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Der gläserne Schrein (German Edition)

Der gläserne Schrein (German Edition)

Titel: Der gläserne Schrein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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untergeschlüpft ist, scheint ihm das Leben im Kreise seiner Mitbrüder nicht mehr zuzusagen. Hat er vielleicht die Stadt verlassen?»
    Barnabas verneinte. «Wir haben an allen Toren nachgefragt. Nirgendwo erinnert sich einer der Torwächter an einen Dominikaner. Er muss noch in Aachen sein.»
    «Dann findet ihn endlich!», schnauzte der Geistliche.
    «Soll ich ihn, wenn ich ihn finde, gleich zu seinem Schöpfer zurückschicken?»
    Der Geistliche hatte sich bereits zum Gehen gewandt, drehte sich jetzt aber nochmals um. «Nein», antwortete er scharf. «Zuerst will ich wissen, wer ihn auf uns angesetzt hat.» Ein gehässiges Lächeln erschien auf seinen Lippen. «Ich könnte mir vorstellen, dass es seine Zunge beflügelt, wenn wir die Witwe Markwardt stückchenweise vor seinen Augen auseinandernehmen.»
    Barnabas grinste wölfisch. «Ihr scheint recht ausgefallene Gelüste zu verspüren.»
    Der Geistliche schüttelte den Kopf, sein Lächeln schwand. «Keine Gelüste, Barnabas. Ich weiß nur, wie man Menschen zum Reden bringt.»

41. KAPITEL
    Erst am Morgen des nächsten Tages, die Sonne war gerade aufgegangen, hörte Christophorus wieder Geräusche vor der Tür. Rasch stand er auf und lauschte, gleichzeitig umfasste er das primitive Seil mit dem dick verknoteten Ende fester, das er sich mit großer Mühe aus seinem in Streifen gerissenen Skapulier gefertigt hatte.
    Christophorus hielt den Goldschmied inzwischen für vollkommen übergeschnappt. Wie sonst war zu erklären, dass er ihn hinterrücks überfallen und in ein Verlies gesperrt hatte, um an Informationen über die Giftmischer zu gelangen? Offenbar war seine Wut auf Bardolf nach dessen Freilassung in Angst umgeschlagen, jemand könnte herausfinden, dass Hyldeshagen den ersten Unfall in der Chorhalle provoziert hatte. Vielleicht glaubte er, damit auch in Verdacht zu geraten, die anderen Anschläge verübt zu haben. Er knirschte mit den Zähnen. Wenn Hyldeshagen tatsächlich nur den ersten Anschlag verübt hatte, war der Verdacht, dass jemand die Arbeiten an der Chorhalle sabotieren wollte, berechtigt. Zwar leuchtete ihm noch immer nicht ein, was der Grund dafür sein könnte, doch war er sich inzwischen einigermaßen sicher, dass der Baumeister, Bruder Jacobus, etwas damit zu tun haben musste. Weshalb hatte er an jenem Abend in Burtscheid das Habit eines Dominikaners getragen?
    Christophorus war wild entschlossen, Hyldeshagen zu überwältigen, sollte dieser auch nur den kleinen Finger in die Kammer strecken. Der Goldschmied machte aber keinerlei Anstalten, die Tür zu öffnen. Angestrengt lauschte Christophorus auf die Geräusche, die von draußen an sein Ohr drangen, dann hörte er plötzlich eine heisere Stimme. «Bruder Christophorus, seid Ihr dadrinnen?»
    Er trat nah an die Tür heran und umklammerte das Seil noch fester. «Wer ist da?»
    «Amalrich. Wartet, ich öffne Euch die Tür.»
    Ein lautes Scharren war zu hören. Plötzlich sprang die Tür nach innen auf, und der alte Bettler streckte den Kopf in die Kammer. «Kommt schnell mit hinaus», raunte er. «Hyldeshagen ist sicher schon wieder auf dem Weg hierher.»
    «Wie habt Ihr mich gefunden?», wollte Christophorus verblüfft wissen und folgte dem Alten durch einen langen Gang, von dem mehrere verschlossene Türen abzweigten. An der Treppe, die hinauf ins Erdgeschoss führte, blieben sie stehen und lauschten.
    «Das war gar nicht so einfach», antwortete Amalrich leise. «Als ich erfuhr, dass die Witwe Markwardt verschleppt worden sein soll und man auch nach Euch sucht, begann ich mir Sorgen zu machen. Immerhin hatte ich mitbekommen, dass Ihr versucht, die Unfälle in der Chorhalle aufzuklären.»
    «Ihr habt Eure Augen und Ohren überall», stellte Christophorus fest.
    Amalrich zuckte mit den Schultern. «Ich bin nicht zufällig so alt geworden.» Ein kurzes Lächeln sträubte seinen weißen Bart. «Ich ging ebenfalls auf die Suche nach Euch, aber nirgendwo gab es eine Spur.» Rasch ging er voran die Treppe hinauf, blickte sich oben kurz um und winkte Christophorus dann, ihm durch einen Seitenausgang in eine schmale Gasse zu folgen.
    «Wo sind wir hier?», wollte Christophorus wissen, beantwortete sich die Frage jedoch selbst, als sie auf eine breite Straße einbogen und sein Blick auf die nicht weit entfernt liegende Burg Frankenberg fiel. «In Burtscheid?»
    Amalrich nickte. «Das Haus, in dem Ihr eingesperrt wart, gehört Ansem Hyldeshagen. Aber dass er es war, der Euch entführt hat, wäre mir

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