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Der gläserne Wald

Der gläserne Wald

Titel: Der gläserne Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinald Koch
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Fren ihn seine Unvollständigkeit fühlen, doch war er diesmal fest entschlossen, sich nicht vom Ärger hinreißen zu lassen. Ja, er empfand fast ein gewisses Vergnügen an der Pein, die ihm ihr Blick bereitete.
    »Fren!« redete er sie an, und seine Stimme klang ein wenig flehend. Es war Jahre her, dass er sie nicht mehr einfach beim Namen genannt hatte. »Mit dem heutigen Tag ist meine Arbeit getan. Ich bin fertig. Noch kurze Zeit werde ich ein Symbol für Zaina sein, dann wird sich die Stadt von mir trennen und ihre eigenen Wege gehen, auf denen ich sie nicht mehr lenken kann. Ich habe dich hierher gebeten, damit du sehen kannst, ob die Opfer, die ich dir abgezwungen habe, einen Sinn gehabt haben oder nicht.«
    Er verhielt zögernd und suchte in ihrer Miene zu lesen, welchen Eindruck seine Worte auf sie gemacht hatten; aber da war nichts zu erkennen, und dennoch glaubte er, dass sie ihn jetzt anschaute, nicht mehr durch ihn hindurch.
    »Siehst du, Fren, du hast geglaubt, ich sei von Machtgier besessen. Das ist nicht richtig. Die Macht war da, die Priester hatten sie geschaffen zu einem bestimmten Zweck, und mich haben sie hineingestellt in die Macht und den Zweck. Die Erfüllung dieses Zwecks löscht mich aus.
    Ich habe einen Nachfolger bestimmt, der wahrscheinlich nur Regent sein wird. Er heißt Tolt und stammt aus der Kaste der Nägar. Ich bitte dich, nimm dich seiner an! Ich denke, er ist ein guter Mann, aber – sehr unerfahren, und er hat noch keine Ausbildung.«
    Fren hob erstaunt die Augenbrauen.
    »Meinst du es wirklich ernst, Ämar von Zaina?« fragte sie überrascht. »Hast du die ganze Zeit an einen Überfall durch die Großen Wagen geglaubt? Nein, mein Lieber, das nehme ich dir nicht ab. So uneigennützig kann selbst ein Fürst nicht sein!«
    Sie schüttelte heftig den Kopf, dann riss sie sich nach der Art der Marktweiber mit einer jähen Bewegung das Gewand über dem Busen auseinander, reckte ihm ihre Brüste entgegen und schrie:
    »Trink!«
    Der Fürst kannte diese ordinäre Aufforderung, die einem Mann zeigen sollte, dass er sich wie ein Säugling benommen hatte, und zugleich herausforderte, das Gegenteil zu beweisen. Hilflos und zutiefst verletzt saß er ihr gegenüber und wagte keine Bewegung. So verging eine qualvolle Minute, bis er plötzlich sich vor ihr niederkniete und seine Lippen um ihre Brustwarze schloss.
    Fassungslos schaute Fren auf den Fürsten hinab, der an ihrer Brust saugte. Sie warf ihren Kopf zurück und stöhnte, und sie erinnerte sich, dass dies der einzige Mann war, den sie je wirklich geliebt hatte, und zum ersten Mal empfand sie Mitleid mit seiner zerstörten Männlichkeit. Ihre Erregung löste sich. Sie ergriff seinen Kopf mit beiden Händen und hob zärtlich sein Gesicht, bis sie ihm in die Augen sah.
    »Auch ich, weißt du, auch ich … kann nicht … ich …«, sie hielt mit tränenerstickter Stimme inne und presste ihre Wange auf sein Haar. Hemmungslos weinte sie den Schmerz und die Enttäuschungen und die Erniedrigungen der vielen Jahre aus sich heraus, während deren sie keine Träne vergießen konnte.
    So saßen der Fürst und die Hohe Gemahlin eng umschlungen in der Sänfte und fanden Trost und Erfüllung, ohne dass ihre geschlechtliche Unfähigkeit ihre Liebe beeinträchtigt hätte. Der Wind auf dem Plateau wurde stärker und zerrte an den Tüchern der Sänfte. Ein paar Schritte davon entfernt stand der Kaptin auf seinen Speer gestützt und hielt Wache, und er dachte darüber nach, wie viel Zeit er noch habe, bis ihn der Ring töten würde, der sein Leben an das des Fürsten kettete.
     
    Nach Sonnenuntergang blieb die dunkle Granitplatte von Mo Pias noch eine Weile warm, doch der Wind wurde eisig und die Gesandten der Fürsten und Stämme zitterten vor Kälte und Angst, weil noch immer nicht das Ereignis eingetreten war, auf das sie inzwischen alle inbrünstig hofften. Je länger sie die militärische und politische Lage betrachteten, umso einleuchtender erschienen ihnen die Gedankengänge der Priester und des Fürsten von Zaina, und keiner konnte mehr recht sein anfängliches Misstrauen verstehen. Wenn doch nur endlich die Adaporianer angreifen würden!
    Später tauchten am Nachthimmel riesige dunkle Schatten auf, die sich dem Felsen von Ptolamära her näherten. Lautlos schwebten die Fragons heran, die nach ihrem Angriff auf die Helikopter in einem weiten Bogen übers Meer zurück nach Mo Pias geflogen waren. Der erste Reiter sprang von der Höhe seines Tieres

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