Der Gewinner Geht Leer Aus
instinktive Abneigung gegen Paxton Marino verspürt, dann hätte er diesen gescheiterten Einbruch in Montana gar nicht weiterverfolgt und die Sache wahrscheinlich auf sich beruhen lassen. Aber Hayes konnte nicht anders: Beim puren Gedanken an Marino überlief ihn ein Schauder, wie wenn jemand mit dem Fingernagel auf einer Schiefertafel gekratzt hätte.
Die Toiletten aus purem Gold, auf die es die Diebe abgesehen hatten, hätten schon ausgereicht, um Hayes mit Verachtung zu erfüllen, aber sie waren nichts im Vergleich zu Paxton Marino selbst. Dieser neureiche Protz trat mit so blasierter Arroganz auf, dass Hayes ihm am liebsten den Mund mit der Faust gestopft hätte. Marino spazierte mit der Selbstzufriedenheit eines Menschen durchs Leben, der zu den Nachfahren der Herrscher des Universums gehörte – aber bei Gott, er war alles andere als das!
Bert Hayes war ein kleiner, blonder, streitlustiger Mann von Dreiundvierzig, dessen Vorfahren allesamt Polizisten gewesen waren. Sein Vater, sein Onkel und sein Großonkel waren bei der New Yorker Polizei gewesen und hatten es bis zur Kriminalpolizei gebracht. Auch Hayes war in den Polizeidienst eingetreten, aber Marie, seine erste Frau, war damals, als es so etwas noch gab, Kunstlehrerin an einer High-School gewesen, und er hatte zu seiner Überraschung festgestellt, dass er eine große Leidenschaft für die bildendenKünste besaß. Nicht als Maler oder Bildhauer, sondern als Lernender und Genießender.
Etwa zu der Zeit, als die Ehe mit Marie mangels Interesse beendet worden war, hatte er von einer freien Stelle bei einer Bundesbehörde für die Verfolgung von Fälschungen und Kunstdiebstählen gehört. Er hatte eine Veränderung gewollt und sich beworben, und nun war er seit neun Jahren beim Art Identification Bureau, einer kleinen, unterfinanzierten Unterabteilung des Secret Service, der wiederum ein Bestandteil des Bureau of Alcohol, Tobacco and Firearms war. Die Aufgabe des Büros bestand hauptsächlich darin, gestohlene Kunstwerke zu identifizieren, die in die USA geschmuggelt worden waren. Dabei wurde viel Zeit und Mühe darauf verwendet, während der Nazizeit enteignete Kunstwerke den Erben der ursprünglichen Besitzer zurückzugeben. Noch nach über fünfzig Jahren musste das Durcheinander, dass Hitler angerichtet hatte, in Ordnung gebracht werden.
Doch das war noch nicht alles. In Europa waren viele Kunstwerke kaum gegen Diebstahl gesichert – in italienischen Kirchen etwa oder auf Landsitzen in Großbritannien –, und so tauchten von Zeit zu Zeit Alte Meister auf, Tausende von Kilometern von ihren rechtmäßigen Eigentümern zu Hause entfernt. Darum merkte Hayes immer auf, wenn ein solches Werk im Zusammenhang mit einem Verbrechen erwähnt wurde.
Wie zum Beispiel bei dem Einbruch in Paxton Marinos Jagdhütte. In einem der ersten Berichte der örtlichen Polizei waren auf der Liste der Wertgegenstände, welche die letztlich erfolglosen Diebe angelockt hatten, auch ein Rembrandt und ein Tizian aufgeführt, allerdings ohne Titel oder Beschreibung.
Das erregte Hayes’ Aufmerksamkeit. Gewöhnlich überfloger einen solchen Bericht lediglich und wandte sich dann dem nächsten zu, doch weil es ihn überraschte, dass zwei solche Kunstwerke an einem derart entlegenen Ort aufbewahrt wurden, bat er um einen zweiten Bericht, und als darin die Bilder mit keinem Wort mehr erwähnt wurden, war seine Neugier endgültig geweckt.
Hayes versuchte herauszufinden, was eigentlich los war, und begann herumzutelefonieren, erhielt jedoch von niemandem in Montana eine befriedigende Antwort. Als er ohnehin in Los Angeles zu tun hatte, stattete er Paxton Marino in seinem Palast auf einem der Hügel von Bel Air einen Besuch ab, bei dem dieser Kerl ihn derart von oben herab behandelte, dass Hayes’ Kiefer noch drei Tage schmerzten, weil er so heftig mit den Zähnen geknirscht hatte.
Und ganz gewiss, hatte Marino gesagt, gab es in seiner Jagdhütte in Montana keine Gemälde . Warum in aller Welt sollte er in Montana einen Rembrandt haben? War das hier etwa eine Kostprobe gründlicher Behördenarbeit?
Als Hayes danach über sein Gespräch mit Marino nachgrübelte, kam er zu dem Schluss, dass der Mann etwas im Schilde führte. Bis auf die Unstimmigkeiten zwischen den beiden Berichten gab es keinen wirklichen Grund, das zu glauben, und dennoch war Hayes davon überzeugt. Die Frage war: Was führte Marino im Schilde, und was konnte Hayes dagegen unternehmen?
Er hatte keinen Anlass, nach
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