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Der gestohlene Traum

Der gestohlene Traum

Titel: Der gestohlene Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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erscheint«, hatte er gesagt. »Sie möchte ihm für den Notfall die entsprechenden Anweisungen geben.«
    »Die Kamenskaja kann viel wollen«, erwiderte Nikolaj wütend. »Vielleicht verlangt sie morgen eine Million Dollar von Ihnen. Bekommt sie die dann auch?«
    Arsenn war erstaunlich geduldig und tat so, als hätte er Koljas ausfallende Bemerkung überhört.
    »Ihre Forderung ist durchaus vernünftig und muss erfüllt werden«, erwiderte er ruhig. »Ich überwerfe mich nie mit der Miliz, ich führe mit ihr eine friedliche Koexistenz. Verstehst du das? Eine friedliche Ko-exis-tenz«, wiederholte er, Silbe für Silbe betonend. »Würde ich auf Konfrontationskurs mit der Miliz gehen, könnte ich meine Arbeit gleich sein lassen. Die Kamenskaja muss begreifen, dass man mit mir verhandeln und dass man mir trauen kann. Nur dann erreiche ich das, was ich erreichen will. In einer Stunde muss Djakow bei ihr sein.«
    Arsenns Worte klangen so kategorisch, dass Kolja es nicht wagte, ihm zu widersprechen. Er begann, hektisch in der Stadt anzurufen, in der Sascha sich befand, hoffend, dass man seinen Auftrag noch nicht ausgeführt hatte. Aber das Glück war ihm nicht hold, er erreichte niemanden von seinen Leuten, offenbar waren vor den Feiertagen alle irgendwo unterwegs. Alle halbe Stunde rief Arsenn an und erkundigte sich mit bedrohlicher Ruhe in der Stimme nach dem Stand der Dinge.
    Endlich traf Fistin eine Entscheidung.
    »Ich habe gewisse Schwierigkeiten«, sagte er. »Wir müssen uns treffen.«
    Das Treffen mit Arsenn erwies sich als sehr viel unangenehmer als von Nikolaj befürchtet.
    »Du hirnloser Idiot«, zischte Arsenn ihn an. »Verstehst du kein Russisch? Habe ich dir gesagt, dass du Djakow beseitigen lassen sollst? Ich habe dir aufgetragen, die Sache zu regeln.«
    »Ich habe sie geregelt.«
    »Nichts hast du geregelt, du Trottel. Regeln bedeutet regeln, das heißt, sich in eine Sache hineindenken, sie verstehen, herausfinden, wer Recht und wer Unrecht hat, und dann eine Entscheidung treffen. Hast du dich schon einmal mit richtigen Dieben unterhalten? Die haben die Gesetze noch gekannt und nie jemanden einfach so ins Jenseits befördert. Wenn du das Wort ›regeln‹ hörst, fällt dir nichts anderes ein, als jemandem den Hals umzudrehen oder ihm ein Messer in den Bauch zu rammen. Zu mehr reicht dein Verstand nicht. Um etwas zu regeln, muss man sein Gehirn anstrengen, nachdenken, aber bei dir gibt es nichts, was du anstrengen könntest. Du bist einfach nur ein Stück Scheiße und weiter nichts. Du kannst nicht nur nicht denken, du kannst auch niemanden selbst umbringen, sondern nur Befehle erteilen. Im Ernstfall würdest du sofort die Knarre fallen lassen und dir in die Hosen machen. Was soll ich der Kamenskaja jetzt sagen? Dass man Djakow umgebracht hat und dass ich das nicht wusste? Wer bin ich denn, dass man in meiner Organisation meine eigenen Leute umbringt und ich nichts davon weiß. Mit so einem Verein wird die Kamenskaja nichts zu tun haben wollen.«
    »Na und?«, knurrte Nikolaj. »Sie arbeiten doch sowieso nicht mehr für meinen Boss. Warum regen Sie sich so auf? Wenn die Kamenskaja nichts mit Ihnen zu tun haben will, dann soll sie es eben bleiben lassen.«
    »Du bist wirklich ein Kretin. Verstehst du wenigstens, dass du deine eigene Epidermis retten musst?«
    »Meine was?«
    »Deine Haut, du Schwachkopf. Sobald man Djakows Leiche gefunden hat, bleibt nur noch ein einziger Schritt, und dann haben sie dich auch. Sie wollen Djakow wegen des Einbruchs in Kartaschows Wohnung verhören. Und damit werden sie nicht bis zum Frühjahr warten, darauf kannst du dich verlassen. Sie suchen ihn bereits seit heute Morgen. Wäre er noch am Leben, könnte die Kamenskaja ihm beibringen, was er bei einem Verhör zu sagen hat, und das Geschoss wäre an uns vorübergegangen. Aber jetzt suchen sie ihn, und selbst wenn sie ihn erst im Frühjahr finden, werden sie einen Zusammenhang herstellen. Und man wird den Fall erneut der Kamenskaja übertragen. Darum muss ich mich mit ihr gut stellen. Aber du hast, wie immer, alles verdorben. Denkst du vielleicht, ich weiß nicht, dass du mich hasst? Du traust keinem einzigen meiner Worte, obwohl ich weiß, wovon ich rede, und es dir nicht schaden würde, ein wenig bei mir in die Lehre zu gehen. Wie oft habe ich dich schon auf deine Fehler aufmerksam gemacht! Wie oft habe ich dir schon erklärt, was du tun musst! Hast du auch nur ein einziges Mal auf mich gehört? Du siehst und hörst nur

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