Der Glanz der Welt
traut sich was.“ Ich war wirklich erstaunt.
„Unglaublich“, Pirchmoser war merklich wütend, „dieser Trampel hat mir höchstpersönlich verboten, in Richtung Grapschmann zu ermitteln. Kein Wort habe ich gesagt, dass da kein Zusammenhang besteht.“
„Wenn du willst, schreibe ich das morgen“, sagte Himmel, „wäre eine nette Pointe.“
„Steck dir deine Pointe an den Hut“, Pirchmoser war sehr wütend, „das fehlt mir gerade noch. Ich habe so schon genug Ärger mit dieser, dieser …“ Pirchmoser rang mit den Worten, dann brach es aus ihm heraus: „… mit dieser Hiaflerin, so a Krukn.“
Ich musste meine spärlichen Kenntnisse der Tiroler Mundart zusammenkratzen, einer Mundart, die es eigentlich als einheitliche Sprache gar nicht gibt. Die einzelnen Tallagen hatten noch immer ihre speziellen Idiome. Aber so wie es Hochdeutsch gibt, gibt es auch eine Art Hochtirolerisch, Eigenheiten, Worte und Spezialitäten, die alle Lokaldialekte miteinander teilen. In keinem Tiroler Dialekt wird zum Beispiel ein „ü“ gesprochen. Aus dem wird unter anderem ein „i“ oder auch ein „ia“. Ein „Hiafla“ ist auf jeden Fall ein ziemlich dummer Mensch, während der wunderbare Ausdruck „Krukn“ wörtlich übersetzt zwar „Krücke“ bedeutet, gemeint ist damit jedoch, dass der Charakter einer so Titulierten dem Äußeren einer hässlichen, alten Frau ähnelt. Pirchmosers Meinung über seine oberste Vorgesetzte war zweifelsohne nicht druckreif.
In der Ecke vom Grapschmann hatten sie dem Kolporteur auch ein Exemplar des Blatts abgekauft, und der Baron blätterte es hastig durch.
„Kein Zusammenhang mit Wirtschaftskriminalität“, las der Baron vor, „so ein Scherzbold, als ob es das hierzulande geben würde.“ Er lachte meckernd. „Wer sollte denn in diesem unserem Lande wirtschaftskriminell sein? Wir vielleicht?“ Er sah sich beifallheischend um, alle brachen in Gelächter aus.
„Eine gute Frau Minifter“, sagte Schnittling, „fie weif, waf föch gehört. Auferdem: Jeder erfolgreiche Kaufmann öft ein verhönderter Krömöneller“, sagte Schnittling.
„Von wegen kriminell“, lächelte Grapschmann, „ich muss morgen zum Untersuchungsrichter, wegen der Sache mit Utopia-Land. Was soll ich dem erzählen, wofür ich die Millionen kassiert habe?“
„Erzähl ihm irgendwas“, sagte Schmock, „ich habe denen eingeredet, dass meine Festplatten eingegangen sind und überhaupt mein ganzer Computer nur mehr Schrott ist. Sie haben es mir geglaubt, man glaubt es nicht! War doch alles offiziell, was du genommen hast, und ist versteuert, oder hast du auf die Steuern vergessen?“
„Vergessen würde ich nicht gerade sagen“, lachte Grapschmann, „ich habe die Steuern einfach ignoriert. Wo kommen wir da hin, als Finanzminister auch noch Steuern zahlen. Hinterziehung, Freunderlwirtschaft, Korruption, ich habe alle drei erfunden.“ Er lachte laut und sprach weiter: „Ich bin ein Leistungsträger, warum soll ich da auch noch Steuern zahlen!“
„Genau“, sagte der Baron, „wir tragen die Leistung. Und die Hackler tragen uns und die Steuern. Das ist die gottgewollte Ordnung.“ Er ließ wieder seinen meckernden Lacher los.
Man amüsierte sich in Grapschmanns Ecke, das konnten wir von weitem sehen, auch wenn wir nicht hörten, worüber sie sprachen.
„Das ist gut“, sagte Grapschmann, „ich werde denen was von der Leistungsgesellschaft erzählen, ein Plädoyer halten für leistungsgerechte Bezahlung.“
„Genial“, sagte der Baron, „und dass wir uns was geleistet haben, steht ebenso außer Zweifel wie die Tatsache, dass wir uns was leisten können.“
„Steuern sind was für die Dummen, die Unterschichtler muss man besteuern, damit sie nicht zum Nachdenken kommen. Aber wir, wir halten das Werkel am Laufen, wir sind der Schmierstoff, aus dem die großen Geschäfte entstehen. Ich habe mir mein Geld sauer verdient“, Grapschmann lachte über das ganze Gesicht, „und jetzt sind die Anleger sauer. Guter Witz, muss ich mir merken.“ Er klopfte dem Baron auf den rechten Oberschenkel. „Und weil sie so sauer sind und ausgepresst wie Zitronen, habe ich mein kleines Geldversteck in der Karibik ,Lemon Ltd.‘ getauft. Gut, gell?!!“ Schmauch-Baller zuckte zusammen, weil Grapschmann ihm ein weiteres Mal kräftig auf den Schenkel klopfte.
„Lemon Ltd.“, wiederholte Grapschmann mit breitem Lachen im Gesicht, „echt gut. Das muss einem einfallen!“
„Wör brauchen dringend Erfatz für
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