Der Glanz der Welt
Grapschmann gefressen. Keine Ahnung warum, aber er wollte ihn schützen.
Himmel versuchte meine Bedenken zu zerstreuen: „Zum Glück ist jetzt auch der Chef endlich draufgekommen, was für ein Blender der Grapschmann ist, dass der durch und durch korrupt ist.“
„Und das ändert was?“, fragte ich skeptisch.
„Schon“, sagte Himmel, „wir leben davon, dass unsere Leser uns glauben, was wir schreiben. Also müssen wir halbwegs ehrlich bleiben, sonst verlieren sie das Vertrauen.“
„Wenn du das sagst“, antwortete ich, „du musst es wissen.“
„Du musst ja auch immer erst göttliche Hilfe erflehen“, sagte Himmel, „wenn du wieder einmal einen bösartigen Kommentar schreibst.“
„Mitunter“, sagte ich, „mitunter. Aber im Endeffekt habe ich nie ein Problem. Im Grunde seines Herzens ist der Kardinal eine ehrliche Haut und ein Anarchist geblieben.“
„War er das denn einmal?“, fragte Chiara, die mit ihrem Armsessel ganz nah zu mir gerückt war und unter dem Tisch – für die anderen nicht gleich erkennbar – meine Hand hielt.
„ Il cardinale war ein ganz ein wilder Hund“, sagte ich, „im Internat nannten wir ihn Genosse Saboteur, weil er technisch recht begabt war. Wenn es darum ging, Sand ins Getriebe zu streuen, indem man irgendwelche technischen Hilfsgeräte unbrauchbar machte, hatte er immer die Idee und das Wissen, wie man es so anstellte, dass niemand die Sabotage beweisen konnte.“
„Dann sollte er sich vielleicht mal am Papamobil zu schaffen machen“, schlug Himmel vor.
„Aus diesem Alter ist er schon raus“, sagte ich, „außerdem, wer weiß, vielleicht wird er selbst noch Papst.“
„Im Ernst?“, fragte Chiara.
„Ich hoffe nicht“, sagte ich, „denn dann kann ich meine Kommentare wahrscheinlich nur mehr im ,L’Osservatore Romano‘ erscheinen lassen. Und der Vatikan ist mir doch ein wenig zu weit weg.“
„Es gibt auch eine deutsche Ausgabe“, sagte Pirchmoser.
„Und die liest du?“, fragte ich. Er schüttelte den Kopf: „Keine Zeit. Muss mich durch die Aktenberge wühlen.“
„Aber jetzt ganz im Ernst“, insistierte Himmel, „wie ist das wirklich? Der Bein hat zuerst für den Grapschmann gearbeitet, das wissen wir alle. Bis zur berühmten Kofferaffäre, wo sie ihn mit dem Geldkoffer am Flughafen erwischt haben. Er hat als Pressesprecher vom Grapschmann gehen müssen, und die Unschuldsbeteuerungen sowie die Behauptung vom Bein, dass das sein eigenes Geld gewesen sei, hat niemand auch nur eine Sekunde geglaubt. Wenn das viele Geld wirklich seines gewesen wäre, hätte er seine Kleinbühne nicht zusperren müssen!“
Pirchmoser seufzte: „Ich warne euch, lasst die Hände davon, die schrecken vor nichts zurück. Klar war es das Geld vom Grapschmann. Er hat als Finanzminister auf Teufel komm raus Staatsbetriebe privatisiert. Der richtige Tipp zur richtigen Zeit an die richtige Bietergruppe, und die hatten preisgünstigst den Zuschlag. Da blieb schon was über für eine anständige Provision. Ich bin sicher, der Geldkoffer vom Bein war die Belohnung für den Grapschmann, weil er beim Verkauf der Stahlbeton AG aus der Schule geplaudert hat. Aber ich kann es nicht beweisen. Und jetzt ist der Bein auch noch tot, der Einzige, der uns die Wahrheit hätte sagen können, wenn ich ihn nur lange genug bearbeiten hätte dürfen.“
„Hat ihn der Grapschmann umlegen lassen?“, fragte Himmel.
„Wenn es so einfach wäre“, Pirchmoser zweifelte. „Aber wie passt der Mord an der Hübner-Hübner dazu? Außer dass sie einmal im Monat bei den Vereinssitzungen auch im Giacomos verkehrte, hat sie nichts mit dem Grapschmanngemein. Es gibt überhaupt keine Querverbindungen. Ich habe das noch in der Nacht überprüft. Und kann mir wer das ganze Drumherum erklären: Scheinwerfer, Faustzitat. Ist doch ein irrer Aufwand, um jemanden umzubringen.“
„Vielleicht hast du was übersehen“, sagte ich, „die Zeit war sehr knapp. Der Aufwand ist natürlich enorm. Das mit dem Faustzitat ist mir schon klar. Das ist ein Hinweis auf die Tötungsart. Faust ist verwundert über die Anerkennung, die er als Mediziner findet, obwohl seine Präparate tausende Leute ums Leben gebracht haben. Da lagen doch auch all die Medikamentenpackungen am Gehsteig herum. Weiß man schon, woran die Hübner-Hübner gestorben ist?“
„Es gibt noch kein endgültiges Obduktionsergebnis, aber der Gerichtsmediziner vermutet, dass man der Hübner ein Insulin-Präparat gegeben hat. Da sie keine
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