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Der Geschmack von Sommerregen (German Edition)

Der Geschmack von Sommerregen (German Edition)

Titel: Der Geschmack von Sommerregen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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zu lächeln.
    Ich meine, klar tut mir Mama leid, aber sie wird es ja auch schön haben. Wandern, Wellness, feines Essen, das ist doch was! Auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob Wellness gegen böse Erinnerungen hilft.
    Ich schaue Papa nicht an, als ich ihm versichere, dass er und Mama ruhig wegfahren können. »Vielleicht nach Garmisch?«, schlage ich vor.
    Mein Vater hält Salzburg dagegen, und für ein paar Minuten diskutieren wir freundschaftlich mögliche Reiseziele, bis er verkündet, dass er Mama jetzt endlich von seiner Idee erzählen wolle – und bei der Arbeit Bescheid geben – und nach einem Hotel suchen – und ob ich wirklich sicher sei, dass das alles für mich okay sei?
    »Klar«, sage ich mit exakt dem Grad an Enthusiasmus, der Papa weder am Wegfahren hindert noch verdächtig vorkommt.
    Und dabei habe ich dann doch ein schlechtes Gewissen.
    Ich beruhige mich damit, dass ich ja nichts wirklich Verbotenes vorhabe, sondern bloß mal ein, zwei Stunden länger wegbleiben will. Was ist da schon dabei? Auch, ob ich mit Mattis auf meinem Bett liege oder auf seinem, kann meinen Eltern genau genommen wurscht sein. Es ist also alles im grünen Bereich. Und als Papa mir einen Kuss auf den Scheitel drückt und erleichtert mein Zimmer verlässt – ein Cowboy, der von Banditen bis zu Kühen wieder alles im Griff hat –, sage ich mir, dass das nächste Wochenende uns allen guttun wird: Papa, Mama und mir.
    Eine Atempause für jeden für uns.

Zwanzig
    Wie erwartet hat Mattis am nächsten Tag keine Lust aufs Freibad, aber Lust auf mich. Und ich auf ihn. Deshalb sage ich Lena und Leon ab und gehe zu Mama auf die Terrasse, um ihr mitzuteilen, dass ich den Samstag bei den Bendings verbringen werde.
    Beim gestrigen Abendessen brachte keiner von uns zur Sprache, dass Mama geheult hatte. Meine Eltern haben über ihren Kurzurlaub geplaudert – der an den Ammersee gehen wird – und so getan, als sei alles in schönster Ordnung. Und ich habe mitgespielt.
    Trotzdem frage ich mich jetzt, wie Mama es aufnehmen wird, dass ich schon wieder zu Mattis gehe. Wird sie erneut anfangen zu weinen? Mich anblaffen? Eisern schweigen? Und, verdammt noch mal, muss ich mich deshalb wirklich schuldig fühlen?
    Kurz überlege ich, ob ich Mattis bitten soll, heute mal zu mir zu kommen. Aber ich verwerfe die Idee sofort. Ich weiß schließlich, wie der Tag dann ablaufen wird: Mama wird Mattis bei jeder Gelegenheit ausfragen, und wenn wir in meinem Zimmer sind, wird sie alle fünf Minuten reinkommen, um uns mit einem Snack oder Getränken zu beglücken. Nur, damit auch ja nichts passiert.
    Oh Gott, wie ich es herbeisehne, dass es passiert!
    Ich weiß, es ist zu früh. Ich weiß, man sollte sich davor erst besser kennenlernen. Ich weiß, um Lenas Drei-Monats-Regel einzuhalten, hätte ich noch ganz schön viel Zeit zu überbrücken.
    Ich weiß das alles.
    Doch ich habe das Gefühl, Mattis bereits besser zu kennen als jeden Jungen zuvor. Besser sogar als jeden anderen Menschen auf der Welt, mit Ausnahme meiner Eltern und Lena. Mattis ist sensibel, rücksichtsvoll und ehrlich. Er meint es ernst mit mir. Er würde mich weder verletzen noch fallenlassen. Mit ihm zu schlafen wäre ü-ber-haupt kein Risiko.
    Shit, wen versuche ich da eigentlich zu überzeugen?
    Ich fühle mich von mir selbst ertappt: Mein blaues Begehren will die Herrschaft über mich erlangen, will meinen Verstand listenreich auf die andere Seite ziehen. Auf die Seite der Leidenschaft. Die unweigerlich in mir aufflammt, sobald ich Mattis sehe, ihn berühre, seine Hände auf mir spüre und seinen Mund …
    »Huch, hast du mich erschreckt!« Mama, die auf einer Liege in der Sonne gedöst hatte, zuckt zusammen und starrt zu mir hoch. Dann kneift sie geblendet die Augen zusammen und fragt misstrauisch: »Wie lange stehst du schon da und beobachtest mich?«
    »Ich habe dich nicht beobachtet. Ich habe …«
    … von Mattis geträumt und mir eingestanden, wie wahnsinnig gerne ich Sex mit ihm hätte.
    »… ähm, mich gefragt, ob es dir was ausmacht, wenn ich zu den Bendings gehe.« Ich schlucke und setze hinzu: »Falls es dich traurig macht oder so, kann ich auch hier bleiben.«
    Mist, warum habe ich das gesagt? Kaum sind die Worte draußen, würde ich sie am liebsten zurücknehmen.
    Das Misstrauen auf Mamas Gesicht verflüchtigt sich und macht einem Lächeln Platz. Sofort sieht sie jünger aus, weicher. »Das ist süß von dir, Sophie. Aber geh ruhig zu deinem Freund. Papa und ich wollen

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