Der gläserne Wald
Händen, andere hatten Laserwaffen verschiedener Bauart bei sich und schossen damit sinnlos in der Gegend herum.
Der Kommandant gab Gefechtsalarm, unterließ es aber, die Strahlenschutzschirme zu aktivieren, denn noch bestand keine Gefahr für das Landungsboot, und er wollte die Szene weiter beobachten, was bei eingeschalteten Schutzschirmen nicht mehr möglich gewesen wäre. Weil sich der Kommandant den Einwohnern der Siedlung gegenüber zur Hilfe verpflichtet fühlte, und diese offenbar noch keine Ahnung von der sie bedrohenden Gefahr hatten, sondern friedlich zu schlafen schienen, schaltete er das markdurchdringende Heulen der Alarmsirenen auch auf die Außenbordlautsprecher. Da sah er, wie drüben auf einem Hügel sich die Gestalt eines Peitschenträgers erhob. Der Mann breitete gegen das Raumschiff die Arme aus, führte den Knauf der Peitsche zur Stirn und legte dann den Finger auf die Lippen, als wisse er, der einige Tage zuvor nicht einmal mehr gewusst hatte, was ein Raumschiff ist, dass die Männer im Raumschiff ihn sehen konnten.
Sofort schaltete der Kommandant die Außenlautsprecher wieder ab, und nach einer sekundenlangen Stille übertrugen die Mikrophone die neu erwachenden Geräusche der nächtlichen Welt. Der Peitschenträger drüben grüßte noch einmal und versank wieder in seiner Deckung.
Inzwischen waren die ersten Angreifer in ihrem stolpernden Galopp bis auf etwa fünfzig Meter an die Siedlung herangekommen, wo sich immer noch nichts regte. Nun konnte man auch vom Raumschiff aus die Gesichter einzelner aus der Menge erkennen, und der wachhabende Major gab den Eindruck aller wieder, als er zum Kommandanten sagte: »Diese Menschen sind zweifellos krank. Es muss auf New Paris zu einer weltweiten Epidemie gekommen sein. Darf ich vorschlagen, den Bordarzt heraufzubitten?«
Der Kommandant nickte abwesend, denn seine Aufmerksamkeit wurde schon wieder von den Ereignissen draußen gefesselt.
Wie ein Mann tauchten die sechzehn Peitschenträger der Siedlung aus ihren Verstecken auf und ließen die schweren Peitschenschnüre laut knallend auf die nächsten Angreifer klatschen. Erstaunlicherweise setzten sich diese nicht zur Wehr, obwohl sie mit ihren Strahlern besser bewaffnet waren als die Jünglinge mit ihren Peitschen.
Jetzt verließen die Peitschenträger ihre Positionen und begannen systematisch durch Peitschenhiebe und lautes Schreien einen Teil der heranflutenden Menge von den übrigen abzusondern und zusammenzutreiben. Der Raumschiffskommandant verfolgte kopfschüttelnd ihre Bemühungen und war fest davon überzeugt, dass es ihnen niemals gelingen könnte, denn unaufhaltsam stumpfsinnig drängten die anderen nach.
Obgleich der Kommandant schon jetzt einen erheblichen Respekt vor dem Mut dieser Mathematiker empfand, stand ihm die größte Überraschung noch bevor. In dem großen Steinhaus auf dem Hügel öffnete sich das Tor, und heraus watschelten auf gewaltigen krallenbewehrten Hinterbeinen zwei mächtige Fragons, jene fürchterlichen, fleischfressenden Flugdrachen.
Die Farmer auf New Paris hatten sie nie ganz ausgerottet, weil sie ihre Eier in so entlegenen Gebieten versteckten, dass sie manchmal nur durch Zufall gefunden wurden. Auch war ein Fragon selbst mit modernen Waffen nicht leicht zu erlegen. Im Laufe der Zeit hatten die Fragons eine regelrechte Taktik entwickelt, den Nachstellungen der Menschen zu entgehen. Sie kreisten nicht mehr wie früher hoch in den Lüften, wo man sie leicht mit Radar ausmachen konnte, sondern flogen niedrig, wenige Meter über dem Boden. Auch griffen sie bald keinen Menschen mehr an, als wüssten sie, dass sie einem ernstlichen Kampf mit dem Menschen nicht gewachsen wären.
Die andrängende Menge aber erstarrte beim Anblick der Fragons, die sich als dunkle Silhouetten gegen den gestirnten Nachthimmel abhoben. Ein entsetztes Seufzen durchlief ihre Reihen. Vom Raumschiff aus konnte man sehen, dass die beiden Tiere über ihrem Schuppenpanzer lederne Geschirre trugen, und dass auf dem Rücken eines jeden vier Männer saßen. Der Kommandant stellte fest, dass es die gleichen waren, die die Sänfte des Obersten Mathematikers getragen hatten.
Im Kommandoraum hätte man eine Stecknadel fallen hören können, wenn nicht hin und wieder einer der Offiziere, die vor Spannung das Atmen vergaßen, doch keuchend Luft geholt hätte.
Auf ein leises Zischen ihrer Reiter hin breiteten die Fragons mit einem peitschenden Knall die Flughäute aus und schwebten im gleichen
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