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Der Glanz der Welt

Der Glanz der Welt

Titel: Der Glanz der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Amon
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Gesicht fielen. Dabei mochtest du es, wenn Frauen, während man mit ihnen sprach, sich immer wieder die Haare aus dem Gesicht strichen. Das hatte etwas Vertraut-Intimes, als ob man in diesem Moment nicht nur in ihre Augen, sondern tiefer in sie hineinsehen konnte. Schwätzer, denkst du.
    „Du sagst gar nichts“, kamen ihre Worte von ganz nah, du spürtest ihren Atem in deinem Gesicht, auf deinen Lippen. Einen Augenblick lang nicht in ihre Augen blicken, sondern zur Küchentür. Goutzimsky lugte herein, grinste dumm, jedenfalls kam es dir so vor, und zog sich sofort wieder dezent zurück. Warum grinste der Mann so blöd?
    „Ist etwas?“, fragte Chiara.
    „Ich glaube, der Kommerzialrat ist auch da“, sagte ich, „er ist mittags oft hier, seit er seinen Laden nicht mehr führt.“
    „Wir können ihn schwer hierher zu uns bitten“, sagte Chiara, „hier haben wir so schon kaum Platz.“ Jetzt grinsteich dumm, aber nur innerlich, man musste es nicht sehen, niemand musste es sehen, schon gar nicht Chiara, mein kleines Glück wollte ich für mich behalten, ganz allein für mich.
    „Warum grinst du so komisch?“, fragte Chiara.
    „Ich grinse nicht“, sagte ich.
    „Doch“, beharrte Chiara, „du hast gegrinst.“
    Goutzimsky stand plötzlich neben unserem Tisch, er schien es sich doch anders überlegt zu haben. Auf jeden Fall entging ich so der Frage, ob ich nun gegrinst hätte oder nicht.
    „Kommt raus zu uns, wir haben hinten im Eck einen Tisch reserviert. Zwei Plätze sind gerade noch frei.“
    „Wer ist ,wir‘?“, fragte ich.
    „Wer schon!“, lachte Goutzimsky. „Unser aller Sensationsreporter, der commissario und ich. Dem commissario geht es nicht gut. Er wird sich freuen, euch zu sehen. Also, kommt ruhig raus zu uns.“
    „Mich sieht er nie wirklich gern, zumindest solange ein aktueller Fall ungelöst ist“, sagte ich ein wenig unwillig, aber Chiara war schon aufgestanden und hatte ihren Mantel genommen. Was blieb mir über. Ich folgte ihr und Goutzimsky.
    „Das sind mir die Richtigen“, sagte Himmel, als er uns sah, „hocken schon zu Mittag in der Küche und mampfen uns das Abendessen weg.“
    „Sag nicht, du kommst abends nochmals essen“, antwortete ich.
    „Was bleibt mir anderes über“, sagte Himmel, „immer auf der Recherche, immer hinter der Grapschmann-Bande her.“
    „Ich glaube, du bist hinter dem Bollito misto her, das sich gerade in der Küche zusammenbraut“, sagte ich.
    „Das auch“, lachte Himmel, „du weißt schon: das Nützliche und das Notwendige.“
    „Hallo, commissario “, begrüßte ich Pirchmoser. Er sah nicht auf und brummte irgendetwas Unverständliches in seinen Bart. Wahrscheinlich sollte es ein Gruß sein.
    Er stand auf, umarmte Chiara und drückte ihr einen kräftigen Kuss auf die Wange. Als guter Christenmensch hielt auch ich ihm meine Backe hin, aber er verschmähte sie und setzte sich wieder nieder.
    „Schlechte Laune?“, fragte ich wider besseres Wissen. Denn natürlich darf man schlecht gelaunte Menschen niemals auf diese ihre schlechte Laune ansprechen, denn bis zu diesem Moment wissen sie nicht, dass sie schlecht gelaunt sind. Mit der Frage jedoch fügte man der schlechten Laune auch noch das Bewusstsein über diese schlechte Laune hinzu, wodurch diese sich schlagartig doppelt schlecht anfühlte. Es ist eine Frage, mit der man sich unbeliebt macht und die schlechte Laune auf einen selbst lenkt.
    „Nein“, knurrte Pirchmoser, „bestens gelaunt. Nur du gehst mir auf die Nerven.“
    „Er hat wirklich schlechte Laune“, sagte Chiara und drückte Pirchmoser ein Busserl auf die behaarte Wange.
    Sein Gesicht hellte sich ein wenig auf, aber nur für Sekundenbruchteile, dann blickte er wieder mürrisch vor sich hin.
    „Ich glaube, ich gehe wieder in die Küche“, sagte ich zu Goutzimsky, „der commissario ist heute ein ziemlicher Stimmungskiller.“
    „Eben“, sagte Goutzimsky, „darum habe ich euch geholt. Vielleicht kommt er so auf andere Gedanken.“
    „Ich will auf keine anderen Gedanken kommen“, sagte Pirchmoser unfreundlich, „ich will schlechte Laune haben, denn ich bin schlechter Laune. Und die Welt soll es wissen,indem sie es spürt. Ich habe ein Recht auf meine schlechte Laune.“
    „Darf man den Grund deiner Missstimmung erfahren?“ Himmel war ja auch noch da und blickte Pirchmoser fragend an.
    „Das ist keine Missstimmung, ich bin angefressen. Satt bis obenhin. Die ganze Welt soll mir den Buckel runterrutschen.“

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