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Der gläserne Wald

Der gläserne Wald

Titel: Der gläserne Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinald Koch
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einer Reihe hintereinander marschierten sie in westlicher Richtung weiter.
    »Sie marschieren in die gleiche Richtung wie wir«, stellte der Zenturio nachdenklich fest. »Vielleicht wollen sie nach Mo Pias. Dort muss sich ja vorgestern einiges ereignet haben!«
    Nachdem die Fremden verschwunden waren, fuhren die beiden fort, Ferschäpfel zu pflücken und zu den Soldaten hinunterzuwerfen. Sie hatten viel Zeit, mehr als die Adaporianer, die sich mühsam und ungeschickt durch das hohe Getreide vorarbeiteten.
    Als sie meinten, für die Verpflegung ihres Trupps hinreichend gesorgt zu haben, rutschten sie auf einem der Riesenblätter zu Boden.
     
    »Altar, ich hab’s!« rufe ich aus; doch dann ächze ich, denn ich habe versucht, begeistert auf die Füße zu springen, und das tut scheußlich weh in den Knien. Die Soldaten, die um mich herumstehen, sehen mich betroffen und mitleidig an, während ich mich mit gebeugten Knien mühselig aufrichte.
    Ich kann ihr Benehmen eigentlich nicht verstehen, ich hätte gelacht. Und ich muss tatsächlich lachen, wenn ich denke, wie komisch ich aussehe. Da fangen sie auch an zu grinsen, aber sie tun es sehr beherrscht, ja beinahe ehrfürchtig.
    Mir wird ein wenig unheimlich. Sie verhalten sich alle so eigenartig. Ich wende mich rasch an tha Barga: »Wir werden die Grube mit Wasser füllen!« stoße ich schroff hervor, dass er mich betroffen ansieht. »Wasser ist stärker als das Feuer, mit dem sie kämpfen.«
    »Dein Wille geschieht!« antwortet er mir begütigend. »Lassen wir die Pfähle, Wasser ist besser. Wasser werden sie auf jeden Fall brauchen, denn, wie ich sah, hatten sie nicht viel bei sich. Spätestens morgen früh werden sie eine Quelle oder einen Brunnen suchen.
    Ich kenne mich hier gut aus. In der Richtung, die sie eingeschlagen haben, werden sie vor Huldenhus kein Wasser finden, und das ist mindestens ein Tagesmarsch. Das schaffen sie nie. Wir könnten auf unseren Zinos heute Abend in Huldenhus sein. Mit einer Falle sind wir bis Mitternacht fertig!«
    Ich habe von Huldenhus schon viel gehört. Wenn jemand berichtet, dass er viel gereist ist, so erzählt er auch immer, er sei in Huldenhus gewesen.
    Das ist angeblich eine uralte Bauernsiedlung, die noch aus der Zeit vor dem Anfang stammt. Es heißt, die Gebäude seien im Laufe der Jahrhunderte schon fast im Erdboden versunken, so viel hätten Menschen und Wetter um sie aufgehäuft und liegengelassen; trotzdem seien die Häuser noch immer fest und gut genug, um darin zu wohnen und zu arbeiten.

Es gibt Huldenhus, kein Zweifel, jetzt sehe ich es mit eigenen Augen, auch die Quellen, deren Wasser aus den Wänden fließen. Es ist wirklich alles so, wie ich gehört habe. Man muss an einem silbern blinkenden Ding drehen, das wie ein Stern geformt ist, dann bewegt sich darunter eine fingerdicke Achse wie bei einem Wagenrad, und schon schießt das Wasser aus einer dünnen Silberröhre, die aus der Wand hervorsteht.
    Zuerst bin ich natürlich sehr erschrocken, aber wenn man sich daran gewöhnt hat, kommt es einem gar nicht mehr so zauberhaft vor. Ich könnte mir recht gut vorstellen, dass das Wasser in solchen Röhren von einem der nahen Hügel unterirdisch hergeleitet wird. So ähnlich hat man es ja wohl auch in Zaina gemacht. Wie das Wasser in der Röhre gestaut wird, interessiert mich. Ich würde es mir gerne einmal anschauen, aber man kann die Röhre nicht öffnen. Ich denke mir, dass sie in die Röhre ein winziges, kreisrundes Türchen hineingebracht haben, bei dem die Türangeln nicht seitlich, sondern in der Mitte sitzen. Dreht man nun oben an dem Griff, so bewegt man die Angel, und das Türchen öffnet oder schließt sich. Wenn ich einmal mehr Zeit habe, werde ich versuchen, so etwas zu bauen.
    Die Bauern hier haben uns voll Freude und Neugierde empfangen. Sie sind in ihrer Einöde von allen Nachrichten abgeschnitten und wissen doch, dass draußen Großes im Gang ist.
    Der Bauernmeister hätte am liebsten gleich nach unserer Ankunft eine Ratsversammlung auf dem Platz einberufen, aber er muss sich gedulden, bis die erschöpften Soldaten gegessen und getrunken haben, und bis ein Schlafplatz für jeden Mann hergerichtet ist, denn tha Barga hat seinen Männern auf dem ganzen Weg von Zaina her kaum Ruhe und Rast gegönnt. Dann kommen die Huldenhuser auf dem Platz zusammen, und es kommen alle, die gehen können: Männer, Frauen, Greise und Kinder.
    Altar hat mich gedrängt, dass ich zu ihnen spreche. Was soll ich sagen? Meine

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