Der Glanz der Seide: Roman (German Edition)
sprachlos, nur den Kopf schüttelte, seufzte Lord Robert und sagte: »Eine Schande …«, bevor er sich an Amber wandte und fragte: »Dann ist das hier das Kind?«
»Ja«, antwortete Lady Rutland.
»Nun, ich hoffe, sie erweist sich als gelehrige Schülerin, obwohl junge Mädchen meiner Erfahrung nach zu Albernheiten neigen und eine übertriebene Vorliebe für Dinge von geringer Bedeutung haben. Wir fangen ihre Lektionen am besten mit einem Spaziergang an, wenn möglich, sofort.«
»Nun, ja, selbstverständlich, Professor.« Lady Rutland war die Willfährigkeit in Person.
Amber hätte schreien können vor Lachen.
»Nun, Kind, du hast Lady Rutland gehört. Geh und hol deinen Mantel. Sie sehen, Lady Rutland, dass ich mir die Freiheit erlaubt habe, Miss Vrontsky eine Anstandsdame zu besorgen. Ich werde sie Ihnen nicht vorstellen. Es wäre nicht der Mühe wert. Sie weiß nichts über die Geschichte der bedeutenden Familien unseres Landes.«
»Was ist los?«, wollte Louise wissen, als Amber nach oben lief, um Mantel und Hut zu holen. »Was hat Mummy gewollt? Warum ziehst du den Mantel an, Amber? Amber, antworte mir«, verlangte sie, doch Amber schüttelte nur den Kopf und tanzte fast die Treppe hinunter in die Halle, wo »der Professor« und »ihre Anstandsdame« warteten.
»Ich wollte meinen Augen nicht trauen, als ich erkannt habe, dass Sie das sind, Lord Robert«, sagte Amber lachend, sobald sie außer Sichtweite des Hauses waren.
»Und ich kann nicht glauben, dass ich diesen ekligen Hut tragen musste«, beschwerte sich Saville.
»Du hast behauptet, immer schon ein Faible fürs Theater gehabt zu haben, Saville«, erklärte Lord Robert ihm vergnügt. »Du solltest mir dankbar sein, dass ich dir Gelegenheit gegeben habe, abseits der Bühne schon mal zu üben. Abgesehen davon hättest du den Hut nicht tragen müssen, wenn du dich heute Morgen ordentlich rasiert hättest.«
Während Saville sich in schmollendes Schweigen zurückzog, erklärte Lord Robert Amber: »Sie müssen sich bei Cecil bedanken – oh, und Diana, denn die hatte auch die Finger im Spiel, als Cecil beschloss, dass wir uns ein wenig um Sie kümmern müssten. Saville und ich sind nur die Instrumente, mittels derer der Plan ausgeführt wird. Ich fürchte, Saville ist uns nur heute ausgeliehen, länger kann Cecil unmöglich ohne Assistenten auskommen. Doch das spielt keine Rolle, denn ich bin mir sicher, dass wir beide sehr gut zurechtkommen, es sei denn, Sie möchten, dass ich Ihnen eine andere Anstandsdame suche?«
Sein Lächeln war immer noch neckend, doch inzwischen flatterte Ambers Herz vor köstlich berauschender Aufregung, ein Gefühl, das sie noch nie durchlebt hatte, aber nichtsdestotrotz sofort erkannte. Flirtete Lord Robert etwa mit ihr? Amber nahm es fast an.
»Es war sehr klug, dass Sie sich an Lady Rutlands Vorfahren erinnert haben. Sie war sehr beeindruckt.«
Saville stieß ein spöttisches Schnauben aus.
»Also, Amber, lassen Sie uns zum Geschäftlichen kommen«, sagte Lord Robert, ohne auf Saville zu achten. »Cecil hat mich angewiesen, Ihnen umfassende Kenntnisse über alle möglichen Bereiche der Mode zu vermitteln. Er hat verabredet, dass wir die Redaktion der Zeitschrift Vogue besuchen, obwohl ich, da ich Cecil kenne, den Verdacht hege, dass das eher eine Strafe wird als ein Vergnügen. Ich soll mit Ihnen verschiedene Läden besuchen und Sie zugleich in Architektur und Design unterrichten, und Cecil will Ihnen Aufgaben stellen, damit Sie auch fleißig lernen.«
Amber war überwältigt. »Wie freundlich von ihm. Warum machte er sich meinetwegen solche Mühe?«
Lord Robert sah sie an. Sinnlos, ihr zu erklären, dass Cecil Beaton einer Welt angehörte, wo eine flüchtige Laune alles war – zumindest oberflächlich. Cecil arbeitete hart, und wenn er sich unbedingt eine Aura von Nonchalance geben wollte, um den Eindruck zu erwecken, dem sei nicht so, dann war das allein seine Sache.
Amber zu erzählen, dass es amüsant gewesen war, über einigen Cocktails darüber zu diskutieren, was man tun konnte, um ihr zu helfen, und noch amüsanter, einen Plan auszuhecken, der auch ein wenig Schauspielerei und Verkleidung erforderte, wäre grausam.
»Da Cecil so viel reisen muss, ruht die alltägliche Organisation Ihrer Bildung in meinen Händen, denen Ihres Professors«, sagte Lord Robert und packte mit den Händen den Rand seines Umhangs. »Also werden wir heute das moderne Phänomen namens Selfridges erkunden.«
Selfridges!
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