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Der Glanz der Welt

Der Glanz der Welt

Titel: Der Glanz der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Amon
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il cardinale also abgehoben hatte.
    „Du hast nichts zu segnen, du bist Laie, du bist ausgetreten, du bist Atheist“, kam die Antwort.
    „Katholischer Atheist“, korrigierte ich ihn, „auf das lege ich Wert! Und du solltest das nicht so eng sehen. Irgendwann werdet ihr doch die Laien und die Frauen ranlassen müssen.“
    „Ich werde mit dir jetzt keine zweitausend Jahre alten Grundsatzfragen diskutieren. Du bist der letzte Nagel, mit dem sie mich am Kreuz anschlagen. Was willst du schon wieder?“
    „Das hast du schön gesagt“, antwortete ich, „obwohl mich der Vergleich mit einem Nagel am Kreuz ein wenig kränkt. Ich bin dein Kontakt zur normalen Welt, dein Bodenanker. Dieser Vergleich würde mir viel besser gefallen. Aber sei’s drum. Dein Schefredaktör macht schon wieder Mätzchen und will nicht drucken.“
    „Er macht keine Mätzchen, sondern hat wahrscheinlich wohlbegründete Bedenken. Was ist das Thema?“
    „Streng geheim, nur Gott, der Herr …“ Il cardinale fiel mir ins Wort: „Lass den Herrn aus dem Spiel, ich will wissen, worum es geht.“
    „Um einige deiner verirrten Schäfchen“, sagte ich, „mehr kann ich im Moment wirklich nicht verraten. Wenn ich beichten würde, könnte ich es dir sagen, denn da fiele es unter das Beichtgeheimnis. Aber du wirst verstehen, dass ich beichtmäßig sehr zurückhaltend bin. Ich bin schließlich nicht einmal mehr Mitglied bei euch, obwohl ich jedes Jahr den Heiligen Drei Königen, die übrigens auch immer mehr werden, etwas spende. Also, lass dich erweichen, vertraue mir, du bist damit noch nie schlecht gefahren.“
    „Ich vielleicht nicht, aber die Aboabteilung“, sagte der Kardinal, „und dann liegt mir tagelang der Chefredakteur in den Ohren.“
    „Versuche es mit einem Nummernwechsel beim Handy, nein, vergiss es, schlechte Idee, dann erreiche ich dich auch nicht.“
    „Danke“, sagte il cardinale , „darüber muss ich wirklich nachdenken. Und was deinen Kommentar betrifft …“
    „Vergelt’s Gott oder wer auch immer“, sagte ich und legte auf. Ich wusste, ich hatte ihn an der Angel, er konnte nicht mehr zurück.
    „Wie du das machst“, sagte Chiara. „Ist das wirklich der Kardinal?“
    „Ja, klar“, sagte ich, „wir sind richtige Busenfreunde.“
    „Wie meinst du das?“, fragte Chiara.
    „Anders, als es in deinen Ohren vielleicht klingt. Das heißt nicht, dass wir beide auf Brüste stehen, also zumindest derKardinal nicht, weil er das gar nicht darf, sondern, dass wir enge Freunde sind. Busen ist Brust, in der Brust schlägt das Herz, sitzt das Gefühl. Also sind Busenfreunde nichts anderes als Herzensfreunde.“
    „Und das seid ihr zwei?“, fragte Chiara. Sie schien nicht sehr überzeugt.
    „Ja“, sagte ich, „er hat mich noch nie hängen lassen. Er meckert zwar herum, aber wie ich immer sage, die letzten Reste menschenfreundlicher Anarchie schlummern noch in ihm, und hin und wieder wecke ich diese Reste auf, damit er mir hilft.“
    „Rechts, das war die Spanische Hofleberkässchule“, sagte ich, „will sagen: Hofreitschule. Wenn du mal Schlafstörungen hast, kann ich den Besuch bestens empfehlen, besonders in Kombination mit einem vorherigen Rundgang durch die kaiserlich-königliche Schatzkammer.“
    Die Kutsche zuckelte langsam durch die Habsburgergasse, gleich würden wir es überstanden haben und wieder beim Ausgangspunkt unserer kleinen Rundreise angelangt sein.
    „Findest du nicht, dass das linke Pferd torkelt?“, fragte Chiara.
    „Kann ich nicht sagen, ich kenne mich mit Pferden nur in Form des erwähnten Leberkäses aus.“ Ich versuchte am Kutscher vorbeizuschauen. Der hantierte noch immer mit dem Riesentaschentuch. Wenn er mit dem jetzt noch den Passanten zuwinkte! Mit einem Mal war mir klar, wie sich einst die Pest wirklich verbreitet hatte: über rotznasse Riesentaschentücher, mit denen die Fiaker herumgefuchtelt hatten. Und heute wurden so die Schweinegrippe, Ebola und der hundsgemeine Schnupfen verbreitet. Ich spürte es schon in der Nase. Hoffentlich nur Schnupfen.
    Chiara stieß mich mit dem Ellbogen an: „Schau genau, ich glaube …“
    Tatsächlich, das Pferd wankte, blieb stehen, das andere versuchte weiterzugehen, der Kutscher ließ sein Riesentaschentuch fallen, es flatterte auf uns herunter, und er griff zur Peitsche. Geistesgegenwärtig hob ich wieder die Decke über unsere Köpfe und konnte so den Taschentuchkontakt vermeiden. Indem wir die Decke kräftig schüttelten, gelang es uns, das

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