Der gläserne Wald
das von Mo Pias abfliegen will, von den Katapulten dort getötet.«
Ämar wies auf die Katapulte, die in weitem Kreis um die Herde der Fragons aufgebaut waren. Die Gesandten hatten die Katapulte natürlich schon bei ihrer Ankunft bemerkt, aber da sie sich für militärische Einrichtungen nicht interessierten, hatten sie nicht darauf geachtet, in welche Richtung die Maschinen zielten. Andererseits schienen sie von der Mitteilung des Fürsten nicht sonderlich überrascht. Lediglich der Unterhäuptling der Orolastämme, der dem Protokoll nach weit über einem Gesandten stand, meinte gelassen, dass es für den Fürsten günstiger sei, ihn bis Mitternacht heimfliegen zu lassen, da sonst unter Umständen die bei Orola versammelten Häuptlinge in das Gebiet der Monarchie Zaina einfallen könnten.
Der Unterhäuptling aus dem Orolagebiet konnte freilich nicht wissen, dass jede Wendung, die dieser Krieg bringen mochte, schon seit Jahren in zahllosen Planspielen durchexerziert worden war und dass in diesem Augenblick seinen undisziplinierten Stammeskriegern eine ganze Armee gegenüberstand. Darum war er sehr erstaunt, als ihm Ämar mitteilte, dass es auch im Interesse der Orolastämme günstiger sei, wenn dieser Fall nicht eintreten würde, weil die Monarchie Zaina gerüstet und einem solchen Angriff militärisch durchaus gewachsen sei.
Die übrigen Gesandten folgten aufmerksam dem Wortgefecht, und wenn bei ihrer Ankunft auf Mo Pias noch einige im Zweifel gewesen waren, was sie von dem angeblichen Angriff der Adaporianer halten sollten, so hatte sich inzwischen die Meinung aller dahingehend gefestigt, dass das Ganze eine abgekartete Sache war, nämlich ein Versuch des Fürsten von Zaina, die benachbarten Fürsten- und Stammestümer unter seine Oberherrschaft zu bringen. Nur dem etwas begriffsstutzigen Unterhäuptling aus dem Orolagebiet wollte es nicht einleuchten, dass ein Befehlshaber, dessen Hauptstadt von überlegenen Mächten – angeblich – angegriffen wurde, auch nur eine Hundertschaft zur Sicherung der Grenzen entbehren konnte.
»Da wir inzwischen mit offenen Karten spielen …« fuhr der Fürst mit gleich bleibend ruhiger Stimme fort, »leiht mir auch weiterhin eure geneigte Aufmerksamkeit, ihr werten Herren! Ich weiß, dass eure Fürsten mir so wenig trauen wie ihr. Ich weiß, dass sie es schon jetzt bereuen, die Großen Wagen von Adapor nicht wie in den anderen Jahren empfangen zu haben, so dass sie sich wieder auf ihrem Feuer erhoben und nach Zaina kamen. Ihr alle fürchtet, dass Zaina jetzt das große Geschäft mit Adapor allein machen will. Um das zu verhindern, sind die Truppen aller meiner Brüder in einem großen Halbkreis an unseren Grenzen aufmarschiert. Um den Seeweg zu blockieren, hat man – wie ich hörte – einige Piraten gewonnen. Nun, auch meine Truppen stehen an den Grenzen, denn ich habe nicht die Absicht, sie gegen die Großen Wagen zu führen.
Dies alles bestärkt euch natürlich in der Meinung, von mir betrogen worden zu sein. Ich bitte euch nur, zu bedenken, dass ich sicher nicht eure Herren alle auf einmal herausgefordert hätte, wenn ich sie unterwerfen wollte.
Und nun wird euch mein Kaptin im Gebrauch der Fernsehrohre unterweisen, die ich unter großen Kosten für euch anfertigen ließ.«
Der Fürst deutete auf mehrere lang gestreckte, blanke Zylinder, die dicht am Rand des Plateaus auf mannshohen Dreibeinen befestigt waren. Den Gesandten war es sichtlich unangenehm, so nah an den Abgrund zu treten, doch da ihnen außer dem Kaptin niemand folgte, überwanden sie ihre Furcht und jeder begab sich zu einem der Geräte.
Geduldig erklärte ihnen der Kaptin, dass sich in den goldenen Röhren geschliffene Gläser befänden, die die Kraft besäßen, weit entfernte Gegenstände so deutlich sichtbar zu machen, als ob sie viel näher wären.
Die Gesandten hörten ihm ebenso höflich wie geduldig zu, sie schauten interessiert durch die Röhren in die Ferne; erklärten danach aber einmütig, dass sie nicht bereit seien, den Zauberröhren zu trauen, denn wo Zauberei nun einmal im Spiel sei, müsse mit allem gerechnet werden.
»Und wer garantiert mir«, fasste tha Kien die Bedenken aller zusammen, indem er dem Kaptin herausfordernd in die Augen sah, »wer garantiert mir, dass ich in der Röhre das sehe, was in Wirklichkeit geschieht? Ich sehe jetzt schon in der Röhre mehr, als ohne sie zu sehen ist! Darin sieht jeder Pfeil wie eine Lanze aus! Nein, mir könnt ihr mit euren Zauberröhren nichts
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