du dürftest mich also leicht finden …
(Ich bin der ohne Federn.)
acht
Als sie endlich in die Bucht kam, war Graham in Gedanken meilenweit weg. Er hatte versucht, seinen Text für die morgige Szene durchzugehen, einen leidenschaftlichen Monolog seiner Figur, nachdem die die Beerdigung ihres Vaters verlassen und dorthin gegangen war, wo der Vater gestorben war, an Bord eines alten Hummerkutters. Doch heute entglitten ihm die Worte, wurden von der Meeresbrise einfach fortgeweht.
Er sah sich die glatten Steine an, von denen der Strand bedeckt war – so ganz anders als der helle Sand Kaliforniens –, als er ihre Schritte hinter sich hörte. Er holte tief Luft, ehe er sich umdrehte.
»Hey«, sagte er, sah sie kurz an und dann wieder weg. Aus irgendeinem Grund fiel es ihm schwer, sie direkt anzusehen, obwohl er eigentlich nichts lieber wollte. Alles um sie herum war grau – die Bäume, die Steine, der Himmel, sogar das schiefergraue Meer – und mittendrin Ellie mit ihren roten Haaren und ihrem weißen T-Shirt, mit ihrem Jeansrock und ihren Gummi-Flipflops. Ein Mädchen am Strand müsste eigentlich das Normalste auf der Welt sein, aber irgendwie hatte Graham das Gefühl, direkt in die Sonne zu starren.
»Schon Schätze gefunden?«, fragte sie und deutete mit dem Kopf auf den Stein in seiner Hand. Er sah noch einmal hin und merkte, dass sie Recht hatte. Zu seiner Überraschung hatte der Stein die Form eines Herzens. Seine Wangen wurden warm, und mit leichtem Kopfschütteln ließ er ihn in der Hosentasche verschwinden. Wenn er ihr den jetzt zeigte, würde sie ihn für einen Schleimer halten. Sie würde glauben, er sei genau wie die Typen, die er auf der Leinwand spielte.
»Willst du ein Stück gehen?«, fragte er ungewollt barsch.
Sie nickte, und sie gingen am Wasser entlang. Eine Weile sprach keiner von beiden ein Wort, doch das Schweigen war nicht unbehaglich, das Rauschen der Wellen genügte ihnen. Ellie ging einen halben Schritt voraus, und er fragte sich, wo sie ihn wohl hinführen würde. Die Steine lagen lose und unregelmäßig, und Graham stolperte häufig. Als er wieder einmal fast ausrutschte, sah er in Ellies Miene den Anflug eines Lächelns.
»Das ist doch absurd«, sagte er. »Wie kann man so was als Strand bezeichnen?«
»Wir sind wohl ein bisschen abgehärteter hier drüben«, sagte sie grinsend.
»Willst du damit sagen, Kalifornier sind Weicheier?«
»Nein«, sagte sie. »Nur, dass du ein Weichei bist.«
Graham lachte. »Einverstanden«, sagte er. »Aber wann kriegen wir denn wieder festen Boden unter die Füße?«
Ellie deutete voraus, und er sah einen schmalen Pfad, der am anderen Ende der Bucht die Böschung hinaufführte. Sie folgten dem Pfad in den Wald, duckten sich unter tief hängenden Zweigen und kamen nach wenigen Minuten auf einer stillen, schmalen Straße heraus.
»Hast du vor, mich zu ermorden?«, fragte Graham und betrachtete die