Der Gitano. Abenteuererzählungen
welche uns Gelegenheit bot, eine ansehnliche Biberkolonie zu beobachten.
Ein breiter, für einen vorsichtigen menschlichen Fuß gangbarer Damm war weit in das Wasser hinein gebaut, und die vierfüßigen Bewohner desselben waren eifrig beschäftigt, ihn zu befestigen und zu vergrößern. Drüben am andern Ufer sah ich eine Anzahl der fleißigen Thiere bemüht, vermittelst ihrer scharfen Zähne schlanke Stämmchen so zu durchnagen, daß sie in das Wasser fallen mußten; andere waren mit dem Transporte dieser Bäume beschäftigt, die sie schwimmend vor sich herschoben, und noch andere beklebten den Bau mit fettem Erdreiche, welches sie vom Ufer herbeibrachten und vermittelst der Füße und des breiten, als Kelle gebrauchten Schwanzes an das Holz-und Strauchwerk befestigten.
Mit regem Interesse betrachtete ich das Treiben des regsamen Völkchens und hatte ganz besonders meine Aufmerksamkeit auf ein ungewöhnlich großes Exemplar gerichtet, welches in wachsamer Haltung auf dem Damme saß und allem Augenscheine nach als Sicherheitsposten fungirte. Da plötzlich spitzte der dicke Kerl die kurzen Ohren, machte eine halbe Drehung um seine eigene Achse, stieß den schon erwähnten Warnungsruf aus und war im nächsten Augenblicke unter dem Wasser verschwunden.
Im Nu folgten die Andern nach, und es war höchst posierlich zu sehen, wie sie beim Untertauchen den Hinterkörper in die Höhe warfen und der Wasserfläche mit dem platten Schwanze einen Schlag versetzten, daß es weithin schallte und das Wasser hoch in die Höhe spritzte.
Freilich war es nicht Zeit, sich humoristischen Betrachtungen hinzugeben; denn diese unerwartete Störung konnte blos durch das Nahen eines feindlichen Wesens hervorgerufen worden sein, und der größte Feind dieser friedlichen und so sehr gesuchten Thiere ist – der Mensch.
Noch war deßhalb der letzte der Biber nicht unter der Wasserfläche verschwunden, so lagen wir schon, die Waffe in der Hand, unter den tief herabhängenden Zweigen einiger Pinien und erwarteten mit Spannung das Erscheinen des unwillkommenen Gastes. Nicht lange dauerte es, so bewegten sich eine Strecke aufwärts von uns die Spitzen des Röhrichts, und nur wenige Augenblicke später sahen wir zwei Indianer schleichenden Schrittes am Ufer herabkommen. Der Eine hatte mehrere Fallen über der Schulter hangen; der Andere trug eine Anzahl Felle, beide aber waren vollständig bewaffnet und beobachteten eine Haltung, welcher man es anmerkte, daß sie sich in Feindesnähe wußten.
»
Zounds!
« zischte Sam durch die Zähne; »sind die Schurken über unsre Fallen gerathen und haben geerntet, wo sie nicht gesät haben, wenn ich nicht irre. Wart, Ihr Hallunken, meine Liddy hier mag Euch sagen, wem die Eisen gehören und die Pelze!«
Er nahm die Büchse langsam auf und machte sich schußfertig. Ich traute wirklich dem alten Kanonenrohre keinen nur einigermaßen leidlichen Schuß zu und war auch von der Nothwendigkeit, die beiden Rothhäute ohne Lärmen niederzustoßen, so sehr überzeugt, daß ich den alten Trapper am Arme faßte. Auf dem ersten Blicke hatte ich bemerkt, daß es Ogellalla’s seien, und die schwarze Tätowirung ihres Gesichtes gab mir die Gewißheit, daß sie sich nicht auf einem Jagdzuge, sondern auf dem Kriegspfade befanden. Sie waren also nicht allein in der Nähe und jeder Schuß konnte ihnen Helfer oder doch wenigstens Rächer herbeirufen.
»Nicht schießen, Alter! Nehmt das Messer. Sie haben den Kriegspfeil ausgegraben und sind also wohl nicht nur zu Zweien.«
Der kleine, schießlustige Mann sah mich mit einer eigenthümlich zweifelhaften Miene an und entgegnete:
»Das sehe ich natürlich auch, sollte ich meinen, und freilich ist es besser, sie im Stillen auszulöschen; aber mein alter ›Kneif‹ (Messer) ist zu sehr abgeschliffen, als daß er sich durch zwei solcher Männer hindurchbeißen könnte.«
»Pah! Ihr nehmt den Einen und ich den Andern;
come on!
«
»Hm! Viere von unsern besten Fallen; kostet jede drei ein halb Dollars. Würde mich freuen, wenn sie zu den gestohlenen Häuten noch ihre beiden eigenen Felle hergeben müßten, meine ich; aber wenn Euch eins von ihren Messern in die Seele fährt, Sir, dann habt Ihr Eure letzten Boudins gegessen, wenn ich mich nicht irre!«
»Vorwärts, Mann, ehe es zu spät ist!«
Die beiden Indianer standen jetzt, von uns abgewendet, grad vor uns und suchten nach Fußspuren im Boden. Leise, leise schob ich mich, die Büchse zurücklassend und das Messer zwischen
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