Der Gitano. Abenteuererzählungen
wirkte so ergreifend, wie die Scene, welche nun erfolgte. Das Mädchen war seine Tochter. Sie hatte, wie wir nun erfuhren, gestern am Nachmittage einen kleinen Ausflug unternommen und bei dem Heimwege durch meinen Arrow Rettung vor dem sonst unvermeidlichen Tode gefunden. Durch die entsetzliche Katastrophe war dem Oelprinzen Alles verloren gegangen, was er in Young-Kanawha sein Eigen nannte. Von allen lebenden Wesen waren nur wir Vier, die wir bei einander standen, dem Untergange entflohen, und zwar Alberts nur in Folge des Umstandes, daß er sich im Augenblicke der Detonation an einem oberhalb des Bohrloches gelegenen Orte befunden hatte, während der Feuerstrom seinen vernichtenden Weg thalabwärts nahm. An dieser Stelle hatte er Diejenigen versammelt und abgeschickt, welche uns überfallen sollten. Die Unglücklichen hatten den Strom gar nicht erreicht, sondern waren unterwegs von dem Brande erfaßt und getödtet worden.
»
Behold,
Master Petroleum,« bedeutete ihm der noch immer auf ihn zornige Sam, »es ist immer ein gefährliches Ding, einen gewissen Hawkens die Nase mit Pittsöl einreiben zu wollen. Noch Keiner hat es fertig gebracht und auch Ihr hättet besser gethan, Eure eigne Nase in das Oel zu stecken, dann hättet Ihr vielleicht noch rechtzeitig gerochen, daß es aus dem Loche wollte. Doch das ist nun vorüber und wir wollen nicht weiter daran denken; Ihr seid bestraft genug! Verschafft uns zunächst ein Weniges zu essen, dann werden wir ja sehen, ob auch wir Euch in irgend einer Weise dienen können.«
Alberts schüttelte traurig mit dem Kopfe.
»Es ist Nichts da, gar Nichts, kein Schluck, kein einziger Bissen; bis zur nächsten Niederlassung ist es weit und wir müssen nur verhungern, wenn Ihr Euch unserer nicht erbarmt.«
Hawkens sah mich fragend an. Ich wußte, daß er trotz seiner eigenthümlichen Art und Weise ein gutes Herz besaß und sicher keinen Hülfsbedürftigen im Stiche ließ. Deshalb antwortete ich:
»Das ist schlimm, Sir, sehr schlimm! Das Wasser des Flußes ist ungenießbar, weil Euer Oel hineinläuft und aus eben demselben Grunde wird es im Bluff und unterhalb desselben keinen Fisch mehr geben. Wir müssen darum stromaufwärts gehen, um etwas zu fangen, und dann werden wir ja sehen. Meinst Du nicht auch, Sam?«
»Es wird wohl das Richtige sein! Die Miß mag sich auf meine Mary setzen, Ihr wechselt auf dem Arrow, und der Sohn meiner Mutter spaziert zu Fuß dabei her. Am Wasser wird wohl einiges Futter für die Pferde zu finden sein, und haben wir Jeder ein Gericht Fische in dem Dinge, welches mir jetzt wie ein leerer Tabaksbeutel im Leibe hängt, so müßte es mit dem Kukuk zugehen, wenn wir nicht gesund und heiler Haut irgend wohin kämen, wo Menschen zu finden sind und ein Stück saftige Büffel-Lende dazu!«
Gesagt, gethan. Der kleine Zug setzte sich in Bewegung. Als wir von dem Orte schieden, an welchem unser »Block um das Haus« auf eine so gräßliche Weise aufgehoben worden war, blieb Alberts für kurze Zeit hinter uns zurück. Er wollte stillen und traurigen Abschied nehmen von dem Grabe eines gewiß sehr großen Theiles seines Reichthumes. Es bedurfte jedenfalls großer Opfer und einer gewaltigen Anstrengung, den mächtigen Oelstrahl in Fesseln zu zwingen und die Verluste zu decken, welche eine einzige Nacht gebracht hatte. Ich mußte Sam Hawkens Recht geben, welcher sich dem reichen Oelprinzen gleichgestellt hatte. Die beiden zurückgewiesenen Westmänner waren jetzt respectable Leute, von deren Ausdauer und Erfahrung das Schicksal des Millionärs und seines Kindes abhing. Der Geist der Savanne duldet nicht die Macht des gleißenden Metalles, und in den »
dark and blooty grounds
« wiegt Jeder grad so schwer wie die Gefahr, der er die kühne Stirn zu bieten wagt. –
Die Gum
Ein Abenteuer aus der Sahara von Karl May
1.
Assad Bei, der Heerdenwürger
Zwischen dem Gebiete des Mittelmeeres und der eigentlichen Sahara, also zwischen dem Sinnbilde der Fruchtbarkeit, der Civilisation und dem Zeichen der Unfruchtbarkeit, der Barbarei, liegt die nordafrikanische Steppe, welche vom atlantischen Oceane bis zum indischen Meere reicht. Eine breite Reihe von Hochebenen und nackten Höhenzügen bildend, deren kahle Berge aus den unbelebten Gewässern salziger Seen emporsteigen, ist sie im Sommer von den Zelten und Heerden wandernder Araberstämme bedeckt, während sie im Winter öde und verlassen unter der Decke des auch hier fallenden Schnee’s liegt.
Die Cultur hat es nicht
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