Der gläserne Wald
Soldaten wirklich seine bezahlte halbe Minute vor dem Bullauge verbringen, denn von hinten stießen und drängten die Kameraden ungeduldig nach. Es gab auch nicht allzu viel zu sehen draußen, denn das Licht der aufgehenden Sonne schien direkt in die beiden Fenster und blendete die an ständiges Dämmerlicht gewöhnten Menschen.
Bald fanden die Soldaten heraus, dass ihre Unteroffiziere nichts dagegen einzuwenden hatten, wenn man sich ein zweites und drittes Mal anstellte, und so gab es manchen, der an diesem einen Vormittag seine gesamten Prophi-Ersparnisse verschleuderte. Niemand machte sich deshalb Sorgen, denn es hieß, dass draußen ein Paradies auf sie warte, in dem es keine Not mehr gebe.
Thomal, den sie den Schweigsamen nannten, hatte sich den ganzen Vormittag zurückgehalten. Er war einer der Älteren unter den Soldaten und machte den Flug nach Ne Par schon zum vierten Mal mit. Er hätte schon längst Unteroffizier sein können, wenn er nicht so eigensinnig und voller Verachtung für die Hierarchie der militärischen Ränge gewesen wäre.
Thomal saß an seinem Platz auf dem Boden zwischen den Sicherheitsgurten und starrte in die zuckenden Lichtmuster, die vom Fenster her bis dicht an ihn heranreichten. Er hatte sich das Sturmgepäck in den Rücken geschoben, um sich ein bisschen anlehnen zu können, und wünschte sich, auch am Fenster zu stehen, um die Welt draußen zu betrachten; aber er hatte schon zu oft das Elend der Männer gesehen, die keine Prophi-Tabletten mehr besaßen. Er glaubte nicht so fest an einen raschen Sieg wie seine Kameraden. Vor allem wusste er, dass auch ein Sieg die Bedeutung der Prophi-Tabletten nicht mindern würde, denn auf Ne Par mochte es genug von diesem Zeug geben, was davon jedoch nach Adapor gelangte, wurde durch die Ladekapazität der Schiffe begrenzt. Das wussten natürlich auch die Unteroffiziere, deshalb kassierten sie die Soldaten ab.
Träumend schloss Thomal die Augen, sah durch die Lider die Helligkeit und vergegenwärtigte sich dabei die Szenen, deren er sich von seinem letzten Ne-Par-Aufenthalt erinnerte. Damals hatte man noch ängstlich vermieden, den Eindruck militärischer Stärke zu erwecken. Die Wachsoldaten durften nur mit Stöcken und Schilden bewaffnet die Rampen bewachen und mussten es den Spielzeugsoldaten der Eingeborenen überlassen, für die Ordnung beim Tausch zu sorgen. Trotz ihrer lächerlichen Kleidung und Bewaffnung waren die Eingeborenenkrieger mit dieser Aufgabe erstaunlich gut fertig geworden.
Thomal teilte nicht so ganz die Verachtung, die seine Kameraden für die Krieger des Fürsten von Zaina an den Tag legten. Offensichtlich waren das gut gedrillte Männer, die sich diszipliniert und furchtlos in der Nähe der großen Schiffe bewegten, als seien sie wirklich die Herren und nicht die Soldaten von Adapor.
In einem waren ihnen diese Ne Paresen weit überlegen, dachte Thomal, sie hatten schon gekämpft und getötet. Thomal fühlte sich erbärmlich elend, wenn er daran dachte, auf die heranmarschierenden Eingeborenen schießen zu müssen, wie ihre braunen Leiber von den Strahlen der Lasergewehre zerschnitten und verbrannt würden. Aber dann lächelte er. Bei allen Unterschieden, die es sonst gab, benahmen sich die Handelsherren und Offiziere der Ne Paresen genauso wie die Offiziere und Vornehmen auf Adapor, als ob auch sie richtige Menschen seien und keine primitiven Eingeborenen. Thomal hätte zu gern gewusst, ob dies von Natur aus so war, oder ob sie ihr Benehmen den Offizieren der Schiffsbesatzungen abgeschaut hatten.
Der Admiral der Raumpolizei, Franzik, erwachte aus schwerem, dumpfem Schlaf. Die Glieder und der Rücken schmerzten ihn. Dieser Raum …? Woher kannte er diesen ekelhaft hellbraun lackierten Raum?
Mit beiden Händen rieb er sich Augen und Stirn, um den Schlaf zu vertreiben. Schließlich sah er an sich hinab und erkannte die Uniform. Die schläfrige Benommenheit zerstob, klar und schockierend wurden ihm die Ereignisse des Vortages bewusst.
Sekundenlang blieb er bewegungslos sitzen, dann stand er mühsam auf, denn seine Arme und Beine waren eingeschlafen. Mit raschen stapfenden Schritten ging er im Büro auf und ab, um die Blutzirkulation zu beschleunigen.
Was sollte er jetzt unternehmen? Vor allem musste er sich mit der Flotte über Ne Par in Verbindung setzen und – wenn möglich – erfahren, was dort geschehen war und was geplant wurde, denn, wohin dies führen würde, war nicht abzusehen.
In den illusionslosen
Weitere Kostenlose Bücher