Der Glanz der Seide: Roman (German Edition)
an dich denken. Aber wir haben doch beide von Anfang an gewusst, dass wir nie mehr miteinander teilen würden als eine kleine lustvolle Episode.«
Er schwitzte jetzt übermäßig, und sie sagte kein Wort, stand nur da und starrte ihn auf ihre verdammt entnervende Art an.
»Wir haben beide gewusst, dass es irgendwann enden muss, und umso mehr Grund gibt es jetzt, da du und Lord Fitton Legh noch ein Kind bekommen.«
»Nein! Dieses Kind ist nicht von meinem Mann.«
»Um Gottes willen«, protestierte Greg besorgt, »was ist los mit dir, Caroline? Das Kind kann nur von deinem Mann sein. Das steht außer Frage. Denk an die gesellschaftliche Schmach. Er würde sich von dir scheiden lassen und …«
»Und dann müsstest du mich heiraten.« Sie zuckte wegwerfend die Schultern. »Scheidung ist gar nicht so schlecht. Mein Vater hat sich von meiner Mutter scheiden lassen, um seine Geliebte zu heiraten.«
»In Amerika mag das ja schön und gut sein«, erklärte Greg, »aber hier ist das ganz anders.« Vor Übelkeit drehte sich ihm der Magen um. »Du glaubst doch nicht, dass meine Großmutter es gutheißen würde, wenn ich dich heiraten würde?«
Das hätte er nicht sagen dürfen, erkannte Greg zu spät. Mit wutverzerrter Miene stürzte sie sich auf ihn und zerkratzte ihm das Gesicht.
»Deine Großmutter! Glaubst du, ich wüsste nicht, dass du dich nur hinter ihr versteckst? Glaubst du, man hätte mir nicht längst von der jungen Frau aus Macclesfield erzählt, mit der du dich triffst? Wie konntest du nur, Greg? Eine gewöhnliche kleine Schlampe, deren Vater sein Geld damit verdient, Schweinswürstchen zu produzieren. Eigentlich sollte es mich nicht überraschen, schließlich fehlt dir selbst ja auch jegliche gute Kinderstube.«
Ihre Beleidigung schmerzte Greg.
»Du kannst sagen, was du willst«, meinte er. »Maisie ist sehr viel lustiger als du, und was die gute Kinderstube angeht, die einzige Kinderstube, die du dir noch zulegen könntest, kommt ja wohl aus deinem Bauch.«
Er hörte den Spiegel gegen die Tür krachen, den sie vom Frisiertisch genommen und ihm nachgeworfen hatte, als er in den Flur flüchtete.
»Lady Rutland bittet Sie, in ihren Salon zu kommen, Miss.«
Amber verließ der Mut. Nicht schon wieder. Was hatte sie denn jetzt schon wieder verbrochen?
»Vielen Dank, Alice.« Sie entließ das Dienstmädchen und ignorierte Louises Blick.
Diesmal war Lady Rutland nicht allein. Zwei weitere Personen waren bei ihr, von denen eine, eine junge Frau, die einen verblüffend großen, überladenen Hut trug, ihr vage bekannt vorkam. Die andere, ein älterer Mann, der sich über einen Spazierstock beugte, trug eine schwarze, professoral aussehende Robe über einem fusseligen Tweedanzug.
»Ah, Amber«, grüßte Lady Rutland sie. »Du kannst dich glücklich schätzen, dass deine Großmutter in ihren Bemühungen für dich anscheinend nicht müde wird. Professor Robertson hier hat mir gerade mitgeteilt, dass Mrs Pickford ihn angewiesen hat, dich in die Geschichte der wichtigsten Gebäude Londons einzuführen. Ich muss sagen, ich hätte doch gedacht, Mrs Pickford würde mich über diese Entscheidung informieren, doch ich wage zu behaupten, dass sie andere, wichtigere Dinge im Kopf hat. Ich persönlich verstehe nicht recht, was für einen Nutzen es für eine Debütantin haben soll, Geschichte zu studieren, doch das mag daran liegen, dass unsere Vorfahren eine so dominierende Rolle in der Geschichte unseres Landes gespielt haben, dass es für uns schlicht nicht nötig ist. Geschichte ist die Familie.«
Der Professor stieß einen seltsam erstickten Laut aus, und als Amber ängstlich zu ihm hinüberblickte, lüpfte er den Hut, schaute ihr direkt in die Augen und zwinkerte auffällig, doch so, dass Lady Rutland es nicht bemerkte.
Lord Robert! Was um alles in der Welt taten Lord Robert und, ja, jetzt sah sie es, Cecile Beatons Assistent Saville hier in dieser Verkleidung?
»Ganz recht, meine liebe Lady Rutland«, stimmte der Professor ihr mit bebender Stimme zu. »Wollen mal sehen, Ihr Großvater ist in Sewastopol gefallen, glaube ich, und sein Cousin, der Marquis, war, wenn ich mich recht erinnere, bei der Leichten Brigade. Eine äußerst bemerkenswerte Militärgeschichte, wenngleich mein Fachgebiet mehr die politische Geschichte ist. Ich meine mich zu erinnern, dass es irgendwo ein Dokument über einen Streit eines Ihrer Vorfahren mit William Pitt dem Jüngeren gibt, ist Ihnen das bekannt?«
Als Lady Rutland, ungewohnt
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