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Der Gewinner Geht Leer Aus

Der Gewinner Geht Leer Aus

Titel: Der Gewinner Geht Leer Aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Stark
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Montana zu fahren, und hätte auch gar nicht gewusst, was er dort hätte tun sollen, aber er konnte telefonieren, und im Zuge dieser Gespräche freundete er sich nach einer Weile mit einem Kriminalpolizisten namens Moxon an, der seinerseits eine Begegnung mit Marino gehabt hatte, die dazu geführt hatte, dass er diesen Mann für den Rest seines Lebens hasste. Moxon versprach,ein Auge auf Marinos Jagdhütte zu haben und Hayes zu benachrichtigen, wenn sich dort irgend etwas Ungewöhnliches ereignete.
    Und jetzt hatte sich etwas Ungewöhnliches ereignet. Moxon hatte angerufen und gesagt: »Ein Privatflugzeug mit einer Ladung Holzkisten ist aus Texas nach Great Falls gekommen. Ich habe einen Bekannten beim Zoll, der hat es mir erzählt.«
    Hayes sagte: »Aber wenn die Maschine aus Texas war, hat der Zoll doch gar nichts damit zu tun.«
    »Nein, aber der Flughafen ist nicht so groß, und mein Bekannter hat das Zeug gesehen und sich gewundert. Es sind große, aber schmale, innen gepolsterte Kisten.«
    Hayes setzte sich aufrecht hin. »Wie die Kisten, in denen man Gemälde transportiert?«
    »Könnte sein – ich weiß nicht, wie die aussehen. Aber da sind noch zwei Besonderheiten. Da sind lauter Aufkleber drauf, auf denen steht, dass sie der Horace-Griffith-Galerie in Dallas gehören.«
    Hayes notierte den Namen und sagte: »Und die andere Besonderheit?«
    »Na ja, sie sind leer«, sagte Moxon. »Dieser Horace Griffith gibt einen Haufen Geld aus und schickt Paxton Marino mit einem Privatflugzeug ein Dutzend leere Kisten. Ich dachte, das würde Sie interessieren.«

SECHS
    »Heute aus dem halboffenen Bundesgefängnis Broadghent entlassen: Brad Grenholz, einst supererfolgreicher Internet-Innovator …«
    Er ist draußen, dachte Lloyd und starrte stirnrunzelnd auf den kleinen Bildschirm. Weil zu den Bewährungsauflagen gehörte, dass er sich von Computern im allgemeinen und dem Internet im besonderen fernzuhalten hatte, waren die Komponenten, die er in seine angebliche Musikanlage im Arbeitszimmer eingebaut hatte, allesamt so klein wie möglich, auch der Bildschirm. Lloyd konnte entweder das ganze Bild sehen, allerdings sehr klein, oder ein Viertel des Bildes in lesbarem Format. Bei den meisten Texten reichte es aber aus, die Brille abzusetzen und sich vorzubeugen, um das Wesentliche zu erfassen. Und das Wesentliche dieser Meldung erfasste er sogleich.
    Brad war draußen. Sein sogenannter Partner, der Mann, der ihn betrogen hatte, der Mann, den er hatte umbringen und bestehlen wollen, der Mann, wegen dem er so ausgerastet war, dass er all die Dinge getan hatte, die ihn geradewegs in den Knast gebracht hatten, dieser verdammte Scheißkerl war draußen.
    Und dabei hätte er noch weiterschmoren sollen. Er hatte schließlich den Staat betrogen und hätte noch mindestens drei oder vier Jahre sitzen sollen. Aber bei eingehender Lektüre des Artikels stellte Lloyd fest, dass Brad von einem Programmdes Justizministeriums profitierte: Man reduzierte die Zahl der Insassen in den überfüllten Gefängnissen, indem man Straftätern, die keine Gewalt angewendet hatten und deren Resozialisierungsprognosen gut waren, einen Straferlass gewährte.
    Für dieses Programm war Brad qualifiziert. Er würde für George Carew arbeiten, seinen Schwager und früheren Anwalt, der Brad in seiner neuen und bereits enorm erfolgreichen Online-Rechtsberatung beschäftigen würde. George würde auch die juristische Verantwortung für Brad übernehmen und ihn bei sich aufnehmen, bis er wieder auf eigenen Beinen stehen konnte.
    Wenn das so war, dann wusste Lloyd, wo Brad sich jetzt aufhielt. Mit seinem neuen Geld – zum Teil von Lloyd gestohlen – hatte George Carew sich ein Anwesen am Cape Ann bauen lassen, östlich von Ipswich und etwa fünfzig Kilometer nördlich von Boston, eine mit Giebeln und Türmchen versehene Monstrosität auf einem felsigen Hügel mit Blick auf den Atlantik, ein Haus, das direkt aus einem Roman der Brontë-Schwestern hätte stammen können. Dort gab es Räume, die noch gar nicht bezeichnet, geschweige denn möbliert und bewohnt waren – jede Menge Platz für Brad.
    Und George würde Brad aufnehmen und ihm helfen, »bis er wieder auf eigenen Beinen stehen konnte«, denn im Gegensatz zu Lloyd hatte Brad den Mund gehalten. Er hatte auch für George im Knast gesessen.
    Ich könnte hinfahren, dachte Lloyd. Er schaltete den Computer aus, verließ das Arbeitszimmer und verbrachte den Rest des Tages und den Abend damit, daran zu denken,

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