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Der Gitano. Abenteuererzählungen

Der Gitano. Abenteuererzählungen

Titel: Der Gitano. Abenteuererzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wenn es Dasselbe thut, was sonst nur dem Manne gestattet ist?«
    » Hassens werth, nein,« antwortete ich, die beiden ersten Sylben betonend; »aber der Haß ist nicht das Einzige, was man gewöhnlich zu vermeiden strebt.«
    Eine ganze Weile verging im Schweigen, ehe sie den Blick wieder erhob und ihm voll und groß auf mich richtete.
    »Ihr urtheilt nach dem Augenblicke und legt den Maßstab der Gewöhnlichkeit an Verhältnisse, welche mehr als ungewöhnlich sind. Ihr sollt erfahren, welche Ereignisse es gewesen sind, die meinem Leben den Wahlspruch der Rache und des Kämpfes gegeben haben; jetzt aber kommt; wir dürfen nicht unvorsichtig oder nachlässig sein.«
    Wieder ging es vorwärts. Wir entfernten uns jetzt vom Flusse und schritten leicht zwischen den schlanken und freien Stämmen des Hochwaldes hin, welcher ein dichtes, grünes Dach über den mit feuchtem Moose überzogenen Boden wölbte, in Folge dessen weicher Beschaffenheit wir die Fußeindrücke ohne besonderen Scharfsinn erkennen konnten.
    Da blieb Ellen, welche immer noch voranschritt, stehen. Es waren jetzt die Spuren nicht von zwei, sondern von vier Männern zu erkennen, welche zusammen gegangen waren und sich hier getrennt hatten. Die beiden von uns unschädlich Gemachten hatten die vollständige Kriegsbewaffnung getragen, und da ich annahm, daß eine größere Anzahl ihrer Stammesgenossen vorhanden sei, welche nur durch ein wichtiges Unternehmen veranlaßt sein konnte, einen so weiten Weg mitten durch das Gebiet feindlicher Horten zu machen, so kam ich jetzt auf den Gedanken, daß dieses Unternehmen vielleicht mit dem gestörten Bahnüberfalle in Verbindung stehe und einer jener Rachezüge sei, bei denen die Indianer Alles aufbieten, um eine erlittene Beleidigung oder einen gehabten Verlust quitt zu machen.
    »Was thun wir?« fragte Ellen. »Diese Spuren führen in der Richtung nach unserm Lager, welches wir der Entdeckung nicht aussetzen dürfen. Verfolgen wir sie, oder theilen wir uns, Sir?«
    »Und diese vierfache Spur geht jedenfalls zum Lager der Rothhäute, welche sich natürlich verborgen haben und die Rückkehr ihrer Kundschafter abwarten. Vor allen Dingen müssen wir dieses aufsuchen, um Gewißheit über ihre Zahl und Zwecke zu bekommen. Der Eingang zu unsrer Ritterburg wird ja von einem Posten bewacht, der das Seinige schon thun wird, unser Geheimniß zu bewahren.«
    »Ihr habt Recht. Gehen wir vorwärts!«
    Der Wald lief von der Höhe, zu welcher das Flußthal emporstieg, eine ansehnliche Strecke in die Ebene hinein und war von tiefen, felsigen Rinnen durchschnitten, in welchen Farrenkraut und wildes Beergesträuch üppig wucherte. Eben nahten wir uns leise einer dieser Einsenkungen, als ich einen brenzlichen Geruch bemerkte und, dadurch aufmerksam gemacht, sodaß ich mit schärferen Blicke die Waldung zu durchdringen suchte, eine leichte, dünne Rauchsäule wahrnahm, welche, oft unterbrochen oder auch ganz verschwindend, in spielender Bewegung grad vor uns zu den Baumkronen in die Höhe stieg.
    Dieser Rauch konnte nur von einem Indianerfeuer kommen; denn während der Weiße das Holz gleich in seiner ganzen Länge in die Gluth wirft und dadurch eine breite und hochleckende Flamme hervorbringt, welche stets eine ansehnliche und oft verrätherische Menge Rauches erzeugt, schiebt der Wilde die Scheite nur mit den Spitzen in das Feuer, wodurch nur eine kleine Flamme mit kaum wahrnehmbarem Rauche entsteht. Winnetou hatte mich auf das Vortheilhafte der letzteren Weise aufmerksam gemacht und wiederholt gesagt: »Mein Bruder macht mit seinem Feuer so viel Hitze, daß er sich nicht daran setzen kann, um sich zu wärmen.«
    Ich hielt Ellen zurück und machte sie auf meine Bemerkung aufmerksam.
    »Steckt Euch hinter jenes Gestrüpp, Miß; ich werde mir die Leute ansehen!«
    »Warum nicht auch ich?«
    »Einer genügt; bei Zweien ist die Gefahr des Entdeckens eine doppelt große.«
    Sie nickte zustimmend und schritt, behutsam jede Spur verwischend, seitwärts, während ich, von Stamm zu Stamm Deckung suchend, gegen die Rinne schlich.
    Auf dem Grunde derselben saßen und lagen eng aneinander gedrängt eine solche Menge der Rothhäute, daß sie die Vertiefung kaum zu fassen vermochte; unten am Ausgange derselben stand bewegungslos wie eine eherne Statue, ein junger, langhaariger Bursche, und auch hüben und drüben am Rande bemerkte ich Wachen, denen mein Nahen glücklicher Weise vollständig entgangen war.
    Ich versuchte, die Lagernden zu zählen und

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