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Der Gipfel - Tragoedie am Mount Everest

Der Gipfel - Tragoedie am Mount Everest

Titel: Der Gipfel - Tragoedie am Mount Everest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anatoli Boukreev , G. Weston Dewalt
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Bauch übers Eis und weiter auf Schnee und Schotter des Südsattels. »Es waren an die neunzig Meter«, erinnerte er sich. »Dann stand ich auf, drehte mich um, winkte dem ›Burschen‹ zu und lief in die Richtung, in der ich die Zelte vermutete, die nun nicht mehr zu sehen waren.«
     
    Oberhalb des Platzes, wo Krakauer und Adams aufeinandergetroffen waren, erreichten Madsen, Pittman, Beidleman und Fox das obere Ende der letzten Fixseilpassage auf 8350 Meter. Klev Schoening und Lene Gammelgaard, an dieser Stelle von der Gruppe getrennt, stiegen etwas früher ab. Auf der Seilstrecke sah Beidleman ein Hindernis, das den Abstieg blockierte. »Ein Körper befand sich mit dem Gesicht nach unten auf der Route, so gut wie unbeweglich.«
    In der Meinung, er sei auf Klev oder Lene gestoßen, mit denen er nicht ständig Sichtkontakt hatte, trat er vor die Gestalt, sah sie genauer an und glaubte, es sei Lene, die zusammengeklappt war. Er schrie sie an, versuchte sie auf die Beine zu bringen und in Marsch zu setzen, sie aber rührte sich nicht, so daß er ihre Sauerstoffmaske verschob, um eine Antwort zu bekommen. Nun erst bemerkte er, daß es nicht Lene Gammelgaard war, sondern Yasuko Namba von Rob Halls Expedition.
    »Sie rührte sich überhaupt nicht«, sagte Beidleman. »Sehr wahrscheinlich war ihr der Sauerstoff ausgegangen. Ich redete auf sie ein und wollte ihr zeigen, wie man am Seil rascher hinunterkäme. Nach einer Weile merkte ich, daß sie entweder kein Englisch verstand oder nicht imstande war, das zu tun, was ich von ihr verlangte. Ich packte sie also an ihrem Klettergurt, schleppte sie hinter mir her und glitt, ging oder rollte, je nach Geländebeschaffenheit, mit ihr hinunter. Mehrmals stießen ihre Schuhe mit den Steigeisen durch meinen Anzug in meinen Rücken. Sie schien zu begreifen, was vor sich ging, war aber nicht fähig, von sich aus etwas zu tun.
    Nachdem wir mehrmals in Spalten gefallen waren, die quer zu den Seilen verliefen, erreichten wir schließlich das Ende der Fixseile. Wir taten uns schwer, die Japanerin über die Spalten zu bugsieren. Sie hatte ziemlich Angst. Mit Tims Hilfe schaffte ich es, indem wir sie hoben, schoben und zogen.«
    Irgendwo hatte Yasuko Namba sich von Mike Groom getrennt, mit dem sie vorher geklettert war. Wie Boukreev, Adams und Krakauer war Groom Beck Weathers am Balkon begegnet, wo dieser noch immer auf Hilfe wartete. Er war an der Stelle, wo Hall ihm auszuharren befohlen hatte, bis man ihm hinunterhelfen würde, praktisch angefroren.
    Als Groom Weathers Zustand sah, band er ihn in seinen Klettergurt ein und setzte sich mit ihm in Bewegung. So langsam sie auch weiterkamen, Yasuko Namba hatte es nicht geschafft, mit ihnen Schritt zu halten und war zurückgeblieben.
     
    Beidleman erinnerte sich, daß in 8200 Metern Höhe, etwa achthundert Höhenmeter von Lager IV entfernt, die Hölle losbrach. »Am Ende der Fixseile wurde das Unwetter stärker, und der Wind blies sehr heftig. Ab und zu sah man ein Licht von Lager IV. Ich versuchte, mir die Richtung einzuprägen, und das war’s dann auch. Es war das letzte, was ich von Lager IV sah.«
    Auch Charlotte Fox erinnert sich, daß die Lichter und Zelte von Lager IV noch zu sehen waren, als sie das Ende der Fixseile erreichten. Sie und die anderen Kletterer, die zwischen vierzehn Uhr fünfzehn und vierzehn Uhr dreißig auf den Gipfel gekommen waren, hatten dort zwischen vierzig und fünfundvierzig Minuten zugebracht, ehe sie wieder abstiegen. In dieser kritischen Schlechtwettersituation hätten sie nun diese verlorene Zeit gut gebrauchen können.
    »Es war dunkel«, sagte Beidleman. »Es stürmte und es schneite stark. Man konnte nicht sprechen. Wir mußten uns mit dem Rücken zum Wind anschreien, um uns verständlich zu machen. Stand jemand gegen den Wind, so war es fraglich, ob er einen hörte. Ich war auch gar nicht in der Lage, den Kopf zu wenden, um bergauf zu rufen. Da ich die Japanerin am Arm festhielt, wir praktisch Arm in Arm gingen, konnte ich nicht einmal meine Stirnlampe aus dem Rucksack holen. Zwei Sherpas waren bei uns. Ich glaube, Klev und Lene hatten sich von uns getrennt, um das Lager auf eigene Faust zu suchen.«
    Lene Gammelgaard sagte, daß sie sich an Klev Schoening hielt, da sie Vertrauen zu ihm hatte und weil sie beide am Berg ähnlich agierten. »Wir stiegen im Eiltempo ab. Als mir der Sauerstoff ausging, zwang mich Klev, immer wieder stehenzubleiben und von seinem zu nehmen, was ich nicht wollte. ›Nein,

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