Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der gläserne Wald

Der gläserne Wald

Titel: Der gläserne Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinald Koch
Vom Netzwerk:
wahrnehmen konnte.
    »Dann los!« kommandierte Thomal und rannte in weit ausholenden Sätzen über die immer noch dunkelrot glühende Schlacke. Keuchend atmete er die brennend heiße Luft ein und fühlte, wie seine Kraft mit jedem Atemzug geringer wurde. Er hatte keine Zeit, sich nach Manja umzuschauen, aber dem würde nichts anderes übrig bleiben, als ihm zu folgen, wenn er nicht auf der Transportplatte des Antigravkrans gebraten werden wollte.
    Kaum hatte Thomal den schwarzen Kreis der von den Düsen verbrannten Erde hinter sich gelassen, warf er sich zwischen die hohen Halme, deren Spitzen vom Gluthauch verkohlt waren, und zerrte das in der Hitze weich gewordene Plastikgewebe vom Körper. Auch sein Kampfanzug, den er darunter trug, war glühend heiß. Dicht neben Thomal wälzte sich Manja im Gras wie einer, dessen Kleidung brennt und der sie zu löschen versucht. Thomal kroch zu ihm und riss ihm den weißen Schutzanzug in Fetzen ab. Dann hörte er stolpernde Schritte. Gleich darauf stürzten sich die übrigen Männer seines Stoßtrupps zu beiden Seiten zwischen die Halme.
    »Auf!« befahl Thomal, nachdem sich alle seine Männer von den weißen Schutzanzügen befreit hatten. »Wir sind noch viel zu nahe beim Schiff.«
    Apathisch erhoben sie sich und liefen stolpernd und keuchend hinter ihm her, als hätten sie nur die eine Angst, ihn aus den Augen zu verlieren. Endlich fanden sie eine Mulde, die tief und weit genug vom Schiff entfernt war.
    Sie saßen da wie aufgeschreckte Kinder und tranken aus ihren Feldflaschen. Thomal wusste nicht, was er dagegen tun sollte, er hatte selbst grässlichen Durst. Schließlich trank er auch, aber so wenig wie möglich, denn wer wusste, wann sie genießbares Wasser finden würden.
    Donnernd startete das Landungsboot und überschüttete sie mit einem Schwall kochender Luft, Sand und Asche. Thomal schützte sein Gesicht zwischen den Knien und kicherte, weil er an seinen Befehl dachte: ›In östlicher Richtung aufklären, den Feind aufspüren, angreifen und vernichten!‹ Dabei würden sie Wasser suchen müssen und Acht geben, dass sie nicht selbst vernichtet wurden.
     
    Etwa 700 Schritt westlich der Mulde, in der Thomal mit seiner Gruppe Deckung gefunden hatte, erhob sich ein kleiner Hügel inmitten ausgedehnter Getreidefelder. Die Hänge des Hügels waren mit dornigem Gestrüpp bewachsen, und auf dem Gipfel wuchs ein dichtbelaubter, alter Ferschbaum, dessen mehlige, etwas bittere Früchte fast reif waren. Im Wipfel dieses Baumes saßen zwei bis an die Zähne bewaffnete Männer. Beide trugen die Offiziersuniform des Fürsten von Zaina. Trotzdem sahen sie eher Räubern als Soldaten ähnlich.
    Im Gestrüpp zu Füßen des Ferschbaumes verborgen lagerten etwa 15 andere Soldaten, die nicht minder abgerissen aussahen als ihre Offiziere. Es waren die letzten, die dem Zenturio Altar tha Barga von seinen 100 Männern geblieben waren. Alle anderen hatten ihr Leben in Zaina lassen müssen.
    Die beiden im Wipfel des Baumes hatten mit Verwunderung dem belustigenden Schauspiel zugesehen, das die Adaporianer beim Verlassen des Großen Wagens boten. Wie sie in großen Sätzen über den Boden hüpften und stolperten, als müssten sie erst laufen lernen!
    Altar tha Barga ließ das Blatt los, an dem er sich festgehalten hatte, und rieb sich die Hände.
    »Weißt du, was ich sehe, Tolt?«
    Tolt schüttelte den Kopf.
    »Ich sehe eine Grube mit spitzen Pfählen darin«, erklärte tha Barga. »Und weißt du, was in der Grube ist? … sieben bleiche Adaporianer!« Wieder schüttelte Tolt den Kopf, und seine Miene verdüsterte sich.
    »Nein, Zenturio! Ich will nicht mehr, dass Menschen sterben, nur … nur, weil wir uns nichts Besseres einfallen lassen!
    Las mich nachdenken und beten! Vielleicht gibt es einen anderen Weg.«
    Der Zenturio wollte aufbrausen, besann sich aber rechtzeitig. Im Verlauf ihrer Flucht aus den Trümmern von Zaina hatte sich das Verhältnis der beiden zueinander allmählich geändert. Ohne dass sie jemals über die Erwählung Tolts zum Regenten gesprochen hatten, oder dass Tolt sich dessen bewusst geworden wäre, hatte er die Führung der kleinen Gruppe übernommen, indem tha Barga sich mehr und mehr darauf beschränkte, ihn zu beraten und seine Wünsche bei den Männern durchzusetzen. Der Mechanismus militärischer Disziplin bewirkte alles Weitere.
    Immer noch schauten Tolt und Altar tha Barga gespannt in die Richtung der Mulde, aus der jetzt die sieben Adaporianer hervorkamen. In

Weitere Kostenlose Bücher