Der Geschmack von Sommerregen (German Edition)
im Internet nach schönen Hotels gucken, da sind wir sowieso beschäftigt.«
Ich atme auf, ein bisschen erstaunt, dass sie es mir so leicht macht. »Na, dann viel Spaß.« Spontan beuge ich mich zu ihr runter und gebe ihr vor lauter Erleichterung einen Kuss.
»Dir auch«, sagt Mama leise.
Sie umarmt mich, und als ich ihren Lavendelduft einatme, überrollt mich aprikosenfarbene Zärtlichkeit. Mann, ich habe sie so lieb, meine nervenschwache, harmoniesüchtige Mutter! Und ich will nicht, dass es ihr schlecht geht.
Aber ich will auch nicht zu Hause bleiben.
Ich will bei Mattis sein.
Denn da gehöre ich hin.
Plötzlich fühle ich mich irgendwie nach Abschied. Traurig und aufgeregt, ängstlich und erleichtert zugleich. Ungefähr so, als wenn man in den Bus Richtung Landschulheim einsteigt und die Eltern zurücklässt. Auf meinem inneren Monitor mischen sich Aprikose und trauriges Staubgrau mit Kaugummi und hellroten Funken, und ich mache, dass ich wegkomme.
Mattis zieht mich an der Hand durch den verwilderten Garten hinter dem Bauernhaus.
Obwohl ich schon mehrmals bei den Bendings war, zeigt er mir diesen Teil des Grundstücks heute zum ersten Mal, und ich bin völlig verzaubert: Alte, knorrige Apfelbäume strecken ihre Zweige über eine Wiese mit flammend rotem Klatschmohn, mit unzähligen Margeriten und blauen Kornblumen. Dazwischen bemühen sich die edleren Geschöpfe – Madonnenlilien, Rosen und Rittersporn – um ihren Platz an der Sonne.
»Früher waren hier mal Beete«, erklärt Mattis, als ich meinen Blick staunend über das Blütenmeer gleiten lasse. »Aber die Frau, der das Haus vor uns gehört hat, war alt und konnte den Garten nicht mehr pflegen. Tja, das ist das Ergebnis. Meiner Mutter gefällt es so, deshalb macht sie sich kaum die Mühe, die Beete freizuschneiden.«
»Es ist wunderschön«, sage ich hingerissen.
»Wart ab, bis du die Laube siehst«, entgegnet Mattis geheimnisvoll.
Der Garten ist riesig, und ich verstehe voll und ganz, warum Nathalie die Beete, an denen wir vorbeischlendern, nicht freischneidet: Sie wäre jahrelang damit beschäftigt und müsste am Ende sofort wieder von vorn anfangen. Nein, dann doch lieber ein bisschen wilde Romantik.
Gegen die ich übrigens auch nichts einzuwenden hätte, denke ich und mustere meinen Freund, der mich um eine Hecke aus hohen Sträuchern herumführt. Er sieht wieder mal zum Anbeißen aus. Die Sonne bricht sich auf seinem glänzenden, schwarzbraunen Haar, sein enges T-Shirt betont die breiten Schultern und lässt erfreulich viel von seinen Oberarmen frei.
Bogenschießer-Oberarme, muskulös und verführerisch.
Oh Mann, warum bin ich in Mattis’ Nähe bloß so gierig?
Ich reiße meinen Blick von seinen Armen los und schaue schnell wieder auf die unschuldigen Sommerblumen. Es ist noch nicht einmal Mittag und mein innerer Monitor trieft bereits vor Tinte! Wie soll das erst werden, wenn wir wirklich Sex haben und ich nicht nur davon träume? Werde ich die Definition von Blau revolutionieren? Weil mein Blau sich bis in die tiefste Unendlichkeit hinein intensivieren wird?
»Hier sind wir«, sagt das Objekt meiner tintigen Begierde und lächelt erwartungsvoll. »Na, wie findest du es?«
Ich zwinge mich in die helle Wirklichkeit zurück und schaue mich um. Und ich muss zugeben, das Umschauen lohnt sich.
Mattis und ich stehen inmitten einer natürlichen Laube aus dichten, weiß blühenden Sträuchern, deren Zweige sich über uns zu einem natürlichen Dach vereinigen. Lichtstrahlen und Schatten verweben sich zu kunstvollen Ornamenten. Im Gras zu unseren Füßen wachsen rosa und lilafarbene Akeleien. Ihre zarten Blütenköpfchen neigen sich zum Boden. Es sieht aus wie ein nickender Gruß aus dem Elfenreich.
Elfenreich! Habe ich das gerade echt gedacht? Mattis und die ganze wilde Romantik in diesem Garten rauben mir noch den letzten Funken Verstand. Erst denke ich nur an Sex und jetzt an Elfen, und als Nächstes werden wieder die Vampire/Werwölfe/gefallenen Engel drankommen und dann …
»Das hier ist doch wie geschaffen für uns beide, oder?«, raunt Mattis, zieht mich in seine Bogenschießer-Arme und küsst mich – so leidenschaftlich und selbstvergessen und heiß, dass mein Verstand den Kampf aufgibt und sich endgültig in Luft auflöst.
Wann wir uns ins Gras zwischen die Elfen-Akeleien gelegt haben, weiß ich nicht mehr. Auch nicht, wann ich Mattis sein T-Shirt über den Kopf gezogen habe. Wann er meinen BH aufgehakt hat, um meinen Busen
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