Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Gitano. Abenteuererzählungen

Der Gitano. Abenteuererzählungen

Titel: Der Gitano. Abenteuererzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
meinen Angelegenheiten schon selbst fertig!«
    »
Good lack,
klingt das wichtig! Doch will ich verständig sein und Euch hundertfünfzig Dollars bieten.«
    »Ist mir nicht feil, das Pferd.«
    »Hundert fünfundsiebenzig!«
    »Ist mir nicht feil!«
    »Zwei Hundert, aber nicht fünf Cents mehr.«
    »Ist mir nicht feil, zum dritten Male; und nun laßt mich in Ruhe!«
    »Ihr seid ein Grobian, der froh sein sollte, wenn ein Gentlemen ihm zu einem ganzen Zeuge verhilft. Wißt Ihr das?«
    »Pah!«
    Ich begnügte mich, diesen einen Laut auszusprechen, trotzdem ein Anderer jedenfalls zur Waffe gegriffen hätte.
    Meine Meinung über das Duell, über Beleidigung und Genugthuung waren eben nicht die landläufigen, und wer daheim ein Paar arme, alte Eltern hat, welche ihre ganze Hoffnung allein nur auf ihn gesetzt haben, der setzt sein Leben nur dann ein, wenn es sich um Würdigeres als die Fausthöflichkeit eines Hinterwäldlers handelt. Freilich mußte mich diese Selbstbeherrschung in den Verdacht eines Feiglings bringen; aber das Urtheil dieser Leute konnte mir ja sehr gleichgültig sein.
    Ein Wesen gab es allerdings, dessen Meinung mich nicht empfindungslos lassen konnte, und das war Ellen, wie sie von Forster genannt worden war. Sie hatte unserem kurzen Wortwechsel eine gespannte Aufmerksamkeit gewidmet und jedenfalls ganz bestimmt erwartet, daß ich losbrechen werde. Als das aber nicht geschah, sah ich einen Zug der Enttäuschung über ihr schönes Angesicht gehen, und es lag eine sichtbare Zustimmung in ihrem Blicke, als Forster, verächtlich die Achsel zuckend, meinte:
    »Ein Coyote (Schakal), mehr nicht. Laßt ihn stehen, Leute!«
    Trotz dieser neuen und größeren Beleidigung hielt ich an mich, und nun war es wirklich die ausgesprochenste Verachtung, mit welcher sich das Mädchen zur Seite wandte und ihren Verwandten zum Aufbruche mahnte.
    Mein Auge folgte ihr, bis die letzte Falte ihres Kleides verschwunden war, und dann überkam mich eine Bitterkeit, wie ich sie in meinem ganzen Leben noch nicht empfunden hatte. Ganz gewiß war nur ich allein Schuld an der Unbill, die mir widerfahren; aber warum war ich doch nur so besonnen und überlegsam! Ein Wenig Jähzorn, ein Wenig Leichtsinn ist oft nicht so ganz am unrechten Platze.
    So dachte ich in meinem Unmuthe und erhob mich endlich, um denselben im Handel vielleicht zu vergessen.
    Als ich mich mit dem Nöthigen versehen hatte und dem Wirthe die geforderte Summe vorzählte, fragte er:
    »Wollt Ihr für diese Nacht nicht dableiben? Man wird bei mir gut bedient!«
    »Danke; schwärme nicht für Eure Bude.«
    »Könntet aber doch dableiben, Mann, nicht blos für heute, sondern für morgen und übermorgen und immer. Ich brauche einen Boardkeeper, der nicht gleich d’reinspringt, wenn er einen Tritt bekommt oder zwei. In unserem Geschäfte ist die Ambition oft ein recht überflüssiges und schädliches Ding. Wie gesagt, Ihr könntet hier bleiben; denn ich meine, Ihr seid der beste Mann dazu.«
    Eigentlich hätte ich den scharfsinnigen Landlord (Gastwirth)
par figura
belehren sollen, daß er sich sehr in mir geirrt habe; doch war die Offerte wirklich mehr lächerlich als ärgerlich, und so ließ ich ihn ruhig stehen und trat in’s Freie, wo Swallow immer noch meiner wartete.
    Der Abend hatte sich mittlerweile über das Thal gebreitet, und es war ziemlich dunkel geworden. Mir war die Lust vergangen, an meiner ursprünglichen Absicht, zu bleiben, festzuhalten. Pferd und Reiter hatten sich ausgeruht, und so konnte es heute noch ein Stück in die offene Prairie hineingehen, wo es sich jedenfalls angenehmer schlafen ließ als in dem nach Petroleum duftendem Thale. Zuvor aber trieb es mich die kurze Strecke abwärts, nach dem Wohngebäude zu, welches ich am Nachmittage von der Höhe aus gesehen.
    Der Weg führte dem Flusse entlang, und was ich vorher nicht bemerkt, das fiel mir jetzt, wo meine Aufmerksamkeit nicht von der schönen Begleiterin in Anspruch genommen wurde, sofort auf, nämlich daß in der Nähe des Wassers sich der Oelgeruch verstärkte und der Fluß also eine nicht unbedeutende Quantität des Brennstoffes mit sich führen müsse.
    Der Gebäudecomplex lag vollständig schwarz vor mir, aber als ich eine leichte Krümmung des Weges hinter mir hatte und nun das Herrenhaus von vorn nehmen konnte, fiel heller Lichtesglanz von der Veranda herüber, und ich sah, daß dort eine kleine Gesellschaft versammelt sei. Ich sprang vom Pferde, welches ich an eine Fenzstange band und

Weitere Kostenlose Bücher