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Der Gladiator

Der Gladiator

Titel: Der Gladiator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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Geruch des Bullen in seine Nase. Während die Zuschauer tobten, schnupperte der Gladiator in die Richtung, in der sich der Stier zum neuen Angriff duckte. Er mußte ihn am Hals oder an den Hörnern zu fassen bekommen, nur dann hatte er die Chance, das Tier zu erdolchen. Er zog den Dolch. Breitbeinig, mit angewinkelten Armen stand der Gladiator da und lauerte in die Dunkelheit um sich. Da – ein neuer Anlauf.
    Vitellius hörte ihn kommen, hielt den Dolch in die Richtung. Aber noch ehe er zustoßen konnte, hatte ihm der Stier den Schädel in den Leib gerammt. Vitellius sackte zusammen, die Bestie nahm den Gladiator auf die Hörner, ein Ende bohrte sich tief in seine Eingeweide, ein Blutstrom schoß über die Augen des Tieres, das dadurch nur noch wilder wurde. Es warf Vitellius mit einem Ruck ab und spießte den Gladiator, noch ehe er sich befreien konnte, ein zweites Mal auf.
    Einige Ehrengäste im unteren Rang des Amphitheaters wandten sich entsetzt ab, als sie sahen, daß die Eingeweide des Gladiators, der noch immer Lebenszeichen von sich gab, über den Kopf des Tieres baumelten. Wieder warf das Tier seine Last ab, spießte den Gladiator von neuem auf. Der Sand in der Mitte der Arena färbte sich dunkel.
    Erst als der Gladiator oder das, was von ihm übrig geblieben war, kein Zeichen von Leben mehr von sich gab, ließ der Stier von seinem Opfer ab. Sklaven trieben ihn mit langen spitzen Stangen unter dem Beifall des Publikums hinter das Gittertor zurück.
    Auf den Rängen wurde Honiggebäck verteilt, und der Quästor ging im Unterraum der Arena zur Programmtafel und malte hinter den Namen Vitellius ein großes P. Es bedeutete periit, gefallen. Sklaven in der Maske von Unterweltgottheiten zogen den Leichnam des Vitellius mit Haken aus der Arena und warfen ihn in das Spolarium, wo alle Gladiatoren endeten.
    Gaius Vitellius war der erste von zweitausend Gladiatoren, die bei der Einweihung des Flavischen Amphitheaters im Jahre 80 n. Chr. den Tod fanden. Unter Kaiser Honorius (393–423) wurden die grausamen Gladiatorenkämpfe verboten. Die letzte Tierhetze fand 523 n. Chr. statt.

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