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Der gläserne Schrein (German Edition)

Der gläserne Schrein (German Edition)

Titel: Der gläserne Schrein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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eingenickt sein, denn als der Riegel an der Tür über das Holz ratschte, fuhr sie erschrocken hoch. Ängstlich starrte sie der Gestalt entgegen, die nun die Getreidekammer betrat. Als sie sie erkannte, wurde sie blass. «Ihr auch?», fragte sie entsetzt. 
***
    «Während der Nacht ist er mehrmals kurz aufgewacht», erklärte Amalrich mit einem erneuten Blick auf van Weyms. «Er redete wirres Zeug, zumindest dachte ich das zuerst. Er nannte immer wieder den Namen Wilhelm von Berg und murmelte etwas von einer Krönung, die verhindert werden müsse.»
    Christophorus blickte ratlos auf den Bewusstlosen nieder. «Wilhelm von Berg? Der Bischof von Paderborn?»
    Amalrich lächelte. «Ich sehe, Ihr kennt Euch aus. Dann wisst Ihr auch, was die Spatzen von den Dächern pfeifen – nämlich dass Wilhelm ganz wild darauf ist, Erzbischof von Köln zu werden, wenn Friedrich von Saarwerden einmal nicht mehr ist.»
    Verwundert blickte Christophorus den alten Pilger an. «Es wundert mich, dass Ihr so etwas wisst. Was soll das alles mit der Krönung des Königs zu tun haben?»
    Amalrich legte den Kopf zur Seite. «Man sagt, Wilhelm hält es mit Papst Gregor, der König hingegen mit dem Gegenpapst Johannes.»
    Christophorus starrte ihn an, dann schlug er sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. «Das Konzil!», rief er. «Wilhelm will die Pläne des Königs durchkreuzen!» Mit wenigen Schritten war er beim Ausgang. «Ich muss sofort in die Stadt zurück», sagte er.
***
    Im Laufschritt hatte sich Christophorus auf den Weg nach Aachen gemacht, doch nun kam er nicht weiter. Er hatte das große Marschiertor gemieden, weil er befürchtete, dort Hyldeshagen in die Arme zu laufen. Stattdessen hatte er sich entschieden, die Stadt durch das wesentlich kleinere Wirichbongartstor zu betreten. Hier hatte sich ausgerechnet eine Gruppe von Musikanten eingefunden, die offenbar auf dem Weg zum Marktplatz waren und am Tor nun eine erste Vorführung ihrer Künste darboten. Eine bunte Menschenmenge war trotz der frühen Stunde und der frostigen Kälte zusammengelaufen und bejubelte die lustigen Melodien.
    Unter Einsatz seiner Ellenbogen versuchte Christophorus, sich durch den Engpass am Tor zu schieben, und heimste hierfür mehrfach ungehaltene Flüche ein. Dann jedoch hatte er es endlich geschafft, der Menschentraube zu entkommen. Er wandte sich in Richtung Parvisch, auf den die Straße, die er entlangging, genau zusteuerte. Entschlossen machte er einen Schritt vorwärts. Plötzlich wurde er von einer Hand aufgehalten, die sich schwer auf seine Schulter legte.
    Erschrocken fuhr er herum und starrte genau in Hartwig Schrengers zornverzerrtes Gesicht. «Da seid Ihr ja, Bruder Christophorus. Und ganz wohlauf, wie mir scheint.» Marysas Vetter winkte einem Mann neben sich, der Christophorus daraufhin grob packte und festhielt. «Ganz Aachen sucht bereits nach Euch, wisst Ihr das?» Hartwig stieß ihm eine Hand vor die Brust. «Wo steckt Marysa? Was habt Ihr mir ihr gemacht? Ich warne Euch, wenn Ihr Marysa auch nur ein Haar gekrümmt habt …» Ohne den Satz zu vollenden, rammte Hartwig ihm unerwartet die Faust in den Magen.
    Röchelnd ging Christophorus in die Knie, doch sofort zog der Knecht ihn wieder hoch. Hartwig holte erneut zum Schlag aus, aber diesmal schaffte es Christophorus, ihm auszuweichen. Dadurch stürzte er erneut zu Boden und riss den Knecht mit sich. Da dieser ihn nun losließ, rappelte Christophorus sich hastig auf und starrte Hartwig wütend an. «Seid Ihr übergeschnappt, Meister Schrenger? Ich habe nichts mit Marysas Verschwinden zu tun, sondern bin selbst auf der Suche nach ihr.»
    Hartwig trat, da Christophorus wieder auf den Beinen war, vorsichtshalber ein Stück vor ihm zurück. Seine Stimme nahm jedoch einen höhnischen Unterton an. «Ach? Wo habt Ihr die letzten beiden Tage gesteckt, wenn ich fragen darf?»
    Der Knecht näherte sich Christophorus erneut, um ihn zu packen, doch dieser wich ihm geschickt aus. «Das fragt lieber den sauberen Meister Hyldeshagen», antwortete er gereizt und rieb sich die Stelle, an der ihn der Fausthieb getroffen hatte.
    «Den Goldschmied?» Nun war Hartwig ganz offensichtlich verblüfft, und auch sein Knecht vergaß, ihn erneut anzugreifen.
    Mit wenigen Worten berichtete Christophorus, was ihm widerfahren war und was er von Hyldeshagen erfahren hatte. Dabei sah er Hartwig dessen Zweifel sehr genau an. «Wenn Ihr mir nicht glaubt, so könnt Ihr den alten Amalrich fragen. Er wird Euch

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