Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Glanz des Mondes

Der Glanz des Mondes

Titel: Der Glanz des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
Vom Netzwerk:
Zenit überschritten, von jetzt an wird Ihre Schönheit schwinden.«
    Sie hielt die Lampe etwas dichter. Kaede spürte die brennende Hitze der Flamme auf ihrer Wange.
    »Ich könnte Sie für immer zeichnen«, zischte Rieko. »Dann würde man Sie des Hauses verweisen. Lord Fujiwara wird Sie nur bei sich behalten, solange Sie sein Auge erfreuen. Danach ist der einzig rechte Ort für eine Frau wie Sie das Bordell.«
    Kaede hielt ihrem Blick stand, ohne mit der Wimper zu zucken. Die Flamme zwischen ihnen flackerte. Draußen braute sich ein Sturm zusammen und ein plötzlicher Windstoß schüttelte das Haus. Aus weiter Ferne, wie aus einem anderen Land, war das Heulen eines Hundes zu hören.
    Rieko lachte wieder und stellte die Lampe zurück auf den Boden. »Es steht Ihnen also nicht an, von meiner Entlassung zu sprechen. Aber ich schätze, Sie sind ein wenig überreizt. Ich werde Ihnen vergeben. Wir müssen gute Freundinnen sein, so wünscht es Seine Lordschaft. Er wird bald hier sein. Sie finden mich im Nebenzimmer.«
    Kaede saß vollkommen reglos da und lauschte auf das Anschwellen des Windes. Sie musste an ihre Hochzeitsnacht mit Takeo denken, an das Gefühl, wie seine Haut die ihre berührt hatte, seine Lippen in ihrem Nacken, während er ihr schweres Haar hochhob, die Lust, die er ihrem ganzen Körper bereitet hatte, bevor er in sie eingedrungen war und sie eins wurden. Sie versuchte die Erinnerung daran beiseite zu schieben, doch Begierde hatte Besitz von ihr ergriffen und drohte ihre eisige Betäubung aufzulösen.
    Von draußen hörte sie Schritte, die sich näherten, und sie zwang sich, Haltung zu bewahren. Sie hatte geschworen, ihre Gefühle nicht zu zeigen, war aber sicher, dass ihr vor Sehnsucht schmerzender Körper sie irgendwie verraten würde.
    Fujiwara ließ seine Diener draußen warten und trat ein. Kaede verneigte sich sofort bis zum Boden, um ihr Gesicht vor ihm zu verbergen, doch die Geste der Unterwerfung ließ sie noch stärker zittern.
    Hinter dem Edelmann kam Mamoru herein und trug einen kleinen geschnitzten Kasten aus dem Holz des Blauglockenbaums. Er stellte ihn auf den Boden, verneigte sich tief und wich in gebückter Haltung zurück bis zur Tür des angrenzenden Zimmers.
    »Setz dich auf, meine liebe Frau«, sagte Lord Fujiwara, und als sie es tat, sah sie, wie Rieko Mamoru durch die Tür eine Weinflasche hereinreichte. Dann entfernte sie sich mit einer Verbeugung wieder, blieb jedoch, davon war Kaede überzeugt, in Hörweite.
    Mamoru schenkte Wein ein und Fujiwara trank, während er Kaede mit gespannter Aufmerksamkeit musterte. Der junge Mann reichte ihr ebenfalls eine Schale und sie setzte sie an ihre Lippen. Der Geschmack war süß und intensiv. Sie nahm nur einen winzigen Schluck. Offenbar hatte alles sich verschworen, ihren Körper zu entflammen.
    »Ich glaube nicht, dass sie je so schön aussah«, bemerkte Fujiwara zu Mamoru. »Beachte, wie perfekt das Leid ihr Gesicht geformt hat. Der Ausdruck ihrer Augen hat an Tiefe gewonnen und ihr Mund ist der einer Frau geworden. Es wird eine Herausforderung sein, dies nachzuahmen.«
    Mamoru verneigte sich, ohne etwas zu erwidern.
    Nach einer kurzen Pause fügte Fujiwara hinzu: »Lass uns allein«, und als der junge Mann gegangen war, ergriff er den Kasten und erhob sich.
    »Komm«, sagte er zu Kaede.
    Sie folgte ihm wie eine Schlafwandlerin. Irgendein unsichtbarer Diener öffnete die Schiebetür am Ende des Zimmers und sie betraten ein anderes Gemach. Hier waren Matratzen ausgerollt, darauf lagen Decken mit Seidenbezügen und hölzerne Kopfstützen. Ein schwerer Duft hing überall im Raum. Der Wandschirm schloss sich wieder und sie waren allein.
    »Es gibt keinen Grund, sich übertrieben zu beunruhigen«, sagte Fujiwara. »Oder vielleicht habe ich dich falsch eingeschätzt und es wird eher Enttäuschung sein, was du empfindest.«
    Zum ersten Mal spürte sie das Verletzende seiner Verachtung. Er hatte sie klar durchschaut, hatte ihre Begierde wahrgenommen. Hitze überkam sie.
    »Setz dich«, sagte er.
    Sie sank zu Boden, hielt ihren Blick weiter gesenkt. Er nahm ebenfalls Platz und stellte den Kasten zwischen sie und sich.
    »Wir müssen ein wenig Zeit miteinander verbringen. Es ist eine reine Formsache.«
    Kaede schwieg, sie wusste nicht, was sie sagen sollte.
    »Sprich mit mir«, befahl er. »Erzähle mir etwas Interessantes oder Amüsantes.«
    Es erschien ihr vollkommen unmöglich. Schließlich sagte sie: »Dürfte ich Lord Fujiwara etwas

Weitere Kostenlose Bücher