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Der gestohlene Traum

Der gestohlene Traum

Titel: Der gestohlene Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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wenn ihr nach Sterben zumute ist, sie wird die Zähne zusammenbeißen und tun, was nötig ist. Nein, ich glaube nicht, dass alles so einfach ist. Hier stimmt etwas nicht, mein Freund, das fühle ich. Ich muss etwas unternehmen. Sobald sie wieder gesund ist, werde ich ein Dienstaufsichtsverfahren gegen sie einleiten und darauf bestehen, dass sie aus dem Polizeidienst entlassen wird. Obwohl ich sie liebe, wie jeden von euch, aber Verrat und Feigheit kann ich nicht dulden.«
    So, Nastjenka, dachte Gordejew, jetzt habe ich dich mit Haut und Haaren verraten und verkauft. Jetzt wird sich heraussteilen, was für einer unser Larzew ist, ob es ihn nach Blut dürstet oder nach Gerechtigkeit. Er wird natürlich gegen deine Entlassung sein, denn ein Dienstaufsichtsverfahren kann er in diesem Fall nicht gebrauchen. Gleich wird er den Edelmütigen spielen und mir raten, dich aus dem operativen Dienst auf einen anderen, ruhigeren Posten zu versetzen. Ich bin gespannt, welche Tätigkeit er mir für dich vorschlagen wird. Es scheint ihm jetzt etwas leichter zu sein, weil er verstanden hat, welche Strategie er verfolgen muss. Gleich werde ich ihn endgültig beruhigen, er soll noch etwas Luft holen vor dem letzten Schlag, und dann. . . Sieg oder Fall. Oh, Nastjenka, Kindchen, wenn du wüsstest, wie schwer mir das alles fällt, wie mir das Herz blutet, wie Leid mir Wolodja tut, für den es nichts Wichtigeres auf der Welt gibt als seine Tochter. Ich schlage auf seine empfindlichste Stelle, verflucht soll ich sein.
    »Aber warum denn gleich entlassen, Viktor Alexejewitsch, und dem Mädchen das Leben kaputtmachen. Sie haben Recht, für den operativen Dienst taugt sie nicht, dazu ist sie zu schwach auf der Brust. Aber es kann nicht sein, dass sie unehrlich ist, das versichere ich Ihnen. Ich lege meine Hand für sie ins Feuer. Am besten wäre es, sie würde im Stab arbeiten, in der Verwaltung für Informationsauswertung, dort kann sie ihre geliebten Rechenaufgaben machen. So wird sie der Sache größeren Nutzen bringen, und es ist ein ruhiger Posten, der sie nervlich nicht belasten wird.«
    »Ich weiß nicht, ich weiß nicht.«
    Gordejew erhob sich und begann, langsam in seinem Büro auf und ab zu gehen. Für alle seine Untergebenen war dies das erste Anzeichen dafür, dass er sich in einem schwierigen Entscheidungsprozess befand. Er würde erst dann innehalten, wenn die Entscheidung getroffen war.
    »Das alles müssen wir genau klären. Bis zum Ablauf der Zweimonatsfrist ist noch etwas Zeit, ich werde den Fall Jeremina selbst in die Hand nehmen. Oder ihn jemand anderem übertragen. Am besten gleich dir, du hast ja am Anfang schon daran gearbeitet, und jetzt bekommst du die Karten in die Hand zurück.«
    »Natürlich, Viktor Alexejewitsch. Wenn hier etwas zu finden ist, werde ich es finden. Und wenn nicht, dann nicht. Ich bin überzeugt davon, dass es sich um einen ganz banalen Mord handelt.«
    Gordejew warf einen Blick auf die Uhr. Seit Larzews Erscheinen war eine halbe Stunde vergangen. Dem Oberst war es gelungen, sich genau an die Zeit zu halten, die er mit Sherechow vereinbart hatte. Er begann, irgendwelche allgemeinen, unverbindlichen Sätze von sich zu geben, als die Tür plötzlich aufgerissen wurde.
    »Viktor Alexejewitsch, es ist etwas passiert. Im Büro von Pawel Wassiljewitsch wurde Hauptmann Morozow ermordet.«
    * * *
    Nachdem Major Larzew sich aus der Menschenmenge vor Sherechows Büro gelöst hatte und nun in Richtung Ausgang unterwegs war, bekamen die zwei Männer, die im Innenhof der Petrowka in einem Wagen warteten, ein Zeichen. Es war so weit. Sie folgten ihrem Beobachtungsobjekt in gebührender Entfernung bis zur Metro, auf der Rolltreppe verringerten sie die Distanz und bestiegen mit ihm zusammen den Zug. Larzew stieg in der Nähe seines Hauses aus, kaufte am Kiosk eine Schachtel Zigaretten, ging bis zur Grünanlage, setzte sich auf eine Bank und steckte sich eine Zigarette an.
    Die beiden Männer sollten feststellen, ob Larzew versuchte, mit jemandem Kontakt aufzunehmen. Unterwegs war er mehrmals mit Passanten und Fahrgästen zusammengestoßen, hatte eine Entschuldigung gemurmelt, und daraus war nicht ohne weiteres ersichtlich gewesen, ob es sich womöglich um ein vereinbartes Zeichen handelte. Er hatte nirgends angerufen, kein Gebäude betreten und mit niemandem gesprochen. Er saß einfach auf der Bank und rauchte.
    Die beiden Männer holten sich je einen heißen Tscheburek am Kiosk, und während sie nachdenklich

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