Der Glanz der Seide: Roman (German Edition)
Amber strahlte. Sie hatte von dem berühmten Kaufhaus gehört – wer hatte das nicht -, obwohl Lady Rutland behauptete, es sei vulgär und sie selbst kaufe nur bei Harrods ein.
»Die feiern dort die wunderbarsten Partys«, meinte Amber aufgeregt. »Das habe ich im Express gelesen.«
»Sie dürfen nicht alles glauben, was Lord Beaverbrook sagt, Amber«, versetzte Robert scherzhaft.
»Ich gehe aber nicht in diesem Aufzug zu Selfridges«, konstatierte Saville gereizt.
»Von mir aus, mein Lieber, dann kommst du eben nicht mit«, antwortete Robert.
Blicke gingen zwischen ihnen hin und her – spöttisch auf Roberts Seite, wütend auf Savilles -, die Amber nicht verstand.
Sie verbrachten über zwei Stunden bei Selfridges, gingen auch hinauf auf den Dachgarten, um sich anzusehen, wo die Blumenzwiebeln ihre ersten Triebe durch die Erde stießen, und um im Café zu sitzen und Tee zu trinken, bevor sie wieder hinuntergingen, um einem der berühmten Mannequins von Selfridges zuzusehen, das eine neue Schmuckkollektion präsentierte.
»Was halten Sie davon?«, fragte Robert Amber.
Sie zögerte. »Er ist sehr schön«, räumte sie dann ein. »Die Diamanten funkeln so sehr, aber …«
»Aber?«, ermutigte Robert sie.
»Er ist nicht nach meinem Geschmack. Ich würde etwas weniger … Funkelndes vorziehen.«
Robert nickte zustimmend. Cecil hatte recht gehabt: Die junge Frau besaß ein gutes Auge und Geschmack, obwohl er sich nicht sicher war, was sie angesichts ihrer Situation damit anfangen sollte. Sie würde sicher keine Karriere als Cecils Assistent machen. Dazu fehlte ihr eine sehr wichtige Voraussetzung. Sie war kein Mann.
Amber machte große Augen, als sie ein vertrautes Gesicht erkannte.
»Da ist der Prince of Wales«, flüsterte sie Lord Robert ehrfürchtig zu.
»Ja, allerdings.« Robert schaute zu dem Prinzen hinüber und sah, dass er in Begleitung seiner Geliebten, Freda Dudley Ward, war. Der Prinz fand Gefallen an freimütigen Amerikanerinnen – freimütigen verheirateten Amerikanerinnen -, obwohl Robert das Amber gegenüber mit keinem Wort erwähnen würde, da sie in mancherlei Hinsicht noch reizend naiv war.
Eine Stunde später brachte Lord Robert eine erschöpfte, aber sehr glückliche Amber zurück zum Cadogan Place.
Als Amber am nächsten Tag abends im Bett lag, kam sie zu dem Schluss, dass sie glücklicher war, als sie je für möglich gehalten hätte. Am Tag zuvor hatte Lord Robert sie mit zu Selfridges genommen, und an diesem Tag hatte sie ihren Hofknicks perfekt ausgeführt.
Dank Lord Robert waren London und ihr neues Leben mit einem Mal viel aufregender und lustiger, als sie es sich je hatte vorstellen können. Was für ein Glück, dass sie Lord Robert kennengelernt hatte, und wie nett von ihm, sich mit ihr anzufreunden. Amber konnte kaum erwarten, ihn wiederzusehen.
7
»Es ist unerträglich, und wenn es nach mir ginge, sollte man ihn halb totschlagen.«
Blanche Pickford sah ihren Besucher bemüht ausdruckslos an, denn sie wollte nicht, dass man ihr den Zorn ansah, den sie empfand.
»Allerdings, Lord Fitton Legh, es ist tatsächlich unerträglich, dass eine verheiratete Frau ihren Mann belügt, um ihm eine Affäre zu verheimlichen. Und was Ihren Wunsch angeht, meinen Enkel halb totzuschlagen, kann ich nur sagen, dass an einem Ehebruch immer zwei beteiligt sind.«
Ihr Nachbar, dessen Teint ohnehin schon rosig erhitzt war, lief vor Zorn beinahe dunkelrot an. »Offensichtlich haben Sie mir nicht richtig zugehört, Madam. Ihr Enkel hat sich meiner Frau gewaltsam zu nähern versucht. Verdammt noch mal, es gibt eine Zeugin. Cassandra hat alles mit angesehen.«
»Ja, das erwähnten Sie bereits«, stimmte Blanche zu und fügte pointiert hinzu: »Ihre arme Frau, sicher hat sie sich furchtbar bedrängt gefühlt, buhlen doch gleich zwei glühende Verehrer um ihre Gunst.«
Lord Fitton Legh sah aus, als könnte er jeden Augenblick explodieren. »Erlauben Sie mir die Bemerkung, Madam, dass Ihre Reaktion Ihre Herkunft verrät, und das ist nicht als Kompliment gemeint«, höhnte er. »Jeder vornehm geborene Mensch würde verstehen …«
»Was denn? Was gibt es daran groß zu verstehen, außer dass mein Enkel und Ihre Gattin vor Ihrer Nase eine Affäre hatten? Ist blaues Blut dünner als rotes? Wollen Sie mir weismachen, im Adel gäbe es keine Affären? Kommen Sie, Lord Fitton Legh, reden wir Klartext miteinander. Sie möchten, dass mein Enkel bestraft wird.«
»Bestraft? Ich sorge für seinen
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