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Der gestohlene Traum

Der gestohlene Traum

Titel: Der gestohlene Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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Motiv, vielleicht war es ganz nahe liegend, nur hatte bisher noch niemand danach gefragt.
    Um diese Version zu überprüfen, musste man erst einmal herausfinden, ob es irgendwelche Widersprüche oder zumindest Ungereimtheiten in den Aussagen von Kartaschow, Olga Kolobowa und Maslennikow, dem Psychiater, gab. Nun war ein neuer potenzieller Zeuge hinzugekommen, Boris’ Bekannter, der ihm den Arzt empfohlen hatte. Boris musste ihm irgendeine Erklärung dafür abgegeben haben, wozu er einen Psychiater brauchte.
    Außerdem war die leise Hoffnung auf eine weitere Version aufgetaucht.
    »War Ihr Anrufbeantworter angestellt, während Sie verreist waren?«
    »Natürlich. Ich bin freischaffender Künstler, ich muss immer mit Anrufen von Auftraggebern rechnen. Wäre ich nicht erreichbar, könnten mir wertvolle Aufträge entgehen.«
    »Nach Ihrer Rückkehr von der Reise haben Sie also sämtliche Nachrichten abgehört, die innerhalb von zehn Tagen eingegangen waren?«
    »Ja, natürlich.«
    »Und es war keine Nachricht von Vika dabei?«
    »Nein. Hätte sie vorgehabt, für längere Zeit zu verreisen, hätte sie mich benachrichtigt, dessen bin ich mir sicher. Ich habe Ihnen ja schon gesagt, wie wichtig es ihr war, dass es jemanden gab, der sich um sie sorgte, dem es nicht gleichgültig war, wo sie war und wie es ihr ging. In ihrer Kindheit hat ihr ja genau das gefehlt.«
    »Und was ist aus der Kassette mit diesen Nachrichten geworden? Haben Sie sie gelöscht?«
    Nastja war sich sicher, Boris würde bejahen, sie fragte nur pro forma.
    »Sie liegt in meiner Schreibtischschublade. Ich hebe solche Kassetten immer auf, man weiß nie, wozu es gut ist.«
    »Wozu könnte es gut sein?«
    »Im vorigen Jahr zum Beispiel hat während meiner Abwesenheit ein Verlag bei mir angerufen und mir angeboten, die Illustrationen zu einer Anekdotensammlung zu machen. Ich habe nicht zurückgerufen, weil die Illustration von Anekdoten nicht zu meinem Profil gehört, zudem hatte ich zu dieser Zeit ohnehin mehrere Aufträge. Kurz darauf beklagte sich ein befreundeter Karikaturist bei mir über Auftragsmangel, und ich erinnerte mich an den Anruf des Verlags. Ich suchte und fand die Nachricht auf der Kassette, gab meinem Freund die Telefonnummer des Verlags, und alle waren zufrieden.«
    »Die Kassette mit den Nachrichten, die während Ihrer Reise nach Orjol eingegangen sind, existiert also noch?«
    »Ja.«
    »Könnten wir sie nicht zusammen abhören?«, fragte Nastja.
    Kartaschows Gesichtszüge spannten sich an. Oder erschien es Nastja nur so?
    »Glauben Sie mir nicht? Es ist keine Nachricht von Vika dabei.«
    »Ich bitte Sie trotzdem darum«, insistierte Nastja. Boris gefiel ihr plötzlich nicht mehr, und sie bereitete sich auf eine Attacke vor. »Ich würde mir die Kassette gern anhören.«
    Sie gingen nach nebenan, und Boris holte die Kassette aus der Schublade. Nachdem er sie eingelegt und angestellt hatte, reichte er Nastja eine Zeichnung, die in einer Mappe auf dem Schreibtisch gelegen hatte.
    »Hier. Das ist Vikas Traum, von dem ich Ihnen erzählt habe.«
    Nastja betrachtete die Zeichnung und lauschte gleichzeitig den Stimmen auf der Kassette.
    Boris, vergiss nicht, dass Lysakow am zweiten November vierzigsten Geburtstag hat. Wenn du ihm nicht gratulierst, wird er tödlich beleidigt sein . . .
    Guten Tag, Boris Grigorjewitsch, hier spricht Knjasjew. Bitte rufen Sie mich an, wenn Sie zurück sind. Wir müssen noch über den Entwurf für das Buchcover sprechen . . .
    Kartaschow, du Schweinehund! Was ist mit der Flasche Cognac, um die wir gewettet haben . . .
    Boris, bitte sei mir nicht böse. Ich gebe zu, dass ich im Unrecht war. Bitte entschuldige . . .
    »Wer ist das?«, fragte Nastja rasch und hielt die Kassette an.
    »Olga Kolobowa«, entgegnete Kartaschow widerwillig.
    »Hatten Sie Streit mit ihr?«
    »Wie soll ich sagen? Das ist eine alte Geschichte, und manchmal gibt es einen Rückfall. Mit Vika hat das nichts zu tun. Es hängt mit Olgas Mann zusammen.«
    »Ich muss es genau wissen«, sagte Nastja hartnäckig.
    »Nun gut«, seufzte Boris. »Als Olga ihren zukünftigen Mann kennen lernte, habe ich ihr gleich gesagt, dass er ein Filou ist. Als Olga nach der Hochzeit feststellte, dass er sie tatsächlich betrog, hat sie sehr gelitten. Und ich habe mich ihr dummerweise mit guten Ratschlägen aufgedrängt, ich war der Meinung, dass sie ihn verlassen sollte, obwohl ich wusste, dass mich das alles nichts anging. Olga reagierte allerdings sehr empfindlich

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