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Der gläserne Wald

Der gläserne Wald

Titel: Der gläserne Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinald Koch
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Augenblick schon in der Luft.
    Ein ausgewachsenes Fragon hat eine Flügelspannweite von mindestens fünfundzwanzig Metern und kann unter seinen Flughäuten einen Menschenkopf zerschmettern, ohne diese Berührung überhaupt zu spüren. So war es kein Wunder, dass die erstarrten Horden der Angreifer in panischer Flucht davonstoben, als sie die Fragons auf sich zugleiten sahen. Jedoch schienen auch die Fragonreiter keine andere Absicht zu haben, als die von den Peitschenträgern eingekreisten Menschen von den anderen zu trennen. Sie lenkten ihre Tiere in einem exakten Bogen so um den Kreis, den die Peitschenträger bildeten, dass von diesen keiner in Gefahr geriet, während sie sich nicht darum kümmerten, dass viele der Angreifer, die nicht rechtzeitig hatten fliehen können, unter den Fragonflügeln zerschmettert wurden.
    Nachdem die Absonderung der Angreifer beendet war, zogen die Reiter ihre Tiere in die Höhe und verfolgten die Masse der Fliehenden. Sie töteten dabei keinen ihrer Gegner mehr, sondern sorgten nur dafür, dass keiner in ihrer Gegend zurückblieb, indem sie Nachzügler und Versprengte zum großen Haufen trieben.
    Indessen drängten die 16 jungen Männer die Gefangenen mit ihren Peitschen unsanft in eine der Blockhütten. Es waren etwa dreißig Menschen, die da auf engstem Raum zusammengepfercht wurden. Die Tür wurde von außen verriegelt, dann gingen die sechzehn zu ihren eigenen Hütten und verschwanden darin, als sei nichts geschehen.
    Zwanzig Minuten später kehrten die Fragonreiter zurück. Sie umkreisten noch einmal die Siedlung und das Raumschiff und landeten auf dem Hügel vor dem Tor des Steinhauses. Wie überdimensionierte Enten watschelten die Tiere in ihren Stall, und gleich darauf wurde das Tor von innen geschlossen.
    Friedlich lagen der Strand und die Hügel im Licht der zahllosen Sterne, die wie Diamanten auf den Wellen des Meeres funkelten, und nur die 37 von den Fragons zerschmetterten Leichen zeugten noch davon, dass sich hier vor kurzem ein dramatischer Kampf abgespielt hatte.
    Erschüttert schauten sich die Offiziere im Kommandoraum des Beibootes an. Sie beschlossen, vor dem Morgen nichts zu unternehmen und beendeten den Alarmzustand.
    Am Morgen wurden sie wiederum Zeugen eines grausigen Schauspiels, das sie umso mehr entsetzte, als es sich dabei um einen auf dieser Welt anscheinend ganz normalen Vorgang handelte. Die acht Fragonreiter kamen und begannen die Leichen auf einen Haufen zu werfen, während zwei der Peitschenträger einen schweren Tisch herbeischleppten.
    Der Kommandant rief eilig den Arzt, und sie verließen in Begleitung von drei Polizeisoldaten und zwei Sanitätern das Schiff, um sich von den Mathematikern einen Körper zur Obduktion zu erbitten. Es musste ja auf jeden Fall zunächst geklärt werden, ob die Bevölkerung von New Paris an einer ansteckenden Seuche litt, und welches die pathologischen Symptome waren, die sie in der Nacht an den angreifenden Menschen beobachtet hatten.
    Als sie in der Nähe des Leichenhaufens angekommen waren, blieb der Kommandant stehen und sagte mit erhobener Stimme:
    »Es grüßt euch der Mund des Obersten Chemikers! Wir sahen euren Kampf heute Nacht. Auch ihr seid mächtige Männer.«
    Der nächststehende Mathematiker machte mit der Hand eine verächtliche Geste zu den Leichen hin.
    »Ein Fragonreiter des Obersten Mathematikers grüßt dich! Das war kein Kampf. Kämpfen kann man nur gegen Männer, das aber sind keine Männer sondern Farmer.«
    Verwundert dachte der Kommandant, wie schnell sich doch der Sprachgebrauch wandeln konnte. Hier wurde das Wort Farmer nicht mehr als Berufsbezeichnung gebraucht, sondern benannte ein ihm noch unbekanntes Gegenteil zu dem Wort Männer.
    »Waren die Farmer krank?« fragte er vorsichtig und hoffte, dass das Wort krank noch seine alte Bedeutung hatte. Doch der Fragonreiter sah ihn nur verständnislos an.
    »Wer kümmert sich darum, ob Farmer krank sind?« Erklärend fügte er hinzu: »Farmer sind so.«
    Daraus schloss der Kommandant, dass Menschen, die sich so benahmen, wie sie es in der vergangenen Nacht gesehen hatten, nicht krank sondern Farmer genannt wurden.
    Der Schiffsarzt war neben den Kommandanten getreten, und in dem Bemühen, sich der Sprache der Mathematiker anzupassen, sagte er: »Der Heilkünstler des Obersten Chemikers grüßt dich! Würdest du so freundlich sein und mir einen dieser Körper verkaufen, denn ich muss ihn auseinander schneiden, um sein Inneres zu sehen.«
    Der

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