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Der gewagte Antrag

Der gewagte Antrag

Titel: Der gewagte Antrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula Marshall
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dass der erste Earl of Malplaquet auf der weiblichen Erbfolge bestanden hatte, weil sein einziges Kind ein Mädchen gewesen war. Wäre der ihm für seine im Krieg errungenen Siege dankbare König George I. nicht auf die Forderung eingegangen, hätte Ulric sich jetzt den stolzen Besitzer von Campions, aller zugehörigen Ländereien und des Titels nennen können. Tagtäglich ergrimmte er sich über den Umstand, dass seine Cousine Herrin auf Campions war und ihm seit acht Jahren, nachdem er sein Erbe vergeudet hatte, erst von Nells Großvater und dann von ihr eine allerdings beträchtliche monatliche Apanage ausbezahlt wurde. Sie war jedoch an die Klausel geknüpft, dass er nie wieder nach London reiste. Er war dort einmal in einen so fürchterlichen Skandal verwickelt gewesen, dass der letzte Earl ihm um ein Haar die finanzielle Unterstützung für immer entzogen hatte. Elinor hatte die Überweisungen dann unter der gleichen Prämisse fortgesetzt, sodass er gezwungen war, sich in provinzieller Umgebung aufzuhalten, wo man ihn zwar nicht gern sah, seine Anwesenheit jedoch aufgrund seiner Verwandtschaft mit der Countess of Malplaquet tolerierte.
    “Woher weißt du, dass auf mich ein Mordversuch verübt wurde und ich den Sekretär gewechselt habe?”, fragte Elinor ungehalten. “Ich hätte nicht gedacht, dass meine Angelegenheiten bereits zum Gesprächsstoff in Staffordshire und Trentham geworden sind.”
    “Ich habe von den Vorgängen auf Campions während meines Besuches bei den Gascoynes gehört”, antwortete Ulric achselzuckend. “Was ist eigentlich mit deinem neuen Sekretär?”
    “Was soll mit ihm sein?”
    Ulric ignorierte den drohenden Ton und fuhr gleichmütig fort: “Ich muss dir sagen, Nell, dass es sich für dich wahrlich nicht schickt, einem hergelaufenen Herumtreiber den Posten deines Sekretärs zu geben, noch dazu, wo er so jung ist und …”
    “Und ich sage dir”, unterbrach Elinor scharf, “dass es dich nicht das Geringste angeht, wen ich zu meinem Sekretär mache, und wäre es ein einäugiger, buckliger Zwerg! Wenn du so um meinen guten Ruf besorgt bist, empfehle ich dir, Campions umgehend zu verlassen, damit du nicht unnötig unter meinem Verhalten zu leiden hast. Aus Rücksichtnahme auf dein zartbesaitetes Gemüt würde ich dich gewiss nicht an der Abreise hindern.”
    Ulric blieb der Mund offen stehen. Bislang war Elinor stets höflich und geduldig gewesen und hatte nie in diesem Ton mit ihm gesprochen. “Wirklich, Nell …”, begann er verblüfft.
    “Ich hätte sogar Verständnis”, fiel sie ihm ins Wort, “wenn du nicht zum Lunch bliebest. Entschuldige mich jetzt. Auf mich wartet viel Arbeit. Ich verbringe meine Zeit nicht mit Klatsch und Tratsch!”
    “Hab Erbarmen!”, rief Ulric kläglich der aus dem Salon gehenden Cousine zu. “Ich bin doch eben erst angekommen. Verdammt, ich bin dein Erbe!”
    “Du wiederholst dich!”, entgegnete sie. “Wie schrecklich für Campions, dass du mein Erbe bist!”
    Entgeistert hörte er sie die Tür ins Schloss werfen, doch er war fest entschlossen, ihr nicht den Gefallen zu tun und abzureisen.
    Das Mittagessen verlief in sehr gespannter Atmosphäre. Ulric Tallboys saß mit wehleidiger Miene bei Tisch; die Hausherrin schwieg die meiste Zeit, und Chesney war verärgert. Daran war nicht nur ihre Weigerung schuld, sich zu vermählen. Er spürte deutlich, dass in Campions etwas nicht stimmte, hätte jedoch nicht sagen können, was ihn irritierte, denn wie stets, seit Elinor dem Haushalt vorstand, nahm alles einen reibungslosen Verlauf. Der gesamte Besitz befand sich in hervorragendem Zustand; die bei Tisch gereichten Speisen waren vorzüglich zubereitet, und die Bedienung ließ keinen Wunsch offen. Chesney freute sich schon darauf, den Marstall und die Reitschule aufzusuchen, doch es verstimmte ihn ein wenig, dass er dann wahrscheinlich Mr. Tallboys' Gesellschaft in Kauf nehmen musste.
    Ulric hasste den Baronet zwar mindestens ebenso wie Elinors Onkel ihn, heftete sich ihm nach dem Lunch indes sofort vorsorglich an die Fersen und folgte ihm in die Stallungen. Er gedachte, nicht aus Sir Chesneys Nähe zu weichen, damit die ihn und den Onkel begleitende Cousine keine Gelegenheit erhielt, ihn aus Campions zu vertreiben. Er war überzeugt, sie würde in Gegenwart des Baronets bestimmt nicht so unfreundlich zu ihm sein wie im Türkischen Salon, und ausnahmsweise behielt er recht.
    Chesney stellte fest, dass auch das Gestüt vorzüglich geführt wurde,

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