Der Glanz der Seide: Roman (German Edition)
Ruin. Darauf können Sie Gift nehmen. Jetzt können Sie ihn der Grafschaft nicht mehr als angehenden Kandidaten fürs Parlament andrehen, Mrs Pickford. Wenn die Leute erfahren, wie er meine Frau beleidigt hat … oh, sehen Sie mich ruhig so an, Cassandra ist bereit, auf die Bibel zu schwören, dass er allein an allem schuld ist. Meine Frau hat ihr anvertraut, wie sehr sie sich über das unfeine Betragen Ihres Enkels aufgeregt hat, und als Cassandra meine Frau schreien hörte, ist sie ihr natürlich zu Hilfe geeilt … und hat Ihren Enkel dabei ertappt, wie er sich auf sie stürzen wollte.«
»Das ist in der Tat schockierend und vermutlich ein Haufen Lügen. Mich geht es ja nichts an, aber ich würde Ihnen doch davon abraten, die Geschichte publik zu machen, Lord Fitton Legh. Es gibt immer Leute, die meinen, ohne Feuer könne es keinen Rauch geben, schließlich ist Lady Fitton Legh eine sehr schöne und temperamentvolle junge Frau mit einem sehr viel älteren Ehemann.«
»Was fällt Ihnen … ich stürze ihn in den Ruin, das können Sie mir glauben. In Cheshire braucht er sich jedenfalls für den Rest seines Lebens nicht mehr blicken zu lassen.«
»Ich verstehe Ihre Aufregung. Greg hat sich schlecht benommen. Ich bin durchaus bereit, ihn dafür zu bestrafen, indem ich ihn eine Zeit lang aus Cheshire – und sogar aus England – wegschicke. Aber ich bin nicht bereit, daneben zu stehen und zuzusehen, wie Sie sein Leben ruinieren.«
»Das können Sie nicht verhindern.«
»Wie bedauerlich, dass Sie nun auch noch von dieser zusätzlichen Sorge geplagt werden. Wie ich höre, hat Ihr Schwiegervater kürzlich eine Menge Geld an der Wall Street verloren.«
Blanche hielt inne und sah auf ihre Hände, als fände sie deren Anblick interessanter als die Fortsetzung ihrer Unterhaltung. Dann blickte sie zu Lord Fitton Legh auf und meinte beinahe sanft: »Sie persönlich sind im Augenblick finanziell auch, sagen wir, überlastet – so sehr, dass Sie eine Hypothek auf Fitton Hall aufnehmen mussten.«
»Das können Sie unmöglich wissen.«
»O doch.Wissen Sie, ich finde es immer recht dumm, jungen Leuten in allem ihren Willen zu lassen, ohne sie ein wenig zu zügeln, vor allem einer bestimmten Sorte von jungen Leuten. Ich denke da an die arme Cassandra. Man will natürlich nicht zu viel sagen, aber es gibt gewisse Gerüchte, dass sie sich offenbar eher zu ihrem eigenen Geschlecht hingezogen fühlt. Da wird der eine oder andere wohl schon Vermutungen anstellen, woher die Geschichte mit meinem Enkel in Wahrheit rührt. Schäbig und unangenehm. Aber jetzt ist es leider zu spät, etwas daran zu ändern. Allerdings bin ich überzeugt, dass wir beide, die wir älter und weiser sind, sicher etwas Ausgewogeneres, Wahrhaftigeres hervorbrächten, wenn wir uns zusammentäten. Ein junger Mann, töricht und leicht zu beeindrucken, verliebt sich in eine treue, schöne junge Ehefrau. Die Lage ist bedauerlich, aber verständlich. Natürlich hat keiner von beiden die Absicht, seinen Gefühlen nachzugeben. Schließlich sind sie sehr ehrbar. Leider verschwören sich die Umstände gegen sie, und sie treffen immer wieder aufeinander. Ein dummer Augenblick der Schwäche auf Seiten des jungen Mannes und Einsamkeit auf Seiten der treuen Ehefrau führen zu einer Umarmung, die beide umgehend bedauern. Leider wird diese Umarmung von einer leicht erregbaren jungen Frau beobachtet, die nicht viel Welterfahrung besitzt.
Die Älteren und Weiseren beschließen, dass der junge Mann weggeschickt wird, um zur Einsicht zu gelangen, und die treue Ehefrau bleibt natürlich genau das. Der junge Mann verrät selbstverständlich nicht, dass die einsame junge Frau ihn auf ihr Zimmer eingeladen hat, allein, ohne Anstandsdame, weil sie wusste, dass ihr Gatte nicht da sein würde. Allerdings hat er die Dummheit der jungen Frau seiner Familie gegenüber eingeräumt. Aber warum sollte man die arme Frau quälen und noch mehr Schande über sie bringen, als sie ohnehin schon ertragen muss? Sie hat ihre Lektion bestimmt gelernt.«
»Das ist Erpressung.«
»Nein, Lord Fitton Legh«, korrigierte Blanche ihn kalt. »Das ist reine Selbsterhaltung. Mir ist klar, dass Ihr Stolz schwer verletzt ist, aber mit einer ordentlichen Dosis Geld – ich denke da an eine Summe, die Ihre Gläubiger befriedigen und es Ihnen ermöglichen würde, Fitton Hall zu behalten – wird er sich gewiss rasch wieder erholen.«
Blanche wartete eine halbe Stunde, nachdem Lord Fitton Legh gegangen
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