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Der Glanz der Welt

Der Glanz der Welt

Titel: Der Glanz der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Amon
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stimmte ihn zwar nicht gnädig, eher im Gegenteil, aber ich wollte ihm damit verdeutlichen, dass sein Käseblatt ohne meine Kommentare überhaupt keine Abonnenten gehabt hätte, die es verlieren konnte. War natürlich übertrieben, aber auch solche kleinen Übertreibungen gehören zum Geschäft und steigern die Auflage.
    „Dir geht es prima“, hörte ich mich sagen, „denn du hast mich. Aber mir, mir geht es sauschlecht, und nur du kannst etwas dagegen tun.“
    „Wieso? Brauchst du Rattengift? Kannst du haben, kübelweise, aber bitte, schütte es in einem Zug in dich hinein. Dann werde ich mich beim Kardinal dafür einsetzen, dass er sich beim Lieben Gott für dich einsetzt und mir eine Generalabsolution erteilt.“ Mann, der Mann hatte miese Laune. So viele Abos konnten gar nicht gekündigt worden sein, wie der schlecht drauf war.
    „Mein Lieber, du verkennst mich, wie immer. Ich bin deine Rettung, dein Sonnenschein an trüben Wintertagen, dein kühlender Nordwind in der Schwüle des Sommers …“
    Er unterbrach mich schroff: „Du bist ein ungeräumter, ungesalzener, vereister Gehsteig, auf dem ich auf die Schnauze falle. Wenn du mich schon in Gleichnissen anschwülstest.“
    „Anschwülstest? Das Wort kenne ich nicht“, sagte ich.
    „Habe ich eben erfunden, das Verb zum Adjektiv ,schwülstig‘. Transitives Verb: Ich schwülste dich an. Und nicht terminativ, sondern durativ, also ohne Ende, weil du nie aufhören wirst, mich anzuschwülsten.“
    „Danke für die kleine Einführung in die Grammatik“, sagte ich, „aber die würde der eine oder andere deiner Sitzredakteure dringender brauchen als ich.“ Sitzredakteure, das waren in früheren Zeiten Verlagsangestellte, die bei presserechtlichen Verurteilungen vorgaben, der inkriminierte Artikel sei von ihnen. Sie saßen die Haft ab, während der eigentliche Schreiberling in Freiheit blieb und weiterhin Verbotenes schrieb.
    „Ich habe keine Sitzredakteure, und selbst wenn ich welche hätte, wenn einmal eine Haftstrafe für einen deiner Kommentare fällig wird, dann wird es mir ein Vergnügen sein, dich zu verpfeifen, dein Pseudonym zu lüften und dich in den Häfn zu schicken.“
    „Ist Rachsucht nicht irgendeine jener größeren Sünden, die den Weg ins Himmelreich versperren?“, fragte ich.
    „Gott, der Herr, ist gnädig. Er ist doppelt gnädig mit den Schwachen. Und er ist unendlich gnädig gegenüber jenen, die deine Kommentare abdrucken und dich als Ganzes ertragen müssen.“
    „Dann möge dein Glauben dir Halt und Hilfe sein“, sagte ich, „vor allem, wenn du meinen nächsten Kommentar bekommst und abdrucken musst. Ich weiß aber noch nicht, wie viele Zeichen ich brauchen werde. Irgendwas zwischen drei- und fünftausend. Also ohnedies nicht allzu viel.“
    „Du kannst ein Viertel vom Einserkastel haben“, sagte er.
    „Abgesehen davon, dass das um Häuser zu wenig ist, was machst du mit den anderen drei Vierteln?“, wollte ich wissen.
    „Die fülle ich mit Ornamenten, mit chinesischen Schriftzeichen, mit arabischen, mit Hieroglyphen, alles besser fürs Abo, als den Platz mit deinen Kommentaren zu vergeuden.“
    „Na gut“, sagte ich, „same procedure as last year. Mögen die Erzengel, die noch nicht zu Luzifer übergelaufen sind, dich begleiten auf allen deinen Wegen! Ich rufe jetzt den Kardinal an.“
    „Die Erzengel haben mich an dem Tag verlassen, als du aufgetaucht bist, und viel Glück beim Anruf, der Kardinal ist im Vatikan.“
    „Danke“, sagte ich, „das ist heutzutage kein Problem mehr. Dank Funk und Satelliten sind die Mauern des Vatikans ziemlich nieder geworden.“
    Ich hörte noch einen leisen Fluch, einen von der verbotenen Art, die den Weg ins Himmelreich versperren, dann hatte er aufgelegt.
    „Ich muss noch den Kardinal anrufen“, sagte ich zu Chiara. „Du, der hat diesmal nicht einmal gefragt, worüber ich schreiben will.“
    „Wundert dich das“, sagte sie, „wenn er ohnedies von oben zum Abdruck gezwungen wird, so ich das richtig verstanden habe?“
    Wir hatten inzwischen den Michaelerplatz gequert, die Ausgrabungen der römischen Siedlung keines Blicks gewürdigt. Sogar, dass der oben auf dem Kutschbock die ganze Zeit in sein Riesentaschentuch rotzte, es musste bereits triefnass sein, hatte ich während meines Wortgefechts mit Schefredaktör nicht mehr wahrgenommen. Ich wählte den Kardinal an.
    „Sei gesegnet, mein Bruder“, sagte ich so sanft ich nur konnte, als die gregorianischen Choräle erklangen,

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